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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See
Autoren: Hans Juergen Sittig
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musste er sich eingestehen,
dass es zu viel für ihn werden würde. Seine Temposteigerung hatte ihn
unerwartet stark geschwächt. Er musste abbrechen und zum Ufer zurückkehren.
    Fresemann ließ die Boje los, drehte sich mit dem Bauch nach oben und
verlegte sich wieder aufs Rückenschwimmen. Er streckte sich lang aus und ließ
seine Arme langsam kreisen wie ein Raddampfer. Wenn der eine Arm lang
ausgestreckt über seinem Kopf ins Wasser tauchte, kam der andere Arm parallel
zum Körper aus dem Wasser heraus. Als er erneut den rechten Arm nach hinten
führte und ins Wasser tauchte, streifte seine rechte Hand eine Qualle.
Fresemann zuckte zusammen. »Mistviecher«, schimpfte er. Gleich darauf wurde ihm
bewusst, dass die Qualle eine zu feste Konsistenz gehabt hatte. Aber kein
großer Fisch würde so nahe an einen Schwimmer …
    Irritiert hielt er in der Bewegung inne, um sich zu drehen. Da
spürte er, dass etwas von hinten blitzschnell über seinen Kopf und sein Gesicht
glitt und sich ruckartig um seinen Hals zusammenzog. »Was ist –«, war das
Einzige, was er noch sagen konnte.
    Fresemann röchelte, schlug mit den Armen um sich und versuchte
verzweifelt, den Draht zu fassen, der brutal in seinen Hals schnitt. Aber eine
erbarmungslose Kraft zog ihn unerbittlich in die Tiefe. Er schluckte Wasser und
bekam keine Luft mehr, strampelte sinnlos mit den Beinen und versuchte weiter,
seine Finger unter den Draht zu bekommen, um ihn von seiner Kehle wegzuziehen.
Es gelang ihm nicht. Der Draht schnürte ihm die Luft ab, dass seine Augen aus
den Höhlen traten.
    Wie in einem Traum nahm Fresemann die immer schwächer werdende
Helligkeit der Wasseroberfläche wahr. Es war das Letzte, was er in seinem Leben
sah.

EINS
    Kriminalhauptkommissar Jan Wärmland versuchte, sich so
wenig wie möglich in seiner Wohnung zu bewegen. Angesichts eines heftigen
Muskelkaters saß er wie erstarrt auf seinem Sofa und arbeitete sich lustlos
durch ein ihn wenig ansprechendes Fernsehprogramm. Wärmland war vor zwei Tagen
in einem Mayener Fitnessstudio nach langer Zeit mal wieder vielen seiner
Muskeln begegnet. Diese anscheinend nicht von beiden Seiten gleichermaßen
erwünschte Begegnung quittierten sie nun mit heftigen Schmerzen. Ungeduldig,
wie er war, hatte es Wärmland völlig übertrieben mit den Belastungssequenzen
für die einzelnen Muskelpartien. Obwohl er wusste, dass es besser war, es nach
jahrelanger Pause langsam angehen zu lassen, hatte er gleich die erste
Trainingseinheit mit zu schweren Gewichten und zu vielen Wiederholungen
begonnen. So hatte er auf dem vermeintlich kürzesten Wege Anschluss an die
alten Zeiten gewinnen wollen, in denen er noch regelmäßig trainiert hatte. Nun
wurde ihm schmerzhaft bewusst, wie unvernünftig das gewesen war.
    Zumindest war sich Wärmland nun ganz sicher, dass offenbar auch er
einen großen Teil jener sechshundertfünfzig Muskeln besaß, die ein Mensch
normalerweise vorzuweisen hatte. Denn von denen machten sich nun schließlich
schon zwei Tage lang gefühlte neunundneunzig Prozent bemerkbar. Das Internet
hatte ihm Auskunft gegeben, dass diese Symptome etliche Tage andauern konnten.
Und das ausgerechnet jetzt, vor seinem Wochenende mit Stefan. Nun, er hatte
immerhin noch eine Nacht, um sich ein bisschen zu erholen und einen etwas
schmerzfreieren Zustand zu erreichen.
    Normalerweise nahm er seinen dreizehnjährigen Sohn an den
»Papa-Sohn-Wochenenden« schon am Freitag zu sich. Aber Stefan war morgen zu
einem Geburtstag bei den Großeltern eingeladen. Dadurch verkürzte sich diesmal
ihr gemeinsames Wochenende. Es war ausgemacht, dass er den Jungen, der mit
seiner Mutter in der Koblenzer Südstadt wohnte, erst morgen um siebzehn Uhr in
der Mainzer Straße abholen sollte.
    Wärmlands Laune war also nicht die beste, als ihn das Läuten des
Telefons von seiner unergiebigen Programmsuche erlöste. Am Apparat war Sven
Trobisch, der Leiter der Koblenzer Mordkommission, mit dem Wärmland bei
Mordfällen im Geltungsbereich der Kripo Mayen zusammenarbeitete. Im Verlauf
ihres letzten gemeinsamen Falles hatte sich Wärmland mit dem zehn Jahre
jüngeren Kollegen angefreundet.
    »Na, alter Mann, hast du deinen Sohn bei dir?«
    »Noch nicht, den hole ich erst morgen Nachmittag.«
    »Dann liegst du also faul auf deinem Sofa vor der Glotze und suchst
ein Programm mit leicht bekleideten Damen.«
    »Willst du wohl leise sprechen«, schalt Wärmland ihn gespielt
entrüstet. »Das ist ein anständiges Haus, hier muss
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