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Tod am Laacher See

Tod am Laacher See

Titel: Tod am Laacher See
Autoren: Hans Juergen Sittig
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Rückspiegel nach hinten. Spontan
drehte sie sich nach ihrer Tochter um.
    ***
    Kevin Malchow war spät dran an diesem Morgen. Ein Kfz-Betrieb
und eine Firma für biophysikalische Technik in Wassenach warteten bereits auf
ihre Lieferungen. Wegen einiger Fahrzeugprobleme, die er nicht zu verantworten
hatte, war er später als geplant vom Stützpunkt in Polch losgefahren.
    Malchow gab etwas mehr Gas. Er hatte den Job als Kurierfahrer erst
seit dreieinhalb Wochen und gedachte, ihn zu behalten. Nach der Wende war er
mit seinen Eltern aus Mecklenburg-Vorpommern in den Kreis Mayen-Koblenz
gezogen, wo sein Vater bei einem entfernten Verwandten eine Stelle als
Schlosser gefunden hatte. Seine Mutter, die im Osten in einem
landwirtschaftlichen Betrieb gearbeitet hatte, konnte damals keine neue Stelle
finden. Er selbst hatte nach seinem Realschulabschluss eine Ausbildung zum
Industriekaufmann begonnen, sie jedoch bald wieder abgebrochen. Seither schlug
er sich mit verschiedenen Jobs durch. Die neue Stelle als Fahrer war durchaus
nach seinem Geschmack, da er gern fuhr und auch etwas technischen Sachverstand
besaß, um mit kleineren Kfz-Problemen zurechtzukommen. Doch gegen den Umstand,
dass heute gleich drei der großen Transporter nicht rechtzeitig aus der
Werkstatt zurückgekommen waren, war auch er machtlos gewesen. Das war der
Punkt, den er am wenigsten mochte an seinem neuen Job: Man hatte mit
permanentem Zeitdruck zu kämpfen. Zwar war ihm das vor Antritt der Stelle
bewusst gewesen, denn dafür war die Branche bekannt. Dass es aber an manchen
Tagen so arg sein würde, hatte er nicht vermutet. Nun galt es, noch etwas von
der verlorenen Zeit aufzuholen. Dabei war Malchow völlig bewusst, dass man auf
den kleinen Landstraßen kaum Zeit gewinnen konnte, selbst wenn man es mit der
Geschwindigkeitsbeschränkung nicht so genau hielt. Hier, auf der Landstraße 113
nördlich von Mendig, war das nicht anders.
    Er erreichte die Anhöhe und sah durch den Regen hindurch die große
graue Wolken reflektierende Wasserfläche des Laacher Sees vor sich liegen. Was
für ein Unterschied zu den warmen Sommertagen, an denen er mit ein paar Kumpels
zum Baden hergekommen war! Malchow schauderte bei dem Gedanken, dort jetzt ins
Wasser zu müssen. Spontan stellte er die Heizung höher und fuhr hinunter in die
Senke. Als er das Kloster Maria Laach erreichte, verminderte er sein Tempo auf
die erlaubte Geschwindigkeit. Hier kontrollierte die Polizei häufiger mit einer
mobilen Blitzanlage, und als frisch eingestellter Fahrer wollte er bei seinem
Arbeitgeber nicht durch ein unnötiges Knöllchen auffallen. Nachdem er das
Kloster passiert hatte, beschleunigte er wieder.
    Als Malchow die nächste leichte Linkskurve fast erreicht hatte, sah
er, wie der auf ihn zukommende Kleinwagen plötzlich zu schlingern begann.
Intuitiv trat sein Fuß auf die Bremse. Aber es war schon zu spät. Er konnte den
Transporter zwar auf der Straße halten, während er das Tempo verringerte, aber
der Kleinwagen wechselte die Spur. Malchow sah für einen Augenblick das
panische Gesicht der Fahrerin, die versuchte, ihren Wagen durch Gegenlenken
wieder auf ihre Fahrbahnseite zu bringen. Und tatsächlich schlingerte der Wagen
wieder zurück, aber nicht schnell genug. Der Transporter traf noch mit großer
Wucht die hintere linke Fahrzeugflanke. Der Kleinwagen wurde brutal
herumgerissen, prallte nun auch mit der linken Fahrzeugfront gegen Malchows
Transporter und wurde durch den erneuten massiven Schlag von der Fahrbahn
geschleudert. Mit der rechten Seite schlug der Wagen gegen die steile Böschung,
wurde auf die Straße zurückgeworfen, überschlug sich zweimal und krachte
schließlich heftig mit dem Dach gegen einen einzelnen Baum am
gegenüberliegenden Straßenrand.
    Malchow hatte nicht verhindern können, einem Ausweichimpuls
nachzugeben, und kam ebenfalls von der Straße ab. Sein Wagen kippte auf der
etwas abfallenden Böschung auf die rechte Seite, schlidderte über das Grün
rechts der Fahrbahn und blieb nach rund zwanzig Metern liegen.
    Irgendwann bemerkte Malchow, dass alles ruhig war. Er hörte kein
Geräusch. Da war nur ein dumpfer Schmerz in seinem rechten Arm, der stetig
stärker wurde, je mehr die Wirkung des Adrenalins in seinem Körper nachließ.
    Er hing in seinem Gurt, den Oberkörper nach rechts in Richtung
Beifahrertür gedreht. Sein Atem ging heftig, und sein Puls war hoch. Links von
ihm hing der erschlaffte Airbag. Die Frontscheibe war beim Aufprall nach
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