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Titan 7

Titan 7

Titel: Titan 7
Autoren: Heyne SF Classics
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basierte. Die geringste Abweichung von dem, was er als den richtigen Weg erachtete, hatte den sofortigen Tod eines halben Stammes zur Folge. Als er zum Beispiel einen Dieselmotor, der ohne Schwungrad funktionieren sollte, zu entwickeln versuchte und ein vorwitziger junger Neoteriker einen Teil des Materials für Bauzwecke verwendete, tötete er sofort jedes zweite Mitglied des Stammes. Natürlich hatten sie mittlerweile auch eine Schriftsprache entwickelt; es war Kidders eigene. Der Fernschreiber, der sich in jeder Abteilung unter einer Glaskuppel in der Ecke befand, hatte sozusagen das Wesen einer Kultstätte. Jede Anweisung, die über ihn von Kidder kam, mußte strikt befolgt werden; wehe, wenn nicht…
    Die Einführung dieses Unterdrückungssystems erleichterte Kidder die Arbeit erheblich. Es war nicht mehr nötig, zur Erreichung eines Ziels irgendwelche Umwege zu beschreiten. Alles, was er wollte, wurde sofort in die Tat umgesetzt. Wie unerfüllbar seine Befehle auch schienen; drei oder vier Generationen von Neoterikern fanden schon Mittel und Wege, sie auszuführen.
    Das folgende Zitat stammt aus einem Schriftstück, das eine von Kidders Hochgeschwindigkeits-Teleskopkameras auffing, als es gerade unter den jüngeren Neoterikern von Hand zu Hand ging. Es ist hier in einer Übersetzung aus der stark vereinfachten Schreibweise der Neoteriker wiedergegeben.
    »Die folgenden Gebote sind von jedem Neoteriker strikt zu befolgen, andernfalls er mit dem Tode bestraft wird. Diese Strafe wird von dem Stamm gegenüber dem Individuum verhängt, um den Stamm vor demselben zu schützen.
    Jeder Befehl, der auf der Wortmaschine erscheint, ist zu befolgen. Alle individuellen und kollektiven Anstrengungen auf die Durchführung desselben zu richten, ist oberstes Gebot. Jegliche Privatinteressen sind zurückzustellen.
    Jede falsche Verwendung von Material oder Energie oder die Benutzung derselben für andere Zwecke als die durch die Wortmaschine bestimmten wird mit dem Tode bestraft. Als Ausnahme von dieser Regel gilt das Nichterscheinen einer ausdrücklichen Anweisung auf der Wortmaschine.
    Jede Information, die das gerade zu lösende Problem betrifft, oder Gedanken oder Experimente, die ganz augenscheinlich mit der Lösung desselben in Zusammenhang stehen, gehen in das Eigentum des Stammes über.
    Jede Person, die sich den gemeinsamen Anstrengungen des Stammes enthält oder die Anlaß zu der Beschuldigung gibt, nicht ihre volle Arbeitskraft den gemeinsamen Aufgaben des Stammes zu widmen, wird mit dem Tode bestraft. Der Verdacht reicht aus.«
    Solches sind die Folgen totaler Unterdrückung. Dieses Schriftstück beeindruckte Kidder um so mehr, als es völlig spontan entstanden war. Dieses Glaubensbekenntnis war das ureigenste Werk der Neoteriker; sie hatten es sich zu ihrem eigenen Wohl geschaffen.
    Und so war Kidder schließlich an der Erfüllung all seiner Wünsche angelangt. Im oberen Raum kauernd, geduckt von Teleskop zu Teleskop wandernd, Zeitlupenaufnahmen von seinen Hochgeschwindigkeitskameras abspielend, sah er sich im Besitz einer total manipulierbaren dynamischen Informationsquelle. Was da im Innern des großen viereckigen Gebäudes mit seinen vier halbmorgengroßen Abteilungen entstanden war, war eine ganz neue Welt. Und er, Kidder, war der Gott dieser Welt.
     
    Conants Charakter war dem Kidders insofern ähnlich, als auch er an die Lösung eines Problems so heranging, daß er den direkten, geradlinigsten Weg beschritt, gleichgültig, ob dieses der Weg des geringsten Widerstandes war oder nicht. Sein Aufstieg zum Bankdirektor war eine einzige Kette rücksichtsloser Ellbogenstöße, deren einzige Rechtfertigung darin bestand, daß sie ihn dem angestrebten Ziel näherbrachten. Wie ein übervorsichtiger General traute er sich nie, beim Angriff auf den Feind allein auf die zahlenmäßige Übermacht zu bauen. Er pflegte indessen den Gegner auch von der Flanke her anzufallen, und zwar nicht nur von einer, sondern möglichst gleichzeitig von beiden. Zufällig zwischen die Fronten geratene Zuschauer spielten für ihn keine Rolle. Sie mußten halt mit dran glauben.
    Als er von einem Mann namens Grady beispielsweise ein Grundstück von tausend Morgen erwarb, gab er sich nicht mit dem Besitztitel allein zufrieden. Grady war Besitzer eines Flughafens – wie schon sein Vater hatte er den Flughafen zeit seines Lebens besessen. Conant übte jeden erdenklichen Druck auf den Mann aus, mußte jedoch feststellen, daß er ihm nicht
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