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Titan 7

Titan 7

Titel: Titan 7
Autoren: Heyne SF Classics
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konnte, beisammen. Die Art seines Herangehens war von der ihm eigenen Unbefangenheit, die sich über alle schulmäßigen Erfahrungen hinwegsetzte. Um es in einen bildhaften Vergleich zu bringen: Er tat Dinge wie Äpfel mit Birnen multiplizieren und Gleichungen aufstellen, die auf der einen Seite V-1 log und auf der anderen “° hatten. Er machte Fehler, aber von jeder Sorte nur einen einzigen, und später nur noch einen von jeder Gattung. Er verbrachte so viele Stunden über sein Mikroskop gebeugt, daß er einmal die Arbeit für zwei Tage unterbrechen mußte, um die Halluzination loszuwerden, sein Herz pumpe sein eigenes Blut durch das Mikroskop. Er machte keinerlei Experimente nach der ›Versuch-Irrtum-Methode‹, da er diese für zu schlampig erachtete.
    Und er erhielt Resultate. Anfangs war ihm einfach das Glück hold, und es war ihm noch holder, als er das Wahrscheinlichkeitsgesetz auf eine Formel brachte, welche er auf so einfache Begriffe reduzierte, daß er fast bis ins kleinste Detail wußte, welche Experimente er ausklammern konnte. Als die wolkige, schleimige, zähflüssige Masse auf dem Objektträger sich von selbst zu bewegen begann, wußte er, daß er auf der richtigen Fährte war. Als sie begann, von selbst nach Nahrung zu suchen, steigerte sich langsam seine Erregung. Als sie sich teilte und innerhalb weniger Stunden erneut teilte, als jeder Teil wuchs und sich wiederum teilte, überkam ihn ein Gefühl höchsten Triumphes. Er hatte Leben erzeugt.
    Er bemutterte seine Schöpfungen wie eine Glucke ihre Küken; er mühte sich um sie und vergoß manchen Schweißtropfen um sie. Er entwickelte Bäder mit verschiedenen Vibrationen für sie; er impfte, beträufelte und besprühte sie. Jeder Schritt, den er vollzog, lehrte ihn, wie er den nächsten zu machen hatte. Schließlich kamen aus seinen Behältern und Röhren und Brutkästen amöbenartige Wesen, danach Wimperntierchen, und in immer schnellerer Folge gelang es ihm, Lebewesen mit Augenflecken und Nervencysten zu produzieren. Und dann, eines Tages, errang er den größten aller Siege – einen echten Blastopoden, der aus mehreren Zellen statt aus einer bestand. Es dauerte schon eine Weile länger, bis er einen Gastropoden entwickelt hatte, aber als er ihn einmal hatte, fiel es ihm auch nicht mehr sehr schwer, ihm Organe zu geben, jedes mit einer spezifizierten Funktion, jedes vererbbar.
    Als nächstes in der Reihenfolge kamen hochentwickelte molluskenartige Gebilde und Wesen mit immer perfekteren Kiemen. An dem Tag, als ein schwer klassifizierbares Wesen sich auf einem abgeschrägten Brett aus einem Behälter wand, Klappen über seine Kiemen deckte und schwach nach Luft japste, verließ Kidder seinen Arbeitsplatz, ging bis ans andere Ende der Insel und ließ sich tierisch vollaufen. Kaum hatte er den Kater halbwegs überstanden, da fand er sich schon wieder in seinem Laboratorium ein, verbiß sich in sein Problem und vergaß darüber zu essen und zu schlafen.
    Er schweifte auf einen wissenschaftlichen Nebenpfad ab und erzielte seinen anderen großen Triumph – den beschleunigten Stoffwechsel. Er extrahierte und raffinierte die Reizfaktoren in Alkohol, Kokain, Heroin und in der Paradedroge, die uns Mutter Natur zum freundlichen Gebrauch überlassen hat – Cannabis indica. Wie der Wissenschaftler, der herausfand, als er die verschiedenartigen Gerinnungsstoffe des Blutes analysierte, daß Oxalsäure, und zwar nur Oxalsäure, der aktive Faktor war, so isolierte Kidder die Beschleuniger und Hemmer, die Stimulationsstoffe und Sedativa in jeder Substanz, die wohl jemals die Moral eines Menschen untergraben und / oder ein ›nobles Experiment‹ herbeigeführt hat. Bei diesen Versuchen stieß er auf etwas, das er nur zu gut gebrauchen konnte – ein farbloses Elixier, das den Schlaf zu dem degradierte, was er eigentlich sein sollte: einer unnötigen und vermeidbaren Zeitvergeudung. Von diesem Zeitpunkt an dauerte sein Arbeitstag vierundzwanzig Stunden.
    Er stellte die Substanzen, die er herausisoliert hatte, synthetisch her und schied dabei alle nutzlosen Bestandteile – und derer gab es genug – aus. Er erweiterte seine Experimente dahingehend, daß er die Wirkung von Strahlen und Vibrationen auf den Stoffwechsel erforschte. Er fand heraus, daß längerwellige Rotstrahlen, die man durch einen Behälter projizierte, in dem Luft im Überschallbereich vibrierte, und die man dann polarisierte, die Eigenschaft besaßen, den Herzschlag kleinerer Tiere um das
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