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Titan 7

Titan 7

Titel: Titan 7
Autoren: Heyne SF Classics
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sie ihm abluchsen konnte, unter Pseudonymen veröffentlicht, die nur Conant kannte. Kidder selbst kümmerte sich nicht darum.
    Das Ergebnis war natürlich ein Vordringen der erstaunlichsten technischen Errungenschaften seit dem ersten Dämmern der Zivilisation überhaupt. Die Nation profitierte davon – die Welt profitierte davon. Aber am meisten von allen profitierte die Bank. Sie begann allmählich ein bißchen zusehr aus den Nähten zu platzen. Sie steckte ihre Finger in anderer Leute Süppchen. Sie ließ sich weitere Finger wachsen und mußte dementsprechend immer neue Süppchen kochen, um sich die Finger zu wärmen. Im Verlauf von nur ein paar Jahren war sie mit Hilfe von Kidders Waffen so mächtig geworden, daß sie Kidder an Macht beinahe erreichte.
    Beinahe.
    Nun bleiben Sie mal auf Empfang, und passen Sie gut auf, wie ich diese Kerle durch den Gully quetsche, die da schon die ganze Zeit über herummosern, das mit dem Kidder sei ja wohl ein bißchen sehr dick aufgetragen; die meinen, niemand könne sich in so vielen verschiedenen Wissenschaften absolut perfektionieren.
    Na schön, Sie haben ja recht. Kidder war ein Genie – klar. Aber sein Genie war nicht schöpferisch. Im Grunde genommen war er bis ins Mark ein Lernender. Er wandte das an, was er wußte, was er sah, was ihm beigebracht wurde. Als er sich zum erstenmal in seinem neuerrichteten Labor auf der Insel an die Arbeit gemacht hatte, waren ihm folgende Überlegungen durch den Kopf gegangen:
    »Alles, was ich weiß, ist das, was ich aus den Vorlesungen und Aufzeichnungen von den Leuten gelernt habe, die die Vorlesungen und Aufzeichnungen von den Leuten studiert haben, die wiederum – und so weiter. Dann und wann stolpert jemand über etwas Neues, und er selbst oder jemand, der schlauer ist, nutzt diese Idee und verbreitet sie. Aber auf jeden, der etwas wirklich Neues entdeckt, kommen ein paar Millionen andere, die das schon vorhandene Wissen sammeln und weitergeben. Ich könnte weit mehr wissen, wenn es mir gelänge, die Entwicklungstendenzen vorauszuahnen und selbst zu bestimmen. Es dauert zu lange, auf die mehr oder weniger zufälligen Entdeckungen zu warten, die das Wissen des Menschen vergrößern – und damit mein Wissen. Wenn ich genug Ehrgeiz hätte, auszuknobeln, wie man der Zeit vorauseilen könnte, dann könnte ich an der Oberfläche der Zukunft entlanggleiten und einfach hinabtauchen, wenn ich etwas Interessantes bemerke. Aber leider ist die Zeit nicht so beschaffen. Man kann sie nicht hinter sich lassen oder ihr vorauseilen. Was für Möglichkeiten bleiben also übrig?
    Nun, da wäre zum einen die Möglichkeit, die geistige Evolution so zu beschleunigen, daß ich beobachten kann, was dabei herauskommt. Das scheint mir jedoch ein wenig uneffektiv zu sein. Es würde mehr Mühe erfordern, das Gehirn des Menschen in einem solchen Ausmaß zu disziplinieren, als mich einfach selbst in diese Richtung weiterzuentwickeln. Aber ich kann mich nicht so entwickeln. Kein Mensch kann das.
    Ich bin mit meinem Latein am Ende. Ich kann meine eigene Entwicklung nicht beschleunigen, und ich kann die Entwicklung anderer Menschen auch nicht beschleunigen. Gibt es denn keine Alternative? Es muß aber eine geben – irgendwo, irgendwie. Es muß eine Lösung geben.«
    Das war es also, dem James Kidder sich widmen wollte, und nicht der Eugenik oder der Lichtpumpe oder der Botanik oder der Atomphysik. Als ein Mann, der mehr zum Praktischen neigte, erschien ihm das Problem schon ein wenig metaphysisch. Nichtsdestoweniger stürzte er sich mit der ihm eigenen Sorgfalt und Gründlichkeit darauf und gebrauchte seine besondere Art von Logik. Tag für Tag wanderte er auf der Insel umher, warf erfolglos mit Muscheln nach den Möwen und fluchte ausgiebig. Als das nichts fruchtete, verbrachte er seine Tage damit, im Haus zu sitzen und zu grübeln. Und eines Tages schließlich machte er sich mit fieberhaftem Eifer an die Arbeit.
    Er arbeitete auf seinem eigenen Gebiet – der Biochemie – und konzentrierte sich in erster Linie auf zwei Dinge – Genetik und tierischen Stoffwechsel. Er lernte viel und ordnete in sein schier unersättliches Gehirn viele Ergebnisse ein, die nichts zu tun hatten mit dem Problem, an dem er forschte, und er erfuhr nur wenig von dem, wonach er suchte. Aber er fügte unermüdlich dieses Wenige zu dem Wenigen, das er bereits wußte oder ahnte, und mit der Zeit hatte er eine recht stattliche Anhäufung von Wissensfaktoren, auf die er aufbauen
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