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Selige Witwen

Selige Witwen

Titel: Selige Witwen
Autoren: Ingrid Noll
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Ingrid Noll
    SeligeWitwen

    Dies ist ein Schelminnenroman voll brillanter Coups und Abenteuer. Er beweist: Frauen sind nicht die bessere Hälfte der Menschheit, sie sind nur auf andere Art gemein. Die einen sterben, die anderen erben... Doch die beiden munter mordenden Freundinnen Maja und Cora schaffen nicht nur lästige Männer aus dem Weg, um ihren Traum von einer Alternativfamilie zu erfüllen. Sie emanzipieren sich auch voneinander, als der Kampf ums Lebensglück beginnt..."
    ISBN 3 25706265 6 Umschlagillustration: Georges de La Tour, >Le Tricheur a l'as de carreaus< erste Hälfte 17. Jh. (Ausschnitt)
    Foto: Giraudon, Paris Copyright © 2001 Diogenes Verlag AG Zürich
    Immer wieder höre ich, wie man abfällig über junge Erben urteilt. Die Leute haben ja keine Ahnung, wie mühsam es ist, an den Nachlaß eines reichen Mannes zu kommen. Mit kaum 20 Jahren hatte Cora einen Millionär geheiratet, und wir hatten sofort unsere gesamten Talente dafür eingesetzt, ihn so schnell wie möglich unter die Erde zu bringen. Coras Reichtum gründet auf Mut, Kreativität und der Gewißheit, in mir eine ebenbürtige und schnell entschlossene Freundin zu haben.
    »Ohne dich hätte ich es zu nichts gebracht«, hatte sie in einem ihrer seltenen Anfälle von Dankbarkeit geäußert.
    Große Worte sind aber gar nicht nötig, weil wir durch so manche gemeinsame Schandtat fest zusammengeschweißt wurden. Im stillen befürchte ich allerdings, daß unser heimliches Laster zur Sucht werden könnte.
    Letztes Jahr im Juni war es in Florenz ziemlich heiß. An einem schwülen Samstag beschlossen wir, unseren neuen Ferrari zu testen und aufs Land zu fahren. In bester Laune verließen wir Coras Florentiner Stadthaus; mit von der Partie waren unsere mütterliche Freundin und Haushälterin Emilia, ihr stotternder Freund Mario und mein kleiner Sohn Béla. Cora chauffierte uns über die Superstrada in die berühmte Region des Gallo nero, wo wir Wein und Olivenöl kaufen, gut essen und tief durchatmen wollten.
    In Castellina in Chianti bestellten wir Gnocchi mit Rucola-Soße und gebratene Perlhühner. Abends ging es in unserem Lieblingslokal stets hoch her; diesmal gab es am Nachbartisch eine lebhafte Diskussion über den plötzlichen Unfalltod eines Engländers und den Eilverkauf seines Hauses.
    Immer mehr Gäste mischten sich in die Unterhaltung ein. Ein junger Handwerker geriet derart in Coras Bann, daß er ihr prahlerisch zuflüsterte, die Schlüssel zum Podere des
    unglücklichen Engländers zu besitzen. Nachdem er unsere Neugier durch seine märchenhaften Erzählungen geweckt hatte, fuhr er uns mitten in der Nacht über steile Wege durch die mondbeschienene Einsamkeit einer verträumten Berglandschaft.
    Emilia und Mario waren mit Bela im Auto nach Florenz zurückgekehrt, während Cora und ich das leerstehende Haus besichtigen und dort übernachten wollten.
    Nach kurzer Fahrt öffnete sich ein automatisches Tor, und wir holperten über eine mit Kieselsteinen ausgelegte Auffahrt.
    »Nobel«, meinte Cora.
    Im Dunkeln betraten wir eine noch leicht sonnenwarme Terrasse und lauschten mit Entzücken dem Gesang dreier Nachtigallen, der durch einen Chor von Fröschen und Grillen begleitet wurde. Im fahlen Licht schimmerten Weinberge, die letzten Glühwürmchen schwebten um Hecken und Büsche, der süße Duft von Geißblatt und Lavendel erfüllte die Luft. Dino schlug vor, eine Runde im Pool zu schwimmen, was wir jedoch ablehnten. Der Junge wußte genau, daß wir keine Badeanzüge dabeihatten.
    »Was soll es kosten?« fragte Cora, wies mit dem Daumen auf das Haus, hörte sich die Antwort an und schnippte ihre Zigarette gedankenverloren über die Terrassenbrüstung.
    Auf deutsch sagte sie zu mir: »Das ist ja fast geschenkt für so ein Riesengrundstück. Dann hätten wir endlich einen Swimmingpool, Maja. Florenz im Hochsommer, das ist die Pest. In der Stadt war es doch wahnsinnig heiß in den letzten Tagen.«
    Der junge Italiener konnte sie zum Glück nicht verstehen.
    »Ein netter Junge«, sagte Cora. »Er erwartet sicher, daß eine von uns zum Dank mit ihm ins Bett steigt. Wenn du vielleicht die Güte hättest... «
    Dino zeigte uns zwei Gästezimmer. »Cora und ich können im Doppelbett schlafen«, schlug ich vor. »Bist du so lieb, Dino, und bringst uns morgen früh zur Bushaltestelle?«
    Inzwischen wußten wir, daß er Elektriker war. Das Doppelbett fand er aus strategischen Gründen nicht gut, aber er versuchte, die momentane Enttäuschung zu
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