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Titan 19

Titan 19

Titel: Titan 19
Autoren: Brian W. Aldiss , Wolfgang Jeschke
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bezüglich detaillierter Parameter der E-Typ-Bedingungen).
    Normalerweise blüht die Gigantiflora nur, nachdem sie die Abfallprodukte der humanoiden Spezies Gaggus gaggus wahrgenommen hat, welche den Planeten Rosy Lee bewohnt. Die Blüten benötigen zur Reife etwa fünf Monate, bedürfen aber keiner äußeren Anreize, um sich zu bilden. Im voll entwickelten Zustand ruhen sie unter einer dicken Schicht samtartiger grüner Blätter. Sobald die Anwesenheit eines Humanoiden die Blühreaktion ausgelöst hat, heben sich die Knospen über Nacht über die Blätter und öffnen sich kurz vor Morgendämmerung. Die Blüten sind sehr groß und von auffälliger Form. Untersuchte Spezimen reichten von 13 716 mm bis 18 315 mm.
    Die Bestäubung erfolgt durch Pseudokopulation wie bei vielen Pflanzengattungen, wobei die Ausnahme in diesem Fall darin besteht, daß der männliche Gaggus die Bestäubung vornimmt. Die Blumen sind exakte Abbilder der eingeborenen Frauen, und ihre ganze Struktur, die aus Blüten und Kelchblättern besteht, ist in fast jedem äußeren Detail komplett. Eine der wenigen sichtbaren Unterschiede besteht in dem fadenähnlichen, aber robusten Stiel, der im Kreuz der Pflanze angebracht ist. Das Blütenblatt, das der Lippe bei anderen Orchidacae entspricht, ist vorzugsweise von roter oder blauer Farbe, obwohl auch andere auf diesen Farben basierende Schattierungen feststellbar sind. Im Aussehen einem kurzen Kleid ähnlich, ist es mit dem Blütenkelch verbunden und läßt sich ohne bemerkbaren Schaden entfernen, verdorrt dann allerdings schnell.
    Die Blüten haben einen sehr kräftigen Geruch. Ihre chemische Struktur ist noch nicht genau untersucht, es ist jedoch bekannt, daß von dem Geruch deutliche halluzinatorische und aphrodisiakische Eigenschaften ausgehen, und man nimmt an, daß sie ursprünglich dazu dienten, den Gaggus daran zu hindern, die wahre Natur des Mädchens zu entdecken, dem er sich scheinbar gegenübersieht. Unter dem Einfluß des Geruches empfindet beispielsweise das Männchen die Augenflecken der Pflanze als lebensecht und beweglich, während sie in Wirklichkeit der am wenigsten erfolgreiche Teil der Imitation sind.
    Gigantiflora ist zu einer ziemlich komplizierten Folge mechanischer Bewegungen und Reaktionen fähig und wird, wenn sie von einem geeigneten Stimulus angeregt wird, Bewegungen vollführen, die denen einer primitiven Kokotte entsprechen. Die eingeborenen Männchen der Spezies Gaggus sind häufig gegenüber den Freuden, die diese Blumen bieten, so süchtig, daß sie ihre eigenen Frauen vernachlässigen. Die weibliche Gaggus ihrerseits zerstört diese Pflanzen, wo immer sie sie findet. Die Theorie erscheint durchaus haltbar, daß die Population von Rosy Lee infolge dieser Vergeudung männlichen Samens auf Gigantiflora auf einem niedrigen Niveau gehalten wird.
    Der Pollen entwickelt sich vor dem Gynäzeum und bildet in der ›Schamgegend‹ der Pflanze ein dickes Pulver. Während der Pseudokopulation bleibt dieser Blütenstaub am Mann haften und wird, wenn er sich das nächstemal mit einer Gigantiflora vergnügt, auf die Gegend übertragen, die den ›Nabel‹ der neuen Blume umgibt – der in Wirklichkeit der Stempel dieser Pflanze ist. Auf diese Weise wird die Bestäubung vollendet. Unmittelbar nach diesem Vorgang kann die Blume weitere Annäherungsversuche desselben Mannes vereiteln, indem sie starr und unzugänglich wird, so daß eine Selbstbestäubung vermieden wird.
    Die Samen der Pflanze sind staubähnlich und fliegen viele Meilen weit, selbst über Ozeane. Auf einigen der vielen unbewohnten Inseln des Planeten kann man ganze Kolonien der Pflanzen finden; da der Gaggus nicht zu Reisen neigt, wofür es auch wenig Anreiz gibt, erreichen diese Kolonien vermutlich nie das Blütestadium. Als Mitglieder der gegenwärtigen Expedition auf einer solchen Insel landeten, tauchten die Blumen am zweiten Tag in großer Zahl auf, wobei eine Wirkung entstand, die an ein überfülltes Bordell erinnerte. Da das Forschungsteam ausschließlich weiblichen Geschlechts war, konnte man die Wirkung auf einen Mann nicht erproben, aber der Anblick, der Geruch und die halluzinatorischen Dünste waren derart überzeugend, daß die Wirkung selbst für einen zivilisierten Mann überwältigend sein dürfte.
    Ich muß gestehen (fuhr der Bericht fort und wirkte plötzlich sehr persönlich), daß mich die Blüten zwar als Botanikerin faszinierten, wohingegen ich sie als Frau abstoßend, ja ekelhaft fand. Selbst als
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