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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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Hälfte erschien mir wie ein Glas Burgunder in dieser schrecklichen Nacht, es war eine große, gerade aufgeblühte Rose.
    »Danke«, sagte ich und schob den Behälter in meine Jacke.
    »Sie fahren jetzt nach Tirellian zurück?«
    »Ja.«
    »Ich sah Sie an Bord kommen. Also hatte ich die Rose fertig gemacht. Ich hatte Sie gerade in der Kapitänskabine verpaßt. Emory war beschäftigt, aber er schrie, ich könnte Sie noch beim Wagenschuppen erwischen.«
    »Nochmals vielen Dank.«
    »Ich hab’ sie chemisch behandelt. Sie bleibt ein paar Wochen in Blüte.«
    Ich nickte. Und dann fuhr ich weg.
    In die Berge hinauf. Weit. Weit. Der Himmel war ein Eimer Eis, in dem keine Monde schwebten. Es wurde immer steiler, und der kleine Diesel protestierte. Ich peitschte ihn mit dem Gashebel und fuhr weiter. Hinauf. Hinauf. Ich entdeckte einen grünen Stern und spürte einen Kloß in der Kehle. Die Rose in ihrem Behälter schlug wie ein zweites Herz gegen meine Brust. Der Esel stöhnte und begann zu husten. Ich peitschte ihn aufs neue, und er starb.
    Ich zog die Notbremse und stieg aus. Dann begann ich zu Fuß weiterzugehen.
    So kalt wird es hier. Hier oben. In der Nacht. Warum? Warum hat sie es getan? Warum vom Lagerfeuer fliehen, wenn die Nacht hereinbricht?
    Und ich war hier oben, durchforschte jede Spalte, jede Schlucht, jeden Paß mit meinen langbeinigen Schritten und einer Leichtigkeit der Bewegungen, wie ich sie auf der Erde nie gekannt hatte.
    Kaum zwei Tage bleiben noch, Geliebte, und du hast mich verlassen.
    Warum?
    Ich kroch unter Überhänge. Ich sprang über Spalten. Ich schürfte mir die Knie auf, den Ellbogen. Ich hörte, wie meine Jacke riß.
    Keine Antwort. Malann? Haßt du dein Volk wirklich so sehr? Dann werde ich jemand anderen versuchen, Vishnu, du bist der Bewahrer. Bewahre sie, bitte! Laß mich sie finden.
    Jehova?
    Adonis?
    Osiris?
    Thammuz?
    Manitou?
    Wo ist sie?
    Ich zog weiter, kletterte hoch, glitt aus.
    Steine rutschten unter meinen Füßen weg, und ich hing an einem Felssims. Meine Finger erstarrten. Es war schwer, den Felsen nicht loszulassen.
    Ich blickte hinunter.
    Vier Meter vielleicht. Ich ließ los, fiel, landete.
    Und dann hörte ich sie schreien.
    Ich lag da, bewegte mich nicht, blickte auf. Gegen die Nacht hörte ich sie rufen.
    »Gallinger!«
    Ich lag still.
    »Gallinger!«
    Und dann war sie verschwunden.
    Ich hörte Steine poltern und wußte, daß sie irgendwo zu meiner Rechten herunterkam.
    Ich sprang auf, duckte mich in den Schatten eines Felsblocks.
    Dann kam sie, arbeitete sich unsicher durch die Steine.
    »Gallinger?«
    Ich trat vor, packte sie bei den Schultern. »Braxa!«
    Wieder schrie sie, und dann begann sie zu weinen, drückte sich an mich. Es war das erste Mal, daß ich sie weinen hörte.
    »Warum?« fragte ich. »Warum?«
    Aber sie klammerte sich nur an mich und schluchzte.
    Schließlich sagte sie: »Ich dachte, du hättest dich getötet.«
    »Vielleicht hätte ich das getan«, sagte ich. »Warum hast du Tirellian verlassen? Und mich?«
    »Hat M’Cwyie es dir nicht gesagt? Hast du es nicht erraten?«
    »Nein, ich habe es nicht erraten, und M’Cwyie sagte, sie wüßte es nicht.«
    »Dann hat sie gelogen. Sie weiß es.«
    »Was? Was weiß sie denn?«
    Sie zitterte am ganzen Leib, und dann schwieg sie lange. Plötzlich erkannte ich, daß sie trotz der Kälte nur ihr spärliches Tanzkostüm trug. Ich schob sie von mir, zog die Jacke aus und legte sie ihr um die Schultern.
    »Großer Malann!« rief ich. »Du wirst erfrieren!«
    »Nein«, sagte sie. »Ich werde nicht erfrieren.«
    Ich holte den Behälter mit der Rose aus der Jacke, schob ihn in die Tasche.
    »Was ist das?« fragte sie.
    »Eine Rose«, antwortete ich. »In der Dunkelheit siehst du nicht be
    sonders viel. Ich habe dich einmal mit einer Rose verglichen. Erinnerst du dich?«
    »Ja. Darf ich sie tragen?«
    »Sicher.« Ich schob sie wieder in die Jackentasche.
    »Nun? Ich warte immer noch auf eine Erklärung.«
    »Du weißt es wirklich nicht?« fragte sie.
    »Nein!«
    »Als die Regen kamen«, sagte sie, »wurden anscheinend nur unsere Männer betroffen, und das war genug… Die Frauen nicht, weil ich anscheinend nicht… betroffen wurde…«
    »Oh«, sagte ich. »Oh!«
    Wir standen da, und ich dachte nach. »Nun, warum bist du dann weggerannt? Was ist denn so schlimm daran, schwanger zu sein? Tamur hat sich geirrt. Dein Freund kann wieder leben.«
    Sie lachte, wieder diese wilde Violine, die von einem verrücktgewordenen
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