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Titan 15

Titan 15

Titel: Titan 15
Autoren: Robert Silverberg , Wolfgang Jeschke
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hätten ein Mädchen dort unten.«
    Da war kein Fragezeichen. Das war eine Feststellung, die in der Luft hing. Die auf Bestätigung wartete.
    Betty, du Miststück! Du bist eine Kuh und ein Miststück! Und obendrein eifersüchtig! Warum hast du deine Nase nicht dort gelassen, wo sie hingehört, die Augen zugemacht? Und den Mund?
    »So?« sagte ich gedehnt. Das war eine Feststellung mit einem Fragezeichen.
    »So«, antwortete er, »es ist meine Pflicht, als Leiter dieser Expedition dafür zu sorgen, daß die Beziehungen zu den Eingeborenen in freundlicher und diplomatischer Weise ablaufen.«
    »Sie sprechen von ihnen«, sagte ich, »als wären es Primitive. Aber die Wahrheit ist weit davon entfernt.« Ich stand auf. »Wenn meine Berichte veröffentlicht werden, wird jedermann auf der Erde diese Wahrheit kennen. Ich werde ihnen Dinge sagen, die Dr. Moore nie auch nur geahnt hat. Ich werde die Tragödie einer dem Untergang geweihten Rasse schildern, die, resigniert und ohne Interesse, auf den Tod wartet. Ich werde die Gründe darlegen, und das wird selbst die harten Herzen der Wissenschaftler berühren. Ich werde darüber schreiben, und man wird mir noch mehr Preise verleihen wollen, und diesmal werde ich sie ablehnen.
    Mein Gott!« rief ich aus. »Die hatten hier schon eine Kultur, als unsere Urahnen noch Säbelzahntiger erschlugen und gerade dabei waren herauszufinden, wie das Feuer funktioniert!«
    »Haben Sie jetzt ein Mädchen dort unten?«
    »Ja!« sagte ich. Er war Claudius, war Vater, Emory, alles! »Ja. Aber ich verrate Ihnen jetzt eine wissenschaftliche Sensation. Sie sind bereits tot. Sie sind steril. Es wird keine nächste Generation Marsianer mehr geben.«
    Ich hielt inne und fügte dann hinzu: »Bloß in meinen Schriften werden sie weiterleben, bloß auf ein paar Streifen Mikrofilm und auf Band. Und in ein paar Gedichten, die von einem Mädchen handeln, dem ihr Schicksal gleichgültig war und die sich mit ihrem Tanz gegen die Ungerechtigkeit von all dem auflehnte.«
    »Oh«, sagte er.
    Und nach einer Weile: »Sie haben sich in diesen letzten zwei Monaten wirklich anders verhalten. Sie waren manchmal richtig höflich, wissen Sie. Ich habe mir schon den Kopf darüber zerbrochen, was da vorging. Ich hatte nicht gewußt, daß irgend etwas für Sie so wichtig sein könnte.«
    Ich senkte den Kopf.
    »Ist sie der Grund, daß Sie wie besessen in der Wüste herumrasen?«
    Ich nickte.
    »Und warum?«
    Ich blickte auf.
    »Weil sie dort draußen ist, irgendwo dort draußen. Ich weiß nicht,
    wo, und ich weiß nicht, weshalb. Und ich muß sie finden, ehe wir abfliegen.«
    »Oh«, sagte er wieder.
    Dann lehnte er sich zurück, öffnete eine Schublade und nahm etwas heraus, das in ein Handtuch gehüllt war. Er packte es aus und legte ein gerahmtes Foto einer Frau auf den Tisch.
    »Meine Frau«, sagte er.
    Es war ein attraktives Gesicht mit großen Mandelaugen.
    »Wissen Sie, ich bin in der Marine groß geworden«, begann er. »Als junger Offizier habe ich sie in Japan kennengelernt.
    Wo ich herkomme, hielt man es nicht für richtig, jemand aus einer anderen Rasse zu heiraten, also haben wir es nie getan. Aber sie war meine Frau. Als sie starb, war ich auf der anderen Seite der Welt. Sie nahmen mir meine Kinder weg, und ich habe sie seitdem nie mehr gesehen. Ich habe nie erfahren, in welches Waisenhaus, in welches Heim man sie gesteckt hat. Das liegt lange zurück. Nur wenige Leute wissen davon.«
    »Das tut mir leid«, sagte ich.
    »Das soll es nicht. Vergessen Sie es. Aber…« – er drehte sich herum und sah mich an, »wenn Sie sie mit nach Hause nehmen wollen, tun Sie es. Das kostet mich meinen Kopf, aber ich bin zu alt, um noch einmal eine Expedition wie diese zu leiten. Also, tun Sie es.«
    Er kippte seinen kalten Kaffee hinunter. »Nehmen Sie sich Ihren Jeepster.«
    Er drehte den Stuhl herum.
    Ich versuchte zweimal ›danke‹ zu sagen, aber ich konnte es nicht. Also stand ich wortlos auf und ging hinaus.
    »Sayonara und all das«, murmelte er hinter mir.
    »Da ist sie, Gallinger!« hörte ich jemanden rufen.
    Ich drehte mich um und blickte die Rampe hinauf.
    »Caine!«
    Seine Silhouette zeichnete sich undeutlich vor dem Licht ab, aber ich hatte ihn schnüffeln hören.
    Ich ging die paar Schritte zurück.
    »Was ist denn los?«
    »Ihre Rose.«
    Er hielt mir einen Plastikbehälter hin, der innen unterteilt war. Die untere Hälfte war mit Flüssigkeit gefüllt. Der Stiel reichte in die Flüssigkeit hinein. Die andere
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