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Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft

Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft

Titel: Tinker-Kate und die geheime Bruderschaft
Autoren: Steve Hogan
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großzügiges Trinkgeld und ließ seinen Schrankkoffer vom Servicepersonal zum Luftschiff transportieren. Die Augen seiner Frau leuchteten, ihre Angst hatte sie offenbar unterwegs vergessen.
    „Es war herrlich, Miss! Die Fahrt ging viel zu schnell vorbei. Von den Bullaugen der Luftschiffe aus kann man doch nur die Wolken sehen, das ist langweilig. Aber Ihr Dampfkutter hat mir gut gefallen. Ich schäme mich ein wenig, weil ich so schüchtern war.“
    Kate lächelte der Passagierin zu. Sie selbst wäre auch gerne einmal mit einem Interkontinentalflug nach Afrika, Amerika oder China gereist. Aber davon konnte sie nur träumen. Momentan lebte sie buchstäblich von der Hand in den Mund.
    Doch es war, als ob das eilige russische Ehepaar Kate an diesem Tag Glück gebracht hätte. Sie und ihr Heizer O’Leary hatten kaum eine halbe Stunde gewartet, als sie auch schon eine Fuhre zurück in die Londoner City bekamen.
    „Solche Tage lasse ich mir gefallen, Chefin“, meinte O’Leary grinsend und spuckte in hohem Bogen braunen Tabaksaft über Bord. Für ihn hieß das erfreulicherweise, dass er pünktlich seinen Lohn bekam. Schon oft hatte Kate ihn tagelang vertrösten müssen, weil die Kohlerechnung wichtiger gewesen war. Wenn der Kessel nicht befeuert werden konnte, musste der Dampfkutter nämlich am Boden bleiben und konnte gar kein Geld verdienen.
    Doch in den nächsten Stunden lief es wie geschmiert. Kate und O’Leary kamen kaum dazu, ein Roastbeef-Sandwich zu verdrücken und es mit heißem Tee herunter zu spülen. Nahtlos hintereinander konnten sie mehrere Fahrten ergattern, eine davon sogar weit über die Londoner Stadtgrenze hinaus in die Grafschaft Lincolnshire. Es war schon dunkel, als sie in die Hauptstadt zurückkehrten. Kate zündete die Petroleum-Positionslaternen an.
    „Wir fliegen noch einmal zum Hotel Landmark“, rief Kate ihrem Heizer zu. „Wenn wir dort noch einen Passagier auflesen, dann soll das unsere letzte Tour für heute gewesen sein.“
    „Was immer Sie sagen, Chefin.“
    Kate schmunzelte und zog den Steuerhebel zu sich. O’Leary war ein knorriger alter Kauz, der nicht viel redete. Aber sie konnte sich auf ihn verlassen. Der Heizer hatte schon für Kates Vater gearbeitet, von dem sie ihren Dampfkutter geerbt hatte. Kate verstand sich gut mit O’Leary, auch wenn er nicht viele Worte machte.
    Erneut landete sie vor dem Nobelhotel in der Marylebone Road. Hotchkiss, der Türwächter der Nachtschicht, warf ihr einen blasierten Blick zu. Kate beachtete ihn gar nicht. Sie durchquerte erneut die Halle. Ihr fiel auf, dass der gutaussehende dunkelhaarige Gentleman immer noch auf seinem Platz saß. Oder war er schon wieder dort? Er lächelte Kate zu. Glaubte dieser Kerl etwa, sie ganz einfach verführen zu können? Gehörte er zu jenen Herren der Oberschicht, die sich aufgrund von Geld und Macht für unwiderstehlich hielten? Kate hatte eigentlich geglaubt, dass er nett sei. Aber das war wohl ein Irrtum gewesen. Sie warf dem Wartenden nur einen hochnäsigen Seitenblick zu und ging direkt zur Rezeption. Von dort aus gab der Nachtportier unauffällige Handzeichen.
    „Miss Fenton, Sie kommen wie gerufen! Ich habe da nämlich eine etwas heikle Fuhre für Sie.“
    Kate grinste frech.
    „Spezialaufgaben übernehme ich besonders gern. Worum geht es denn?“
    „Ein Hotelgast wünscht in den Reformclub gefahren zu werden. Ich fürchte nur, er ist nicht mehr ganz Herr seiner Sinne.“
    „Sie meinen, er ist blau wie ein Veilchen?“
    Der Nachtportier zog unwillig seine buschigen Augenbrauen zusammen. Aber er wusste ja, dass diese Katherine Fenton kein Blatt vor den Mund nahm. Doch in dieser Situation war er auf sie angewiesen.
    „Ja, der Gast fühlt sich nicht ganz wohl. Ich wäre Ihnen deshalb sehr verbunden, wenn Sie ihn über die Hintertreppe in Ihren Dampfkutter schaffen und zum Reformclub fahren könnten.“
    „Kein Problem. Geben Sie mir nur einen Ihrer Pagen aufs Zimmer mit. Es ist schwer, ganz allein einen Betrunkenen zu schleppen.“
    „Selbstverständlich.“
    Der Nachtportier gab einem jungen Burschen in einer Piccolo-Uniform ein Zeichen. Kate eilte inzwischen hinaus und parkte ihren Dampfkutter um. Die Hintertreppe führte logischerweise zum Hinterausgang. Dort konnte man einen beschwipsten Gast in den Drehflügler verladen, ohne einen Skandal zu verursachen. Bei ihrem Weg durch die Hotelhalle bemerkte Kate, dass der dunkelhaarige Gentleman nun fort war. Aber sie verschwendete keinen weiteren
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