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Sepp und seine Bande

Sepp und seine Bande

Titel: Sepp und seine Bande
Autoren: Helmut Hoefling
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Mit einem Teppich mäht man Wölfe
     
    „Also das ist der neue Hausmeister...!“
    Frau Fischer blieb stehen und schaute einem Mann nach, der zwei Möbelpackern half, den breiten Eßzimmertisch durch die Haustür zu tragen, ohne dabei anzustoßen. Sie schätzte den Hausmeister auf Anfang vierzig. Ihre Worte hatte sie halb zu sich selbst gesprochen — halb an das ältliche Fräulein Schulte gerichtet, die bereits seit einigen Minuten dort stand, als habe sie Posten bezogen.
    Fräulein Schulte warf nur einen kurzen Seitenblick auf Frau Fischer, nickte stumm und widmete dann wieder ihre ganze Aufmerksamkeit den Gegenständen im Möbelwagen. Nichts entging ihr — wie einem Zollbeamten, der eine Warenladung überprüft.
    „Viel hat er ja nicht drin im Möbelwagen“, stellte Fräulein Schulte abfällig fest.
    „Aber ganz ordentliche Möbel — für einen Hausmeister“, meinte Frau Fischer wohlwollend.
    „Wenn ich noch an die Brauers denke, wie die neulich ausgezogen sind! Mit Ach und Krach haben die Packer den ganzen Kram in den Möbelwagen gekriegt. So viel Zeug hatten die Brauers dabei.“
    „Sie hatten auch eine der größten Wohnungen hier. Die Hausmeisterwohnung dagegen ist viel bescheidener.“
    Um die dünnen, fast blutleeren Lippen der älteren Dame zuckte es, und dann seufzte sie:
    „Ein Jammer, daß der alte Hansen in den Ruhestand getreten ist! Das war noch ein Hausmeister! Bei dem war immer alles tadellos in Ordnung. So einen kriegen wir nie wieder.“
    „Das kann man nicht sagen, Fräulein Schulte. Auf mich macht der neue einen guten Eindruck. Sehen Sie sich nur mal sein Gesicht an. Seine Frau dort hinten im Hausflur sieht genauso freundlich aus wie er. Sie ist bestimmt peinlich sauber, so was sehe ich auf den ersten Blick.“
    Zweifelnd zuckte Fräulein Schulte die Achseln.
    „Na, ich weiß nicht... Zwei Kinder haben sie auch noch! Als ob wir hier nicht schon genug Geschrei mit anhören müßten — den lieben, langen Tag! Übrigens, wissen Sie, wie er heißt?“ wollte Fräulein Schulte dann wissen.
    „Wer?“
    „Unser neuer Hausmeister.“
    „Dallmayer, hab’ ich mir sagen lassen, Dallmayer mit a und y.“
    „Dallmayer klingt gar nicht rheinisch.“
    „Er soll aus München kommen.“
    Das ältliche Fräulein machte eine Miene, als habe sie einen Löffel Senf verschluckt.
    „Ein Bayer also — auch das noch!“ stieß sie hervor und schnappte nach Luft. „Als ob es nicht genügend Hausmeister in Köln gäbe! Sagen Sie ehrlich: Haben wir das nötig, uns als Kölner von einem Münchener Hausmeister schikanieren zu lassen?“
    „Wer spricht denn gleich von Schikane, Fräulein Schulte? Bis jetzt hat der Mann doch noch gar nichts getan.“
    „Aber er wird etwas tun — da können Sie Gift drauf nehmen! Nicht umsonst sind die Bayern als saugrob verschrien. Entschuldigen Sie bitte den Ausdruck, aber saugrob ist die einzig richtige Bezeichnung. Haben Sie das neulich in der Zeitung gelesen, was da wieder in Garmisch-Partenkirchen vorgekommen ist? Oder nein, war es Starnberg oder Mittenwald...? Manchmal werfe ich die Namen alle durcheinander. Aber ganz gleich — also jedenfalls, da stand doch neulich in der Zeitung, daß da einige Bayern mit vollen Bierkrügen auf Sommergäste eingeschlagen haben, nur weil es sogenannte ,Preißen‘ waren. Das heißt, vorher sollen die Sommergäste ja auch etwas gesagt haben. Lauter junge Burschen aus dem Ruhrgebiet, aber die haben das bestimmt nicht so gemeint. Mit vollen Bierkrügen — stellen Sie sich das mal vor! Den einen haben sie ins Krankenhaus einliefern müssen, mit einem Loch im Schädel! Finden Sie das nicht auch unglaublich? Übrigens, jetzt erinnere ich mich genau daran, wie es zu der Rauferei gekommen ist. Es war in Seeshaupt, jetzt weiß ich’s genau, und in der Zeitung stand...“
    Und nun erzählte das ältliche Fräulein Schulte ihrer Nachbarin noch einmal dasselbe von vorn, nur ausführlicher.
    Frau Fischer war froh, als gerade in diesem Augenblick der Milchmann mit seinem blauen Wagen vorfuhr und sie einen triftigen Grund hatte, Fräulein Schultes Redeschwall zu unterbrechen, um aus ihrer Wohnung die leeren Milchflaschen zu holen.
     
    Die beiden Frauen waren nicht die einzigen, die dem Einzug des neuen Hausmeisters aus nächster Nähe zugeschaut hatten. Auf der Straße hinter dem Möbelwagen lauerten die Wölfe.
    Nun — wortwörtlich ist das nicht zu nehmen. Die Wölfe waren eine Bande von Jungen, wobei die Bezeichnung „Bande“ auf
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