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Tims gefährlichster Gegner

Tims gefährlichster Gegner

Titel: Tims gefährlichster Gegner
Autoren: Stefan Wolf
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’nen
Durchgang wie ein verschluckter Pflaumenkern. Stell dir vor, Klößchen, du
hättest eine Praline mit ’ner Goldmünze verschluckt. Würdest du dich deshalb
operieren lassen?«
    »Kann mir nicht passieren.
Pralinen beiße ich in ganz kleine Stücke.«
    Oskar grunzte und drehte sich
auf die andere Seite.
    Später würde Tim rückblickend
feststellen, wie harmlos das Schicksal seine gefährlichsten Machenschaften
einleitet. Denn dieser eher lustige Vorfall mit Oskar führte hin auf ein
lebensbedrohliches Ereignis.
     
    *
     
    Am Dienstag ließ Tim das
Abendessen ausfallen, trainierte stattdessen etwas länger in der
Internatsturnhalle am schweren Sandsack, den er tanzen ließ wie ein
Weltmeister, und büffelte anschließend Latein, denn morgen stand eine
Klassenarbeit auf dem Programm.
    Klößchen tappte träge ins
Adlernest und ließ sich aufs Bett fallen. »Du hast was verpasst«, griente er.
»Es gab Fleischklopse mit Kapernsoße, Kartoffelbrei und leckerem Gemüse. In
keinem der Fleischklopse war ein Ohrring versteckt.«

    »Du hättest ihn trotzdem
verschluckt. Und dann hätten wir mit dir das gleiche Problem wie mit Oskar.«
    Tims Handy gab Laut. Es war
Gaby.
    »Ich habe ihn«, erklärte sie,
doch ihr Jubel klang gedämpft. »Leider ist er etwas kaputt. Der Ohrring, meine
ich. Oskar hat wohl beim Schnappen zugebissen. Der Stift ist abgebrochen. Den
habe ich nicht gefunden. Aber ich wollte die Suche auch nicht übertreiben.«
    »Kein Problem, Pfote. Jeder
Goldschmied bringt dir einen neuen Stift an.«
    »Das denke ich ja auch. Und die
Welt wird’s nicht kosten. Ich weiß auch schon, wen ich das machen lasse.«
    »Darf ich raten?«, grinste Tim.
»Carlo Biju.«
    »Schlauberger.«
    »Das war leicht. Der Oldie wird
sich besondere Mühe geben. Und vielleicht macht er’s umsonst.«
    »Das bezwecke ich aber nicht.
Wäre mir sogar peinlich. Die Reparatur lasse ich ihn nur machen, wenn er auch
’ne Rechnung stellt.«
    »Die werde ich dann
begleichen.«
    »Auf keinen Fall!«
    »Unbedingt. Die Ohrringe sind
mein Geschenk. Ich komme auch auf für die Wartung.«
    »Darüber reden wir noch. Eben
habe ich ihn zum dritten Mal in heißer Seifenlauge geschrubbt. Morgen
Nachmittag gehe ich dann zu Carlo Biju.«
    »Ich begleite dich natürlich.
Anschließend bitte ich darum, dass du mich begleitest. Und zwar in den Secondhandshop
von Frau Reitz. Ich brauche deine Beratung. Ich muss mir einen Blazer kaufen.
Fast neu soll er sein und schnieke. Aber so einen Dandykaftan trage ich ja nur
selten. Zu ’ner Beerdigung beispielsweise, zu ’nem Musical oder bei ’ner
Opernpremiere. Deshalb schmeiße ich dafür kein Geld raus. Leider passt der alte
nicht mehr. Er spannt im Rücken und zwickt unter den Armen.«
    »Außerdem hat er Aufschläge wie
aus dem Mittelalter.«
    »Hm. Ich werde ihn entsorgen.
Du kommst also mit?«
    »Ist doch selbstverständlich.
Bei Frau Reitz kannst du aus dem Vollen schöpfen. Sie hat den größten und
schicksten Secondhandshop der Stadt. Leider nur für Männer... äh... Herren.«
    »Ist nicht immer dasselbe.«
    »Du sagst es, Häuptling. Also,
gute Nacht! Bussi! Und träume was Schönes.«
    »Dann muss ich wieder von dir
träumen. Bussi, Pfote.«
    Er hörte, wie sie lachte. Dann
war die Verbindung unterbrochen.
    Klößchen hatte eine Schokotafel
aus dem Papier geschält und biss ein großes Stück ab. »Carlo Biju ist doch
dieser tolle Goldschmied in der Prinzgemahl-Straße. Richtig? Warum repariert
der für Gaby umsonst?«
    »Erinnerst du dich nicht? An
uns ist das zwar vorbeigerauscht, aber es stand in der Zeitung. Vor einem
knappen Jahr wurde in Bijus Privatwohnung eingebrochen. Die Täter haben den
Safe aus der Wand gehebelt und mitgenommen. Zum Aufknacken sind sie nicht mehr
gekommen. Denn Kommissar Glockner hat sie sehr schnell erwischt. Dafür ist Biju
ihm bis in alle Ewigkeit dankbar. Der Safe enthielt nämlich unwiederbringlichen
Familienschmuck wertvollster Art. Die Bijus waren immer Goldschmiede. Seit fünf
Generationen.«
    »Toll. Bei uns verhält sich das
anders. Mein Großvater hat zwar unsere Schokoladenfabrik gegründet, aber mein
Urgroßvater war Bergwerksdirektor. Er liebte Kohle. Braunkohle. Schokolade hat
er nie angerührt.«
    Tim erwiderte nichts, sondern
blätterte eine Seite weiter in der lateinischen Grammatik.
    »Du brauchst also einen neuen
Blazer«, lenkte Klößchen ihn ab.
    »Du hast es gehört.«
    »Wozu?«
    »Ende Mai kommt meine Mutter
übers Wochenende, zusammen mit
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