Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tims gefährlichster Gegner

Tims gefährlichster Gegner

Titel: Tims gefährlichster Gegner
Autoren: Stefan Wolf
Vom Netzwerk:
Gefälscht gegen Echt, mussten genau abrechnen und
erhielten ihre Provision. Im Prinzip funktionierte die Geldwäsche so, dass mit
einem gefälschten Hunderter eine Ware im Wert von höchstens fünf Euro gekauft
wurde. Die 95 Euro Wechselgeld waren also okay. Der Kleinganove durfte 20 Euro
behalten. 75 flossen zurück an die Bosse.
    Am 1. April des vorigen Jahres
kam Henning aus Kaunas nach Deutschland zurück. Er fuhr ein schweres
Touring-Automobil. In einem Versteck unter den Rücksitzen befand sich ein
Stahlkoffer. Ein Zahlenschloss sicherte den Inhalt, neun Millionen Euro in
Blüten. Henning hatte die TKKG-Stadt fast erreicht, als es zu dem Unfall kam.
Durch sein, Hennings, Verschulden. Verbotswidrig nahm er einem Kleinbus,
besetzt mit einer fünfköpfigen Familie, die Vorfahrt. Er rammte den Wagen, der
daraufhin von der Fahrbahn abkam und in den Chausseegraben kippte. Vater und
Mutter wurden zum Glück nur leicht verletzt, die drei Kinder im Alter von
sieben, neun und zwölf kamen mit dem Schrecken davon.
    Statt sich zu kümmern, statt
Erste Hilfe zu leisten, trat Henning aufs Gas. Sein Touring war noch fahrfähig
trotz erheblichen Blechschadens. Henning türmte. Er konnte nicht riskieren,
dass die Polizei sein Fahrzeug in näheren Augenschein nahm. Also Fahrerflucht.
    »Was sollte ich denn machen?«,
sagte er jetzt und hob die Schultern. »Ich musste davon ausgehen, dass jemand
mein Kennzeichen gelesen hatte. Und so war’s dann ja auch. Zwei Stunden später,
kaum dass ich hier war, standen die Bullen auf der Matte. Aber die Zeit hatte
mir gereicht. Der Koffer mit den Blüten war in Sicherheit.«
    Die beiden Eisgesichter
nickten.
    »Ich wurde festgenommen«, fuhr
Henning fort. »Wegen meiner Vorstrafen bestand Fluchtgefahr, meinte der
Untersuchungsrichter. Also Untersuchungshaft. Sofortiger Freiheitsentzug.
Immerhin, ich durfte telefonieren und habe dich auf deinem Handy angerufen,
Jurij.«
    Henning hatte verschlüsselt
geredet, hatte gesagt, von wo aus er anrufe, dass er Unfallflucht begangen
hätte und vorläufig nicht mit ihm zu rechnen wäre, aber ansonsten alles in
Ordnung sei. Letzteres hatte er dreimal gesagt, womit für Jurij klar war, dass
er die Blüten beiseite gebracht hatte.
    »Dann haben wir natürlich
erfahren«, meinte Jurij, »dass du für ein Jahr eingebuchtet wirst. Und wir
sagten uns: keinen Kontakt zu Henning, keinen Kassiber ( heimliche Post ins
Gefängnis) ! Könnte abgefangen werden. Und was dann? Dann wäre der Haufen am
Dampfen. Nein, haben wir uns gesagt. Wir können warten. Und Anfang Mai nächsten
Jahres ist ja unser lieber Henning wieder da.«
    »Jetzt bist du da«, stellte
Algirdas fest.
    »Wo sind die Blüten?«, fragte
Jurij.
    Henning atmete tief. Wieder
jagte sein Puls. »Im Moment... äh... weiß ich das nicht.«
    Sie sahen ihn an, als hätte er
den Verstand verloren.
    »Was war das eben?«, fragte
Algirdas.

    »Da ist... äh... was schief
gelaufen. Aber regt euch nicht auf. Ich kriege das auf die Reihe.«
    »Was hast du mit dem Koffer
gemacht?« Jurijs Eisaugen blickten kälter als Grönlandgletscher.
    »Ihr... äh... müsst euch in
meine Lage versetzen. Ich war echt in Panik. Wohin mit dem Koffer? Gleich
würden die Bullen kommen. Also habe ich ihn zu meinem Bruder gebracht.«
    »Sagtest du nicht, dass der an
der Nadel hängt? So ein komischer Herrenausstatter mit ’ner Edelboutique.«
    »Habe ich das gesagt?« Verlegen
rieb sich Henning die Schläfen. »Also eigentlich war er nur Schneider. Er hatte
eine Änderungswerkstatt.«
    »War? Hatte?«, fragte Jurij.
»Was ist und macht er denn jetzt?«
    »Jetzt sieht er sich die
Radieschen von unten an.«
    Die beiden schwiegen verblüfft.
    »Er ist tot«, erklärte Henning
zum besseren Verständnis. »Hat sich eine zu hohe Dosis gespritzt. Im Juli
vorigen Jahres. Unter Polizeiaufsicht hätte ich an seiner Beerdigung teilnehmen
können. Aber ich habe verzichtet. Jochen wäre zu meiner auch nicht gekommen,
hat sich aus solchem Getue nie was gemacht.«
    »Verstehen wir dich richtig?«,
sagte Jurij. »Der Geldkoffer befand sich in der Obhut deines Bruders. Der hat
ihn versteckt. Dann hat Jochen die Hufe nach oben gedreht, ohne dir vorher zu
verklickern, wo die Blüten sind. Was ja im Prinzip richtig ist, denn bei ’nem
Besuch im Gefängnis weiß man nie, ob das Gespräch abgehört wird. Aber jetzt,
Henning, hast du ein gewaltiges Problem. Du schuldest uns 75 Prozent des
Nennwertes der Blüten, also«, er rechnete rasch, »6 750 000
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher