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Tims gefährlichster Gegner

Tims gefährlichster Gegner

Titel: Tims gefährlichster Gegner
Autoren: Stefan Wolf
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sie eine halbe Stunde laufen müssen. Sie fuhren mit der
U-Bahn, aber versehentlich zu weit und mussten ein Stück zurücklaufen. Dani
hatte sich Walnusseis, das diesmal ihre Wahl war, auf die Bluse gekleckert.
Beide waren genervt und von der Hitze erschöpft.
    Der Mäfär-Block ist eine
exklusive Wohnanlage im Stadtteil Buchenhöh, umgeben von Grünflächen. Drei
fünfstöckige Gebäude, auf jedem ein Penthaus. Daniela kannte den Weg. In der
vierten Etage stiegen sie aus dem Lift. Daniela schloss die Wohnung 411 auf.
Sie traten ein.
    »Ahhh!«, staunte Dani. »Toll.«
    Die Luft roch abgestanden, war
hier seit acht Wochen eingesperrt. Zwei große Räume, die ineinander übergingen
— Wohn- und Schlafbereich, dazu ein hinreißendes Bad, eine Kleinküche für
Singles und eine Diele mit Gästetoilette. Die Möbel waren teuer und modern,
alles in Schwarz und Weiß.
    »Nicht schlecht«, sagte Dani.
»Wovon hat er das bezahlt?«
    »Keine Ahnung. Angeblich hat er
mal gute Geschäfte gemacht und sich dann gleich diese Wohnung gekauft.«
    »Was arbeitet er eigentlich?«
    »Alles Mögliche. Im Personenschutz,
als Privatkurier, als Autoverkäufer, als Fitnesstrainer, als Baggerführer. Er
sagt von sich selbst, dass er mal im Geld schwimmt, mal völlig pleite ist.
Diese Wohnung — davon bin ich jetzt überzeugt — hat er bestimmt nicht mit
sauberem Geld bezahlt. Aber das will ich gar nicht wissen. Ich will nur haben,
was mir gehört.«
    Dani sah sich um. »Möbel können
wir nicht mitnehmen.«
    »Ich trage nichts, das schwerer
ist als fünf Kilo.«
    Sie begannen, sich umzusehen.
Dabei waren sie bemüht, nicht allzu indiskret ( taktlos ) in Henning
Lissenfuhls Privatsphäre einzudringen. Schubfächer im Schreibtisch und
Nachttisch wurden nicht geöffnet.
    Wonach suche ich eigentlich,
überlegte Daniela. Habe ich hier jemals Wertgegenstände gesehen — außer den
Möbeln? Gemälde, Porzellan, Tischuhren, Wandteppiche, Musikinstrumente,
Briefbeschwerer, Silber, Dosen, Vitrinenstücke, Plastiken oder alte Waffen? Sie
konnte sich an nichts erinnern. Und erst jetzt wurde ihr klar, dass es nichts
dergleichen hier gab.
    Die Enttäuschung war riesengroß.
    Aber dann öffnete Dani den
Kleiderschrank.
    »Wow!« Staunend betrachtete sie
die aufgehängten Anzüge. »Daniela, hat er auch mal als Dressman gejobbt?«
    Ihre Freundin kam aus dem Bad,
wo sie die Toilette benutzt hatte. »Soviel ich weiß, nicht. Aber er ist
Modefreak. Ist besessen von, wie er’s nennt, geilen Klamotten.«
    »Das sind doch Designeranzüge.
Beste Qualität. Und nagelneu. Da! Die Etiketten sind noch dran. Der hier hat...
1099 Euro gekostet. Und hier, der pflaumenblaue Caldo Versatscho sogar 1600.
Die hat er noch gar nicht getragen.«
    »Tatsächlich.« Im selben Moment
hatte Daniela die Idee. »Dani, jetzt weiß ich, was ich mache. Ich nehme die
Anzüge. Und noch zwei, drei andere.«
    Dani begriff. »Secondhand?«
    »Genau. In einem tollen
Secondhandshop lecken sie sich die Finger danach.« Sie überlegte. »Ja, ich lege
einen Zettel auf den Schreibtisch. Ich notiere, welche Anzüge ich mitgenommen
habe. Und warum. Dann rechne ich genau ab. Sollte ich beim Verkauf mehr
erzielen als 2000 Euro, komme ich noch mal her und lege das überschüssige Geld
dazu. Solange behalte ich auch den Wohnungsschlüssel.«
    »Super!«
    Sie wählten fünf Anzüge aus,
die besten. Dani musste den Zettel schreiben. In der Küche fanden sie einen
Vorrat an Müllsäcken. In fünf von ihnen wurden die Anzüge eingetütet. Mit ihrer
Ausbeute verließen die jungen Frauen die Wohnung.

    Es war Mittwoch, der 14. Juli.
    Am 6. September, einem Montag,
wurde der letzte der fünf Anzüge verkauft.
    Daniela, deren Handgelenk zu
dieser Zeit wieder gesund war, erzielte insgesamt 2650,- Euro.
    Zum letzten Mal begab sie sich
in Hennings Wohnung, legte eine detaillierte Abrechnung und das restliche Geld
auf den Schreibtisch.
    In den folgenden Monaten dachte
sie nur noch selten an ihren Exfreund, dann noch weniger. Ihren Brief hatte er
sicherlich erhalten und darauf — Gott sei Dank — nicht geantwortet.
    Sie hoffte, ihm nie wieder zu
begegnen. Und sollte der Zufall sie auf der Straße zusammenführen, dann würde
sie abweisend sein wie zu einem beliebigen Fremden.

2. Gabys
Ohrring im Fleischklops
     
    Am ersten Montag im Mai des
folgenden Jahres kullerten dicke Tränen über Gabys Wangen, als sie die
Wohnungstür öffnete.
    Tim hatte geklingelt. Karl und
Klößchen standen neben ihm. Tims
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