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Tiefes Land

Tiefes Land

Titel: Tiefes Land
Autoren: Carsten Steenbergen
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Zustand«, er deutete mit einer weitausschweifenden Geste in die Runde, »noch anhalten soll. Es ist eine Unverschämtheit, dass man uns, dem Vorstand, den Zugang zu unserem Eigentum verwehrt. Hier findet wichtige Forschung statt und jedwede Verzögerung kostet Tifor Pharmaceuticals mehr Geld, als Sie in einem ganzen Jahr verdienen.«
    »Dieser Zustand wird so lange bestehen bleiben, wie ich es für nötig halte, Mijnher. Ich lasse Sie benachrichtigen, sobald unsere Untersuchungen abgeschlossen sind.«
    »Was erlauben Sie sich? Ich werde das Ministerium informieren und ...«
    »Wie Sie möchten. Ich bin mir sicher, dass man Ihnen dort nichts anderes sagen wird. Sie entschuldigen mich? Danke.«
    Willem ging mit Agent Roek und Tessa einige Schritte beiseite und ignorierte den schimpfenden Vorstand, bis dieser kurzentschlossen und nicht minder wütend das Gelände verließ.
    »Nachdem die Formalitäten also abgeschlossen wären, wie steht es mit einer Zusammenfassung?«, kam Willem direkt zur Sache.
    »Natürlich. So wie es aussieht, stürmten gegen sechs Uhr dreißig mehrere maskierte Männer das Labor. Wir gehen aktuell von vier Verdächtigen aus, zumindest zeigen das die Überwachungsbänder. Sie zwangen das Opfer unter Waffengewalt dazu, den abgesicherten Bereich des Labors zu öffnen, griffen sich, was sie haben wollten, und verschwanden wieder. Ach ja, selbstverständlich nicht, ohne dem Opfer vorher den Schädel wegzupusten. Die ganze Aktion sah verdammt durchdacht aus. Profis, kein Zweifel.«
    »Wer hat den Toten gefunden?«
    »Eine Mitarbeiterin des Labors, Dr. Saskia Veden. Sie fand ihn unten im Sicherheitsbereich.
    Dr. Veden hat geistesgegenwärtig sofort die Behörden verständigt und erst danach einen Nervenzusammenbruch erlitten. Eine Psychologin betreut sie gerade, um ihr schnellstmöglich über den Schock hinweg zu helfen.«
    »Haben Sie schon einen Überblick darüber, was alles fehlt?«
    »Es werden mehrere Proben Botulinumtoxin vermisst. Genau genommen BTX-8. Das ist ein hocheffizientes Nervengift. Schnell, wirksam, tödlich. Tifor Pharmaceuticals stellt es unter anderem hier in diesem Labor her. Aus rein medizinischen Gründen versteht sich. Weiteres war allerdings bisher nicht aus der Zeugin herauszuholen.«
    Van den Dragt schwieg einen Moment nachdenklich.
    »Sie wissen, wozu man es üblicherweise benutzt?«
    »Sie meinen Botox? Natürlich. Nicht mehr ganz tauffrische Ehefrauen lassen sich damit ihre Gesichtsfalten wegspritzen, um ihren Ehemännern noch ein paar Jahre länger zu gefallen, bevor sie für eine Jüngere eingetauscht werden. Es dient quasi als so eine Art moderner Jungbrunnen für diejenigen, die ansonsten viel Geld für einen guten Therapeuten ausgeben müssten.«
    »So kann man es natürlich auch sehen«, schaltete sich Tessa Boyens ein. Ihre Gesichtszüge blieben nach außen hin ruhig, obwohl die Bemerkung Roeks ihr Missfallen erregt zu haben schien. Roek ließ sich davon jedoch nicht stören.
    »Wie auch immer. Das, was die Typen mitgenommen haben, reicht auf jeden Fall aus, um die Neunzigjährigen sämtlicher Altenheime in Amsterdam glatt zu bügeln. Für die nächsten fünf Jahre.«
    »Wir dürfen vermutlich von einem etwas größeren Ziel ausgehen, als von übertriebener Eitelkeit«, antwortete Willem. »Niemand betreibt ohne handfeste Absichten einen derartigen Aufwand. Die Frage ist, warum haben die Täter ausgerechnet hier zugeschlagen? Und was haben sie damit vor? Es gibt genügend Giftstoffe, die wesentlich einfacher zu beschaffen sind. Und sich darüber hinaus beträchtlich effektiver einsetzen lassen. Sarin zum Beispiel.«
    »Sie spielen auf diese religiösen Spinner an, die in der U-Bahn von Tokio einen Giftgasanschlag verübt haben?«
    »Absolut. Das war 1995. Die Aum-Sekte benutzte flüssiges Sarin, um möglichst viele Menschen zu schädigen. Die überlebenden Opfer konnten sich fast glücklich schätzen, dass die Sekte minderwertiges Material verwendete. So hielten sich die Toten und Verletzten in Grenzen. Botulinumtoxin dagegen ist nicht ohne immensen Aufwand von Zeit und Mitteln in einen brauchbaren Zustand für einen gezielten Anschlag zu versetzen.«
    »Das ist so nicht ganz richtig«, wurde Willem von einer sichtlich mitgenommenen Frauenstimme unterbrochen. Dr. Veden, eine stämmige Person mit ersten grauen Strähnchen in den dunkelbraunen Haaren und tiefdunklen Ringen unter den Augen, kam in Begleitung einer Agentin auf sie zu. Trotz des Schocks, den sie
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