Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Green Mile

The Green Mile

Titel: The Green Mile
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Gang vor der Zelle von Delacroix – er war der einzige andere Gefangene in Block E, als Coffey eintraf. Del war ein schmächtiger Typ mit fast kahlem Kopf und der besorgten Miene eines Buchhalters, der weiß, dass seine Veruntreuungen bald entdeckt werden. Seine zahme Maus saß auf seiner Schulter.
    Percy Wetmore lehnte am Türrahmen der Zelle, die soeben John Coffeys Zelle geworden war. Percy hatte seinen Hickory-Schlagstock aus dem maßgefertigten Holster genommen, in dem er ihn trug, und schlug damit in die linke Handfläche, als wäre der Schlagstock ein Spielzeug, das er gern mal benutzen würde. Und auf einmal konnte ich es nicht ertragen, Percy dort herumstehen zu sehen. Vielleicht lag es an der für diese Jahreszeit ungewöhnlichen Hitze, vielleicht am Harnwegsinfekt, der meinen Unterleib erhitzte und das Jucken meiner Flanellunterwäsche fast unerträglich machte, vielleicht lag es auch an dem Wissen, dass der Staat mir einen Schwarzen zum Hinrichten geschickt hatte, der einem Idioten nahekam und den Percy offenbar zuerst ein bisschen in die Mangel nehmen wollte. Vermutlich kam alles zusammen. Was auch immer es war, ich vergaß für eine Weile seine politischen Verbindungen.
    »Percy«, sagte ich. »Drüben im Krankenrevier ziehen sie um.«
    »Bill Dodge kümmert sich um die …«
    »Das weiß ich«, sagte ich. »Geh und hilf ihm.«
    »Das ist nicht mein Job«, sagte Percy. »Dieser große Lutscherich ist mein Job.« Er verabscheute die Großen. Er war nicht schmächtig wie Harry Terwilliger, aber klein. Ein Zwerghahn, der Typ, der Leute provoziert, besonders wenn er alle Trümpfe in der Hand hat. Und eitel mit seinem Haar. Er konnte kaum die Hände davon lassen.
    »Dann ist dein Job erledigt«, sagte ich. »Schaff dich rüber ins Krankenrevier.«
    Er schob trotzig die Unterlippe vor. Bill Dodge und seine Männer schleppten Kartons, Stapel von Bettwäsche und sogar die Betten; das ganze Krankenrevier zog in ein neues Gebäude an der Westseite des Gefängnisses um. Schweißtreibende Arbeit, schweres Heben. Percy Wetmore wollte damit nichts zu tun haben.
    »Die haben mehr als genug Leute«, sagte er.
    »Dann geh rüber und schau ihnen bei der Arbeit zu«, sagte ich mit erhobener Stimme. Ich sah, dass Harry zusammenzuckte, und ignorierte es. Wenn der Gouverneur Direktor Moores anwies, mich zu feuern, weil ich am falschen Gefieder gerupft hatte, mit wem würde Hal Moores dann meine Stelle besetzen? Mit Percy? Das war ein Witz. »Es ist mir wirklich egal, was du tust, Percy, solange du für eine Weile von hier verschwindest.«
    Einen Augenblick lang dachte ich, er würde stur sein und wirklich Schwierigkeiten machen, während Coffey die ganze Zeit dastand wie die größte stehen gebliebene Uhr der Welt. Dann rammte Percy seinen Schlagstock zurück in den maßgefertigten Holster – dieses verdammte, bescheuerte, eitle Ding – und stolzierte den Gang hinauf. Ich erinnere mich nicht, welcher Wärter an diesem Tag Dienst am Wachpult hatte – einer der Springer, nehme ich an -, aber Percy musste seine Miene missfallen haben, denn er grollte, als er vorbeiging: »Wisch dir dein Grinsen aus deiner Scheißfresse, oder ich erledige das für dich.« Es rasselten Schlüssel, für einen kurzen Moment fiel heißer Sonnenschein vom Hof auf den Gang, und dann war Percy Wetmore weg, wenigstens für den Augenblick. Delacroix’ Maus fitzte von einer Schulter des kleinen Franzosen zur anderen hin und her, und ihre Barthaare zuckten.
    »Ruhig, Mr. Jingles«, sagte Delacroix, und die Maus verharrte auf seiner linken Schulter, als hätte sie ihn verstanden. »Sei ganz still und ganz ruhig.« In Delacroix’ trällerndem Cajun-Akzent klang »ruhig« exotisch und fremdartig – ru-isch.
    »Du legst dich hin, Del«, sagte ich schroff. »Ruh dich aus. Das geht auch dich nichts an.«
    Er gehorchte. Er hatte eine junge Frau vergewaltigt und getötet, und dann ihre Leiche hinter dem Apartmenthaus abgelegt, in dem sie gewohnt hatte, sie mit Kerosin übergossen und in Brand gesteckt, weil er sich in den wirren Kopf gesetzt hatte, damit den Beweis seines Verbrechens zu vernichten. Das Feuer hatte auf das Haus übergegriffen, es in Brand gesetzt, und sechs weitere Menschen waren bei dem Feuer umgekommen, darunter zwei Kinder. Es war das einzige Verbrechen, das in ihm gesteckt hatte, und jetzt war er nur ein sanftmütiger Mann mit besorgtem Gesicht, einer kahlen Birne und ringsum langem Haar, das bis über seinen Hemdkragen fiel. Er würde
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher