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The Doors

The Doors

Titel: The Doors
Autoren: Greil Marcus
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fünfzehn Sekunden, ein mehr als aufregender Moment. Doch auch Morrison bekommt den Song nicht in den Griff – was möglicherweise an den Soli liegt, die die Musiker gerade gefunden und verloren haben, denn die hunderttausend Male, die der Song ohne diese solistischen Exkursionen im Radio gelaufen ist, haben ihm den Rumpf geraubt und ihm nur noch Kopf, Füße und Arme gelassen, die nun orientierungslos herumzappeln.
    Densmore löst das Ganze mit einem einzigen harten Shuffle auf, einer aus fünf Schlägen bestehenden rhythmischen Figur, die eine Linie zwischen der Strophe (die mit dem gestelzten Reim von »mire« und »pyre«) und dem Refrain zieht und die sagt: Kommt, Leute! Reißt euch zusammen! Und das zeigt Wirkung: Zum ersten Mal ist der Song vollkommen präsent, ein Ereignis, das stattfindet, während man zuhört. In der letzten Minute der Darbietung ist das Gefühl von Wille und Anstrengung dermaßen stark, dass man Morrison vor sich zu sehen glaubt, wie er auf die Knie gesunken ist und den Song durch eine Mauer hindurchzurammen versucht. Sobald Densmore in den Vordergrund des Sounds rückt, ist man sich absolut sicher, dass der Song die Mauer durchbrechen wird; und im nächsten Moment, wenn Morrison Densmores Platz einnimmt, breitet sich Hoffnungslosigkeit aus. Jetzt ist es Manzarek, der irgendwo im Hintergrund schreit, voller Aufregung –
    ALL RIGHT!
    – und dann aufgeregt und zugleich ängstlich –
    GO!
    – voller Angst davor, dass die Mauer womöglich standhält, dass sie trotz all der Entschlossenheit, die Morrison in die Zeile »Try to set the night on fire« legt, nicht einstürzen wird.
    Als der Song schließlich unter lautem Getöse seinem Ende entgegensteuert, weiß man nicht, ob es passiert ist oder nicht. Als der Song endet, stemmt sich die Band noch immer gegen die Mauer, doch die hält weiterhin stand. Der Song ist vorbei, aber die Geschichte, die er erzählt, ist noch nicht abgeschlossen – man kann sie nicht hören, doch man spürt sie auf der Haut.
    Jenny Diski: The Sixties , Picador, New York 2009, S. 9, 87.

    »Light My Fire«, Family Dog, Denver, 30. September 1967, auf Boot Yer Butt! The Doors Bootlegs , einer Sammlung von Liveaufnahmen, die Fans bei Konzerten aus dem Publikum mitgeschnitten haben (Rhino Handmade, 2003).

    Manny Farber: »White Elephant Art vs. Termite Art«, in Film Culture , 1962, gesammelt in Farber on Film: The Complete Film Writings of Manny Farber , Library of America, New York 2003, S. 535.

    Come On Baby, Light My Fire. Regie: Lou Campa (J. R. L. Productions, 1969). Movies Unlimited bringt den Inhalt folgendermaßen auf den Punkt: »Eine naive Kämpferin gegen den Marihuana-Missbrauch [Tina Buckley] wird von einer Bande von Perversen entführt und in das Haus eines Drogenbosses verschleppt, der von Gerard Damiano, dem später berühmt-berüchtigten Regisseur von Deep Throat , gespielt wird. Als die junge Frau zur Sexsklavin der Bande gemacht wird, öffnen sich die Pforten von Dominanz und Unterwerfung.«

L. A. Woman
    DAS LETZTE ALBUM der Doors, L. A. Woman , kam im April 1971 heraus, drei Monate bevor Jim Morrison in Paris starb und sein Traum, in die Fußstapfen Rimbauds zu treten, durch ein Bild des toten Marat in seiner Badewanne ersetzt wurde. Der Titelsong des Albums hat die Zeiten überdauert: Auch noch vier Jahrzehnte später bekommt man ihn in voller Länge im Autoradio zu hören, die kompletten acht Minuten, wie sie noch immer reden und brabbeln – dieser auf dem Sunset Strip herumstromernde Penner, der von einer Frau und der Stadt und der Nacht schwadroniert, als würde ihm tatsächlich jemand Beachtung schenken. Man kann »L. A. Woman« im Radio hören, jederzeit – und man kann es zwischen vielen Zeilen von Thomas Pynchons 2009 erschienenem Detektivroman Inherent Vice hören, der in L. A. spielt, im Frühjahr 1970, kurz vor Beginn des Manson-Prozesses, zu einer Zeit, in der es, wie Pynchon schreibt, auf den von den Küstenorten nach Osten führenden Freeways nur so wimmelte von » VW -Bussen in flirrenden Paisleymustern, auffrisierten, mit Grundierfarbe angestrichenen Sportcoupés, Kombis mit einer Verkleidung aus echter Dearborn-Kiefer, Porsches mit Fernsehstars am Steuer, Cadillacs, die Zahnärzte zu außerehelichen Rendezvous beförderten, fensterlosen Kleinbussen, in denen sich herzzerreißende Teenagerdramen abspielten, Pick-ups mit Matratzen voller Hinterwäldler aus dem San Joaquin Valley, und alle zusammen rollten sie, sämtliche Radios
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