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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder
Autoren: O'Brien Caragh
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am Tvaltar gewähren, die du sammeln oder an andere verschenken kannst, wie es dir beliebt.«
    Sie neigte den Kopf. Ihr war klar, dass diese letzte Entschädigung ihr ermöglichen würde, alles andere, was sie sonst noch brauchte, einzutauschen. Es war eine unglaubliche Bezahlung, im Grunde doppelt so viel wie das, was ihre Mutter verdient hatte, und viel mehr, als Gaia jemals erwartet hätte.
    »Ich bin der Enklave sehr dankbar«, sagte sie leise.
    »Die Enklave weiß, dass du dein erstes Baby ohne jede Hilfe vorgebracht hast«, sagte er und senkte die Stimme. »Dieses Kind hätte man leicht verstecken, verkaufen oder der Mutter überlassen können. Die Enklave weiß, dass du die größtmögliche Loyalität bewiesen hast, und Loyalität bleibt nicht unbelohnt.«
    Gaia verschränkte ihre Finger. Beinahe war es so, als ob die Enklave wüsste, wie sehr sie mit sich gerungen hatte, bevor sie das Baby vorgebracht hatte. Obwohl sie das Richtige getan hatte und dafür belohnt werden würde, hatte sie Angst. Wussten sie auch, dass sie draußen angehalten hatte, um sich mit der alten Meg zu unterhalten? Wussten sie, dass sie in ebendiesem Moment das Päckchen ihrer Mutter am Bein trug? Was die Enklave wusste oder nicht wusste, hatte nie zuvor eine Rolle gespielt, weil sie keine Geheimnisse gehabt hatte.
    Jetzt war alles anders. Sie wünschte, die alte Meg hätte ihr das Päckchen nie gegeben.
    Da kam ihr eine überraschende Erkenntnis, und sie sah zu Sergeant Grey auf. Sie könnte es ihm geben, jetzt, in diesem Moment. Ihr Herz begann wie wild zu schlagen. Sie könnte ihn bitten, kurz zu warten, sich umdrehen, den Rock heben, das Päckchen abnehmen und es ihm einfach geben. Das wäre das Sicherste. Sie könnte sagen, dass sie es sich nicht einmal richtig angeschaut hatte und keine Ahnung hatte, was es war. Die Wachen würden die alte Meg schnappen, bevor sie weit gekommen war.
    Sie biss sich auf die Lippe.
    »Ja?«, fragte Sergeant Grey. »Dir ist etwas eingefallen?«
    Sie drehte ihm die linke Wange zu, die mit der Narbe, wie sie es immer unwillkürlich tat, wenn sie ihre Gedanken verbergen wollte. Der verzweifelte Schrei von Agnes Lewis fiel ihr ein, wie sie gefleht hatte, ihr Priscilla zu lassen. Agnes Lewis! Gaia hatte von der Frau bisher kaum als einer echten Person gedacht. Ihre Gier war unnatürlich und ungehorsam gegenüber der Enklave, und doch war etwas so Mächtiges, so Verzweifeltes in ihrem Wunsch gewesen. Gaia konnte sich Agnes’ Schmerz nicht ganz verschließen, und dieser Schmerz war untrennbar mit dem Päckchen verknüpft, das die alte Meg ihr gegeben hatte, als hätte ihre Mutter ihr eine Art Gegenmittel gesandt.
    »Gaia?«
    Sie schüttelte den Kopf, überrascht, dass er ihren Vornamen gebrauchte. Die unnachgiebige Linie seines Kiefers hatte sich entspannt, oder vielleicht waren es seine Schultern, die nicht mehr so steif wirkten.
    »Entschuldige, Schwester«, sagte er. »Ich dachte, du hättest dich an etwas erinnert.«
    Ein Scheit rutschte krachend in die Hitze des Feuers, und ein plötzlicher Lichtschein fiel auf sein strenges Profil. Sie würde etwas zusammenspinnen müssen, um ihn davon zu überzeugen, dass sie nichts zu verbergen hatte.
    Sie zauberte ein Lächeln hervor, von dem sie hoffte, dass es nach verlegener Eitelkeit aussah. »Ich dachte nur gerade daran, dass ich mir vielleicht ein paar von den Stiefeln zulegen könnte, die sie im Tvaltar zeigen. Diese Cowboystiefel für Mädchen.«
    Der Soldat lachte kurz und trocken. »Du wirst sicher in der Lage sein, sie dir zu kaufen. Das ist dein Privileg.«
    Sie trat wieder näher an den Tisch, entschlossener nun, und begann sorgfältig, ihre Tasche einzuräumen. Die Sachen, die gesäubert werden mussten, legte sie beiseite. Sie atmete tief durch und zwang ihre Hände, ruhig zu bleiben.
    Der Soldat ging zur Tür, und Gaia dachte schon, er würde sie öffnen und sich verabschieden. Als er innehielt, sah sie auf.
    »Was ist mit deinem Gesicht passiert?«, fragte er.
    Immer wieder diese Frage – wie ein Tritt in den Magen, zweimal allein in dieser Nacht. Sie hatte gehofft, er wäre zu höflich, um danach zu fragen, oder er hätte mit all seinem Wissen über ihre Familie die Geschichte ohnehin schon erfahren.
    »Als ich noch klein war, machte meine Großmutter Kerzen. Sie hatte ein großes Fass mit heißem Bienenwachs bei sich im Hof«, sagte sie. »Ich bin gegen das Fass gelaufen.« Normalerweise beendete das die Unterhaltung. »Ich erinnere mich nicht
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