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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder
Autoren: O'Brien Caragh
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»Ich will hierbleiben. Sie können jeden Moment zurück sein.«
    »Ich hab dich gar nicht heimkommen sehen, sonst hätte ich früher nach dir geschaut«, entschuldigte sich Theo. »Vor zehn Minuten hat Amy einen Wachmann weggehen sehen und meinte, du müsstest wohl da sein. War es nur der eine?«
    Gaia nickte. »Einer hat gereicht.«
    Theo ließ sich in den Sessel sinken, und sie studierte sein Gesicht und fragte sich, ob er mehr wusste. Theo und seine Frau Amy wohnten auf der gegenüberliegenden Straßenseite, und wie die anderen Nachbarn auch mussten sie mitbekommen haben, wie ihre Eltern abgeführt worden waren.
    »Erzähl mir, was du weißt«, sagte sie. »Hast du irgendeine Ahnung, weshalb man meine Eltern verhaftet hat?«
    »Nein. Keinen Schimmer«, sagte er. »Weißt du, das passiert manchmal. Die Enklave holt jemanden ab, stellt ihm ein paar Fragen und lässt ihn wieder gehen. Vielleicht waren deine Eltern einfach in der Nähe, als irgendwas passiert ist. Vielleicht haben sie was gesehen, und jetzt will die Enklave Informationen darüber.«
    »Aber warum hat man sie dann verhaftet? Warum haben sie ihnen ihre Fragen nicht einfach hier gestellt?«
    »Keine Ahnung«, sagte Theo, »so sind sie einfach.«
    Gaia betrachtete ihre Hände und spreizte die Finger im Schein des Feuers. Sie vertraute Theo. Sie kannte ihn schon ihr ganzes Leben, und seine Tochter Emily war Gaias beste Freundin.
    »Weißt du, ob meine Mutter eine Art Liste besessen hat?«, fragte sie. »Einen Kalender oder so etwas?«
    Er schürzte die Lippen. »Deine Mutter hatte eine Menge Listen. Das ist nichts Ungewöhnliches.«
    »Sergeant Grey hat danach gefragt.«
    Theo verschränkte die Arme vor der Brust und schaute verwirrt drein. »Nun, dafür könnten sie so ziemlich jeden in der Stadt verhaften.«
    Gaia blickte an ihm vorbei zur Nähecke ihres Vaters, zu den Kästchen und Körben voll mit Stoffen und Nadeln und Mustern. Sein gelbes Nadelkissen war unter eins der Pedale der Nähmaschine gerollt.
    »Du findest nicht, dass ich mir Sorgen machen muss?«, fragte sie und holte das Nadelkissen hervor.
    »So würde ich es nicht ausdrücken, Liebes. Aber ich vermute, Sorgen werden dir nicht viel helfen.«
    Gaia blickte auf und sah ihn liebevoll lächeln.
    »Jetzt komm schon mit rüber«, versuchte er es noch einmal. »Amy wird mich gar nicht erst ausreden lassen, wenn ich ohne dich zurückkomme, und Emily wird mir wahrscheinlich den Kopf abreißen.«
    Sie atmete tief durch und schüttelte den Kopf. »Ich will hierbleiben.«
    »Du kommst aber zum Abendessen, ja? Morgen Abend? Vielleicht haben wir ja bis dahin was gehört.«
    Gaia drehte das Nadelkissen langsam zwischen ihren Fingern und nickte. Mittlerweile war sie todmüde, und dank Theo und seinem gesunden Menschenverstand hatte sie auch wieder Hoffnung geschöpft und würde bestimmt schlafen können. »Danke, dass du vorbeigekommen bist«, sagte sie, »es geht mir schon viel besser. Alles wird wieder gut, nicht wahr?«
    Theo stand auf und tätschelte ihren Arm. »Sie werden heimkommen, ehe du dich’s versiehst«, sagte er. »Und bis dahin tu einfach, was du immer tust. Und vergiss nicht, die Hühner zu füttern.«
    Sie lachte. »Ich habe heute mein erstes Baby entbunden.«
    »Im Ernst? Na so was! Das werden wir feiern, wenn du zum Abendessen kommst. Man stelle sich das vor, unsere kleine Gaia, eine ausgewachsene Hebamme! Amy wird ganz außer sich sein. Ich werde auch Emily und Kyle Bescheid sagen.«
    Gaia wusste, dass er sich über jeden Vorwand freute, seine Familie einzuladen. Sie grinste und hielt ihm die Tür auf. Nachdem er gegangen war, konnte sie endlich ins Bett ihrer Eltern schlüpfen, die Decken hoch bis an die Nase ziehen, ihren Duft einatmen und schlafen.
    Unter einer heißen Mittagssonne trug sie das dritte Maibaby zum Tor der Enklave, und dieses Mal spürte Gaia keinen Stolz, nichts mehr von der Aufregung bei der Geburt. Da war nur Erschöpfung und eine ständige Angst, die tief in ihr nagte. Ihre Schuhe schlurften über den trockenen, braunen Straßenstaub, und jeder Schritt bergauf brachte sie näher an die Mauer heran. Sie rollte die langen Ärmel ihres braunen Kleids zurück, dankbar, dass der Stoff leicht war. Sie zog ihren Hut zum Schutz vor der Sonne ins Gesicht und bemerkte schmale Lichtstrahlen, die wie Nadelstiche durch das Gewebe der Krempe auf das Baby in ihren Armen fielen.
    In den drei Wochen, seit ihre Eltern verschwunden waren, hatte Gaia nichts von ihnen gehört –
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