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The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder

Titel: The Dead Forest Bd. 1 Die Stadt der verschwundenen Kinder
Autoren: O'Brien Caragh
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»Meine Schwester ist tot. Hätte ich sie nicht abgewiesen, als sie mich am meisten brauchte, wäre sie heute noch am Leben. Du wolltest einmal wissen, weshalb ich der Wache beitrat. Ganz ehrlich? Es hatte keinen Sinn, irgendetwas sonst zu machen. Es hatte keinen Sinn, überhaupt etwas zu machen. Es war mir alles egal.«
    Sie verschränkte ihre Finger und sah unbeirrt zu ihm auf. »Das war dein einziger Fehler«, sagte sie. »Dich selbst aufzugeben. Das hättest du nicht tun sollen.«
    Er stieß ein kurzes, bitteres Lachen aus und trat einen Schritt zurück. »Du urteilst über mich?«
    Gaia wusste nicht, was sie erwidern sollte. Wie konnte sie je wirklich wissen, was er empfunden hatte? Seine Familie hatte ihn verstoßen, als er sie am meisten brauchte. Er hatte alleine trauern müssen. Sie wusste nicht, wie sie mit einer solchen Einsamkeit, solcher Trauer umgegangen wäre. »Es tut mir leid«, sagte sie. »Du hast so viel verloren, Leon. Nicht nur Fiona.« Sie dachte kummervoll an ihre eigenen Eltern, daran, dass sie sie niemals wiedersehen würde. Nicht ein einziges Mal, nicht für einen Moment. Es war mehr, als sie ertragen konnte. »Es tut mir leid«, flüsterte sie wieder. Mehr gab es nicht zu sagen.
    Aus dem Geschenk auf dem Tisch neben ihr kam ein Hicksen. Behutsam hob Gaia das Baby aus der Geschenktüte an ihre Schulter, damit es ein Bäuerchen machen konnte. Die kleinen, liebenswerten Hickser ließen ihre Hände zittern, und sie musste lachen, obwohl sie sich in ihrem Innersten zerbrochen fühlte. Sie sah auf. Leon beobachtete sie mit einem Ausdruck verblüffter Zärtlichkeit.
    »Du kannst gut mit ihr umgehen«, stellte er fest.
    Ihr Gesicht verklärte sich zu einem Lächeln. »Sie ist meine Schwester«, sagte sie.
    Er schüttelte den Kopf, als ob sie etwas Bemerkenswertes gesagt hätte. »Siehst du?«, sagte er, »es ging mir wirklich ganz gut. Ich kam wunderbar zurecht, bis ich eines Nachts vor die Mauer geschickt wurde, um eine schwierige junge Hebamme zu verhören.«
    Sie rang nach Atem. Ein Lachen begann sich Bahn in ihrer Brust zu brechen. »So schlimm war ich auch wieder nicht.«
    Er lachte. »Du warst absolut furchtlos. Und unmöglich. Schau, was du alles erreicht hast«, sagte er. »Du bist in den Turm der Bastion vorgedrungen, um deine Mutter zu befreien. Wer sonst brächte so etwas fertig? Ich jedenfalls nicht. Gesteh es dir ein, Gaia. Wenn du beschlossen hast, dass etwas richtig ist, kann dich nichts mehr davon abhalten, es zu tun.«
    »Ich habe meine Mutter dabei getötet«, sagte sie mit leiser Stimme. »Vergiss das nicht.«
    » Das glaube ich nicht. Und ich bezweifle auch, dass du selbst es glaubst. Würde deine Mutter dir für irgendetwas, was geschehen ist, Vor würfe machen?«
    Sie sah auf ihre rechte Hand und drehte sie langsam hin und her. Kein Blut haftete daran. »Nein«, sagte sie leise.
    »Siehst du?«, sagte er. »Darin unterscheiden wir uns. Du hast nichts, was du dir vor werfen müsstest. Das wird auch so bleiben.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Mach mich nicht zu einer Heiligen, Leon. Das bin ich nicht.«
    »Nein. Du bist wirklicher.« Er hob eine Hand zur Stirn und schob seinen Hut zurück. »Ich habe es gehasst, genau zu wissen, dass du mich nicht respektierst. Selbst als ich dir nach deiner Verhaftung das Leben retten konnte, war dir das egal.«
    Sie studierte sein Gesicht und die eigenartige, unsichere Einsamkeit hinter seinen Augen. »Das ist nicht der Grund, weshalb ich dich jetzt respektiere«, sagte sie.
    »Ist das alles? Du respektierst mich?« Eine Spannung ging von ihm aus, wie ein lautloses Summen, und er trat wieder einen Schritt näher. Sie hielt ihre kleine Schwester ungeschickt vor sich. Auf seltsame Weise war Gaia nervös, so als ob ihr das Baby aus der Hand fallen könnte.
    »Leon«, sagte sie, »ich weiß nicht, was du von mir willst.«
    Statt einer Antwort machte er noch einen Schritt auf sie zu, bis die Krempe seines Huts fast an ihre Stirn stieß. Sie wusste, dass seine Augen ganz nah sein würden, wenn sie jetzt aufsah.
    »Wer sagt, dass ich etwas will?«, fragte er und nahm seinen Hut ab.
    Sie konnte Wärme in ihren Wangen aufsteigen spüren, doch sie hielt ihren Blick gesenkt. Er überbrückte die letzte Entfernung zwischen ihnen und legte seine Arme um sie und das Kind. Als seine warmen Lippen die empfindliche Haut der Narbe an ihrer Schläfe berührten, fühlte sie, wie etwas in ihr nachgab. Sie legte ihren Kopf schief, brachte ihren Mund näher an
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