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Teuflischer Sog

Teuflischer Sog

Titel: Teuflischer Sog
Autoren: Clive Cussler
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Erinnerung an den leeren Sarg ihres Bruders ausgelöscht. Und durch die Hölle des Krieges, die auf sie wartete.

1
An der Grenze zwischen Argentinien und Paraguay Gegenwart
    Juan Cabrillo hätte niemals gedacht, dass er irgendwann einmal einer Herausforderung begegnen würde, der er lieber ausgewichen wäre, als sich ihr zu stellen. Vor dieser aber wäre er am liebsten davongelaufen.
    Nicht dass er es offen zeigte.
    Er setzte eine undurchdringliche Miene auf – seine blauen Augen blickten ruhig und gelassen, sein Gesichtsausdruck war neutral –, doch er war froh, dass sein bester Freund und Stellvertreter, Max Hanley, nicht dabei war. Max hätte Cabrillos Besorgnis sofort wahrgenommen.
    Sechzig Kilometer stromabwärts von seinem augenblicklichen Standort an dem teebraunen Fluss entfernt erstreckte sich eine der am strengsten bewachten Grenzen der Welt – lediglich übertroffen von der EMZ zwischen Süd- und Nordkorea. Es war ein verdammtes Pech, dass das Objekt, das ihn und seine handverlesene Truppe in diesen abgelegenen Dschungel geführt hatte, auf der anderen Seite der Grenze gelandet war. Wäre es in Paraguay aufgeschlagen, hätte sich die Affäre mit ein paar Telefongesprächen zwischen Diplomaten und einer ansehnlichen Geldzuwendung, getarnt als Wirtschaftshilfe, auf der Stelle regeln lassen.
    Aber das war eben nicht der Fall. Was sie suchten, war in Argentinien gelandet. Und hätte sich der Vorfall achtzehn Monate früher ereignet, wäre er mühelos aus der Welt geschafft worden. Doch vor anderthalb Jahren hatte nach dem zweiten Zusammenbruch des argentinischen Peso eine Generalsjunta unter Führung von Generalissimo Ernesto Corazón gewaltsam die Macht übernommen. Geheimdienstexperten waren überzeugt, dass der Putsch von langer Hand vorbereitet worden war. Die Währungskrise diente ihnen lediglich als Vorwand, um die legitime Regierung abzusetzen und die Kontrolle zu übernehmen.
    Die hochrangigen Vertreter der Zivilregierung wurden vor Scheingerichten wegen wirtschaftlichen Missmanagements – das als Staatsverbrechen gewertet wurde – angeklagt und verurteilt. Die Glücklichen wurden hingerichtet, und der Rest, der weniger Glück hatte, wanderte in Zwangsarbeitslager, die in den Anden oder tief im Amazonasdschungel lagen. Jeder Versuch, etwas über ihr Schicksal zu erfahren, hatte willkürliche Verhaftungen zur Folge. Die Presse wurde verstaatlicht, und Journalisten, die sich nicht an die Parteilinie hielten, kamen ins Gefängnis. Gewerkschaften wurden verboten, und Protestversammlungen hatte man mit Waffengewalt zerstreut.
    Diejenigen, die während der chaotischen Anfangstage des Putsches fliehen konnten – vorwiegend waren dies reiche Familien gewesen, die bereit waren, alles zurückzulassen –, berichteten, dass das, was nun im Land geschah, die Schrecken der Militärregierungen der 1960er und -70er Jahre als geradezu harmlos erscheinen ließ.
    Argentinien hatte sich innerhalb von sechs Wochen von einer blühenden Demokratie in einen echten Polizeistaat verwandelt. Die Vereinten Nationen hatten zwar mit einem verbalen Säbelrasseln reagiert und mit umfangreichen Sanktionen gedroht, aber am Ende hatten sie sich auf eine abgemilderte Resolution geeinigt, mit der die wiederholten Menschenrechtsverletzungen verurteilt wurden. Wie in solchen Fällen üblich, wurde die Resolution jedoch von der herrschenden Junta geflissentlich ignoriert.
    Seitdem hatte die Militärregierung ihre Kontrollmaßnahmen verschärft. Zuletzt hatte man damit begonnen, umfangreiche Truppenverbände an den Grenzen nach Bolivien, Paraguay, Uruguay und Brasilien sowie entlang der Passstraßen nach Chile zusammenzuziehen. Eine Wehrpflicht wurde eingeführt, so dass der Regierung eine Armee zur Verfügung stand, die so groß war wie die Streitkräfte aller anderen südamerikanischen Länder zusammengenommen. Brasilien, das traditionsgemäß die Position als führende Regionalmacht für sich beanspruchte, hatte seine Grenzen ebenso verstärkt, und es war für beide Seiten nicht unüblich, sich gelegentlich heftige Artilleriegefechte zu liefern.
    Dies stellte im Großen und Ganzen den machtpolitischen Albtraum dar, in den hinein Juan Cabrillo seine Leute führte, um etwas in Ordnung zu bringen, das ursprünglich von der NASA vermasselt worden war.
     
    Die Corporation beobachtete gerade die Lage in der Gegend, als der Anruf einging. Man war soeben dabei, im Zuge der Tarnung, hinter der man sich verbarg, in Santos, Brasilien, dem
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