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Teufelswasser

Teufelswasser

Titel: Teufelswasser
Autoren: Stefan Fröhling & Andreas Reuß
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milden Tages, empfindlich kühl geworden. Aber nicht bloß die niedrige Temperatur, sondern auch die aufsteigende Angst forderte ihren Tribut.
    Immer wieder verharrten sie bewegungslos und lauschten; allein wenn sie schon den Heulgesang eines Waldkauzmännchens oder das Quaken der Frösche im Gartenteich vernahmen. Andererseits hofften sie auf einen erneuten Hilferuf Margaretes, deren Stimme sie vorhin erkannt zu haben glaubten. Margarete hatte noch, vor dem Schlafengehen, ihren kurzen nächtigen Spaziergang im Park unternehmen wollen. Das hatte sie Gertrud gegenüber angedeutet, und im Schloss war sie soeben nicht ausfindig zu machen gewesen. Sie riefen sogar mehrmals ihren Namen, wenn auch vorsichtig und verhalten, weil sie nicht wussten, was sie im rabenschwarzen Schlosspark so alles erwarten mochte.
    Eine Antwort blieb aus. Gertrud und Agnes erreichten das Birkenwäldchen nahe dem Gartenteich, der immerhin knapp hundert Quadratmeter umfasste. Sie tasteten sich langsam über einen Weg aus feinem weißlichem Schotter und danach übers Gras an den Schilfbereich heran. Eine Maus schien seitlich davonzuhuschen, vergraben unter dem abgestorbenen Laub des vergangenen Herbstes. Dann blieben sie stehen und versuchten wiederum mit Hilfe ihrer Taschenlampen etwas zu erkennen.
    Einen Moment später wären sie vor Schreck fast weggerannt, hätten nicht die christliche Nächstenliebe und ihre Wissbegierde die Oberhand behalten. Sie sahen, wo das Grasbett in den schlammigen Teichrand überging, zunächst nur die Beine einer auf dem Rücken liegenden Frau. Doch gleich darauf bemerkten sie voller Panik, dass sich der Oberkörper der Frau im Wasser, ja sogar meistenteils unter Wasser befand. Zu ihrem größten Entsetzen sprang, als ein Lichtschimmer ihn traf, ein Wasserfrosch von dem leblosen Körper auf, um – selbst in Schrecken versetzt – flugs im Teich unterzutauchen. Beide glaubten, ihr Herz höre auf zu schlagen.
    Nach unendlich wirkender Zeit, obwohl es nur Sekunden waren, wagten sich Gertrud Steinhag und Agnes Zähringsdorf schließlich in die unmittelbare Nähe ihrer grausamen Entdeckung. Sie waren ungeheuer aufgeregt, atmeten hastig, wurden von kalten Wellen des Schauders durchfahren. Und die toten Augen im algenüberzogenen aschfahlen Gesicht Margaretes starrten sie aus dem Wasser heraus an.

IV
    NICHT ALLE WAREN ZUR KUR GEFAHREN oder genossen ärztlich verordnete Badefreuden. Die Bamberger Kommissare Glaser und Lürmann hatten Dienst; und der bereitete ihnen nur in begrenztem Maße Freude. Denn Wasserleichen erwecken bei den Betrachtern in aller Regel keine Badelust. Eine beruflich-freudige Genugtuung oder Zufriedenheit gar stellten sich erst am Ende einer kriminalistischen Untersuchung ein, und auch nur dann, wenn ein Fall gelöst war. Derzeit aber standen sie noch am Beginn der neuen Ermittlungen. Der Fall war keine 24 Stunden alt.
    Seit der vergangenen Nacht waren sie im Einsatz, nachdem ein erster Streifenwagen kurz nach 22 Uhr am Haupteingang des Säkularinstituts Christen in der Welt eingetroffen war. Gertrud Steinhag hatte nach der Entdeckung der Leiche im Wasser die Polizei per Telefon informiert. Der Streifenwagen war durch das enge Tal mit seiner gewundenen Straße gekommen, das von der Stadt bis zum Schloss reichte.
    Die Streifenwagenbesatzung, zwei uniformierte Beamte, hatte Mühe gehabt, die überreagierende Gertrud Steinhag vom Fundort der Leiche fernzuhalten, der – wie sich sehr bald erweisen sollte – mit dem Tatort identisch war. Die Beamten hatten eine ordentliche Tatort-Übergabe an die Kollegen der Kriminalpolizei und den Erkennungsdienst hinkriegen wollen, sozusagen lehrbuchgerecht, ohne dass mögliche Täterspuren durch nachfolgende Spuren Unbeteiligter verwischt oder überdeckt würden.
    Zusammen mit Glaser und Lürmann war bald darauf der Erkennungsdienst eingetroffen. Vier Kriminaltechniker, in unbequem aussehenden weißen Overalls und mit den obligaten Latexhandschuhen, hatten danach im Licht eigens aufgestellter Scheinwerfer das gesamte Teichufer einschließlich des Birkenwäldchens sowie den unmittelbaren Tatort weiträumig mit rotweißen Plastikbändern absperren lassen, die um die Stämme einiger Bäume geschlungen waren. Mögliche Spuren der Gewalttat waren auf dem Boden mit nummerierten Schildchen markiert.
    Noch in der Nacht war ein sogenannter «Trampelpfad» zur Leiche Margarete Müllers hin ausgewiesen worden, auf dem sich alle Beamten, welche die Tote näher in Augenschein
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