Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond
Autoren: Ines Thorn
Vom Netzwerk:
Bütteln ein Zeichen geben, doch der Pater hielt ihn zurück. «Wir sind noch nicht fertig, ehrwürdiger Richter. Bitte habt noch ein Weilchen Geduld.»
    Dann richtete er seinen Blick auf den Dorfschulzen.
    «Was glotzt Ihr mich an?», fuhr der auf. «Habe ich nicht genug bezahlt? Habe ich nicht Weib und Kind verloren? Und alles nur wegen der Michelsmüller!»
    «Ihr wart auch dabei», erklärte Pater Fürchtegott.
    «Ha!», geiferte der Dorfschulze. «Das müsst Ihr mir erst nachweisen.»
    Pater Fürchtegott zuckte mit den Achseln. «Eure Kumpane werden Euren Namen nennen. Und auch die Sofie weiß, was geschehen ist. Zudem habe ich noch einen weiteren Beweis.»
    Er griff in seine Rocktasche und zog die geschnitzte Figur hervor. «Erkennt Ihr Euch?», fragte er.
    Da brach der Dorfschulze zusammen, sank auf die Knie, heulte auf und schlug mit den Fäusten auf den Boden ein.
    Der Richter stieß seine Büttel an. «Bringt ihn weg», befahl er. «Bringt ihn in den Keller des Wirtes und schließt ihn gut ein.»
    Der Pater bat Krüger, den Leuten Wein nachzuschenken. Danach fuhr er mit seiner Rede fort: «Nun wissen wir also, wer die Sofie geschändet hat, wir wissen, warum die Lissi Beckmann und die Rieke von uns gegangen sind. Wir wissen aber noch immer nicht, woran der alte Michelsmüller, sein Sohn, seine Schwester, woran der Beckmann und das Kind des Dorfschulzen gestorben sind.»
    «Aber das waren doch die Nachzehrer!» Else war aufgesprungen, fuchtelte mit den Händen in der Luft herum. «Die Nachzehrer waren das. Ihr selbst habt sie exorziert.»
    «Ja, ich habe einen Exorzismus durchgeführt. Doch bevor wir zu diesem Thema kommen, sollten wir uns ein wenig stärken.» Der Pater gab zwei Knechten ein Zeichen. «Bringt die Sau herein!» Dann wandte er sich an den schwarzen Jo. «Habt Ihr das Wasser mitgebracht?»
    Der schwarze Jo nickte. «Ich habe es in einen Weinschlauch gefüllt. Er liegt vor der Tür; ich hole ihn.» Er sprang auf und verließ das Gasthaus.
    Der Pater rieb sich die Hände. «So, meine Lieben. Ganz gleich, was in Alwerode vorgefallen sein mag, ein Dorf wie dieses vergisst auch in den schlimmsten Zeiten nicht, was Gastfreundschaft bedeutet.»
    Die Lazarener, die, umrahmt von einigen Knechten, auf einer Bank zusammengepfercht saßen, merkten auf, als der Pater mit der Hand auf sie wies.
    «Ihr sollt als Erste von dem guten Mühlenwasser trinken. Ihr sollt als Erste von dem Schwein essen, welches wir gleich an den Spieß stecken werden.»
    Pater Fürchtegott nahm dem schwarzen Jo, der den Schlauch hereingeschleppt hatte, das Wasser ab und füllte für jeden der Lazarener einen Becher.
    «Trinkt, liebe Freunde, stoßt mit mir darauf an, dass die Zeit des Bösen vorüber ist.»
    Die Lazarener umklammerten ihre Becher so fest, dass bei einigen die Fingerknöchel weiß hervortraten. Doch keiner führte den Trank zum Mund.
    «Was ist?», fragte der Pater. «Warum trinkt Ihr nicht?»
    Die Lazarener schwiegen. Pater Fürchtegott reichte dem Glenbauern, der mittlerweile gefesselt auf einem Stuhl saß, den Becher an die Lippen. «Trink wenigstens du, Glen, denn du hast doch die Lazarener hergeholt, nicht wahr?»
    Der Glen presste die Lippen so fest zusammen, dass sie bläulich anliefen.
    Pater Fürchtegott zog die Augenbrauen nach oben. «Hast du keinen Durst, Glenbauer?»
    Der gefesselte Mann schüttelte den Kopf, und der Pater wandte sich an die anderen im Gasthaus. «Ich weiß, warum weder die Lazarener noch der Glen aus dem Brunnen der Michelsmüller trinken wollen. Aber dazu später. Bringt jetzt die Sau herein.»
    Karla eilte zur Tür und stieß sie weit auf. Vier Knechte hatten die Sau aus dem Misthaufen des Hettrich auf eine alte Tür gelegt und schleppten sie unter großer Mühe in die Schenke.
    Die Weiber schrien auf und pressten sich ihre Brusttücher vor den Mund; die Männer verzogen das Gesicht. Die Lazarener rissen die Augen vor Entsetzen so weit auf, dass die Becher in ihren Händen zitterten und sie ein wenig von dem Wasser verschütteten.
    «Nun», erklärte der Pater, «kommen wir zu den Nachzehrern. Meine treue Gehilfin Karla hat mich auf den Gedanken gebracht. Kommt her, meine Lieben, seht Euch die Sau genau an.»
    Die Leute blieben auf ihren Plätzen hocken, als wären sie dort angenagelt. Doch die Knechte hievten die Sau an jedem Einzelnen vorbei. Else würgte, die Gertie presste eine Faust vor ihren Mund, der Hettrich wurde grün im Gesicht und der Glenbauer verdrehte die Augen, als
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher