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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond
Autoren: Ines Thorn
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Leberecht besuchen, das ist ihm vielleicht ein Trost. Er war nicht immer nur ein schlechter Kerl.» Karla lächelte. «Nun hat sie endlich einen Mann gefunden, der sich für sie interessiert, und nun muss dieser im Verlies hocken. Gott allein weiß, welches Urteil der Landgraf über ihn sprechen wird.»
    «Wir werden sehen», erwiderte der schwarze Jo. «Aber selbst wenn er zum Galgen verurteilt wird, ändert sich Elses Leben. Sie hat die Liebe erlebt. Wenn auch nur kurz. Und die Liebe ändert alles.»
    Er beugte sich zu Karla hinunter und gab ihr einen Kuss.
    Pater Fürchtegott schaute schamhaft zur Seite.
    «Ich gehe jetzt. Mein Weg ist noch weit.»
    «Werdet Ihr uns vermissen, Pater, wenn Ihr wieder in Eurem Kloster seid?»
    Fürchtegott legte eine Hand auf Karlas Schulter. «Oh, ja, das werde ich. Durch dich, meine Liebe, habe ich die Menschen lieben gelernt. Auch wenn nicht alle gleichermaßen liebenswert sind. Das Leben verbiegt sie. Und sie müssen alle Kräfte aufbieten, um Gott trotzdem nahe zu sein. Im Kloster ist das viel leichter.»
    Er beugte sich zu Karla hinunter und küsste sie auf die Stirn. «Gott segne dich», sagte er. «Und mache dich zu einer guten Müllerin an der Michelsmühle.»
    Dann stieg er auf einen Esel, den die Glenbäuerin ihm geschenkt hatte, und zog an den Zügeln. Als sich das Tier gerade in Bewegung setzen wollte, knarrte die Tür des Pfarrhauses hinter ihnen, und der Dippel erschien auf der obersten Stufe. «Gott mit Euch, Pater Fürchtegott», rief er und winkte.
    Fürchtegott zog an den Zügeln des Esels, doch der ließ sich nicht halten. Er galoppierte los, den Pater wie einen Sack Korn hin und her schüttelnd, sodass dieser nur den Kopf drehen und rufen konnte: «Seid Ihr genesen, Bruder?»
    Der Dippel winkte weiter und rief zurück. «Mir ging es noch nie so gut wie jetzt.»
    Da nahm der schwarze Jo Karlas Gesicht in seine beiden Hände und flüsterte: «Auch mir ging es noch nie so gut wie jetzt.»
    «Und mir erst!», erwiderte Karla und küsste den schwarzen Jo, und es war ihr gleich, dass sie hinter den Fenstern in den Häusern zahlreiche neugierige Augen beobachteten.

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    Nachwort
    Den Ort Alwerode und auch die Michelsmühle gibt es wirklich. Sie liegen in Nordhessen, heißen heute aber anders.
    Die Figuren des Romans haben allerdings nichts mit den Menschen zu tun, die dort leben. Sie sind reine Erfindung.
    An die Nachzehrer, die Untoten, die die Lebenden mit sich ins Grab ziehen und für Angst und Schrecken sorgten, glaubten die Menschen in der damaligen Zeit tatsächlich. Die Unkenntnis darüber, was mit dem menschlichen Körper nach dem Tod geschieht, führte zu allerlei Aberglauben, der mit den Nachzehrern in Verbindung gebracht wurde. Heute lässt sich das, was damals als eindeutiger Beleg für das Vorkommen von Nachzehrern galt, wissenschaftlich erklären.
    Grüne und blaue Lichterscheinungen über Friedhöfen wären womöglich auch heute noch zu sehen, wenn es denn wirklich und wahrhaftig dunkel wäre. Richtig dunkel. Ohne den Lichtschein der nächsten größeren Stadt, ohne die Scheinwerfer vorüberfahrender Autos, ohne Straßenlampen. Die unheimlichen Lichterscheinungen über Friedhöfen entstehen durch Verwesungsvorgänge. Ebenso verhält es sich mit den aufgeblähten Bäuchen der Nachzehrer: Fäulnisgase bilden sich im Inneren der Leichen und blähen diese grotesk auf. Die rote Flüssigkeit in ihren Mündern bezeichnet man heute als Fäulnisflüssigkeit, ebenfalls ein natürlicher Bestandteil des Verwesungsprozesses.
    Der Glaube an «Nachzehrer», «Wiedergänger» oder «Vampire» ist uns aus dem gesamten mittelalterlichen Europa bekannt. Es gibt unzählige Geschichten und Mythen über sie, die sich aus der Furcht vor den obenbeschriebenen Verwesungsprozessen heraus entwickelt haben.

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Über Ines Thorn
    Ines Thorn ist eine der erfolgreichsten Autorinnen historischer Romane. Ihre Gesamtauflage liegt bei 350000 Exemplaren. Schreiben ist ihre Berufung. Ines Thorn ist in Leipzig aufgewachsen und lebt seit 1990 in Frankfurt am Main.

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Über dieses Buch
    Ausgerechnet während der Raunächte, der Zeit der Toten und der Geister, wird Pater Fürchtegott zum Exorzisten berufen. Im Knüllwald sollen Nachzehrer ihr Unwesen treiben. Unterwegs schließt das kluge Mädchen Karla sich ihm an. Sie hat ihren kleinen Weiler verlassen, auf der Flucht vor einer Heirat wider Willen. In Alwerode trifft das
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