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Teufelsmond

Teufelsmond

Titel: Teufelsmond
Autoren: Ines Thorn
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Müllerin dazu führte, dass ihre Felder verdarben und das Vieh einging, so war für sie der Beweis erbracht, dass das Böse aufseiten der Michelsmüller stand.»
    Pater Fürchtegott machte eine kleine Pause und trank einen Schluck Wasser. Dann ließ er seinen Blick wieder von einem zum anderen schweifen. Der Hettrich hielt den Kopf gesenkt, der Wegener schluchzte leise an der Brust seiner Frau. Der Glenbauer straffte die Schultern und ballte die Fäuste, während sein Weib aufstand und sich einen anderen Platz suchte.
    Mit einem Mal waren im Gasthof so viel Hass, so viel unterdrückte Wut und so viel Angst, dass Karla kaum atmen konnte. Sie blickte zum schwarzen Jo, der mit geduckten Schultern auf der Bank saß und die Hand seiner Schwester hielt. Sofie hatte den Kopf an Jos Schulter gelegt und schluchzte leise.
    «Wer waren die Männer, die die Müllerstochter geschändet haben?», fragte der Pater in den Raum hinein.
    Für einen Augenblick herrschte eine tödliche Stille. Nur hastige Atemzüge waren zu vernehmen. Bernadette, Gertie Wegener und die Glenbäuerin saßen wie erstarrt und wagten nicht, sich im Raum umzublicken. Die Männer rutschten auf den Bänken herum. Schließlich sprang der Wegener auf.
    «Ich war dabei», rief er. Gertie fasste nach seiner Hand, wollte ihren Mann zurückziehen auf die Bank, doch der machte sich los, strich seiner Frau sanft über die Wange und sagte leise, aber doch so, dass alle es hören konnten: «Ich kann nicht mehr. Ich halte es einfach nicht mehr aus. Seit dem Tag, an dem die Sofie geschändet wurde, fühle ich mich elend. Das muss ein Ende haben.»
    Gertie schluchzte auf und barg das Gesicht hinter ihren Händen. Der Wegener aber trat vor, trat vor den Pater. «Ich gestehe öffentlich, die Sofie geschändet zu haben.»
    Der Pater nickte und klopfte ihm auf die Schulter. Der Wegener trat zum schwarzen Jo und seiner Schwester. «Bitte», flüsterte er. «Vergebt mir, wenn Ihr könnt.» Dann hob er die Hand, als wolle er dem Säugling über den Kopf streicheln, doch die Sofie schlug die Hand weg. «Fass sie nicht an. Sie gehört mir. Ich dulde nicht, dass einer von Euch sie je berührt.»
    Jetzt stand auch der Hettrich auf. «Ich war auch dabei», erklärte er. «Und auch ich bitte um Vergebung.»
    Bernadette fiel in das Schluchzen der Wegenerin ein.
    Die Glenbäuerin stand auf, stellte sich neben Bernadette, griff nach ihrer Hand und sagte mit fester Stimme: «Der Meine war auch dabei. Und nicht nur dort. Er hat die Sofie geschändet, aber er hat auch Beckmanns Lissi Gewalt angetan. Er hat die Rieke geschwängert und sich an jedem Weib vergriffen, das auf zwei Beinen läuft.»
    Die kleine Gemeinde hielt den Atem an.
    «Du Schlange, du hinterhältige!», schrie der Glen, sprang auf und wollte sich auf sein Weib stürzen, doch seine Knechte waren schon da und hielten ihn fest. Das Glenweib sah ihrem Mann in die Augen. «Ich habe es schon eine ganze Weile vermutet», sagte sie. «Aber erst als ich die Rieke aufgeknüpft bei uns in der Scheune fand, da war ich mir sicher.»
    Sie holte einmal kräftig Luft, dann lächelte sie. «Mir ist nun leichter», erklärte sie. «Es ist, als wäre eine Schuld von meinen Schultern gefallen. Und ich verspreche an dieser Stelle, dass ich alles tun werde, um die Taten meines Mannes zu sühnen.»
    Sie ging zur Sofie und vor ihr in die Knie. «Es tut mir leid, was der Meine Euch angetan hat. Wenn Ihr etwas brauchen solltet, so sagt es mir.»
    Sofie hob den Kopf und blitzte die Glenbäuerin hasserfüllt an. «Wollt Ihr Euch loskaufen von der Schuld?»
    Die Glenbäuerin schüttelte den Kopf. «Nein», sagte sie leise. «Das kann ich nicht. Leid lässt sich nicht in klingende Münzen umwandeln. Ich wollte Euch nur sagen, dass wir Schwestern sind. Auch ich wurde geschändet von ihm. Wieder und wieder.»
    Da sah die Sofie ihr ins Gesicht, sah die Tränen der Glenbäuerin, die ihr wie Herbstregen über die Wangen liefen. Sie streckte ihre Hand aus und strich mit dem Finger über die Wange der Bäuerin. Und die Glenin nahm Sofies Hand und küsste sie, strich dann dem Säugling über den Kopf und setzte sich allein an einen Tisch, der ein wenig abseits stand. Und die Gertie stand auf und setzte sich neben die Glenin, und die Bernadette stand auf und setzte sich neben die Gertie.
    Der Richter aus Ziegenhain meldete sich zu Wort: «Nun, Pater Fürchtegott, Ihr habt mir viel Arbeit abgenommen. Wir werden die Übeltäter in Haft nehmen.» Er wollte den
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