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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer
Autoren: Richard Auer
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Römerkastell hochfahren«, schlug Marius vor, »und Bastian und ich könnten uns ein Lager bauen.« Er deutete auf seinen schwitzenden Vater. »Da gibt es auch Schatten.«
    Morgenstern nickte ergeben.
    Schon röhrte der Landrover im ersten Gang die schmale Straße zum Kastellberg hinauf, zwölf Prozent steil. Auf einem geschotterten Parkplatz stellte Morgenstern den Wagen ab. Die Kinder stürmten mit Angriffsgebrüll auf das Kastellgelände, Morgenstern und Fiona schlenderten den Jungen hinterher zum wieder aufgebauten Nordtor aus hellgelben Kalksteinquadern.
    Das Kastell war von den Römern vor zweitausend Jahren strategisch perfekt an der südlichen Hangkante des Altmühltals angelegt worden. Von hier hatten die Legionäre einen Altmühlübergang im Blick gehabt. Der Limes selbst verlief etwa zehn Kilometer weiter nördlich. Heute war das Kastell ein beliebter Ausflugsort.
    Marius und Bastian hatten bereits die mit Gras bewachsene Böschung auf der Innenseite der Wehrmauer erreicht und rannten auf die Wachstube im Obergeschoss des Tores zu, als das Johlen jäh abbrach.
    Â»Was ist jetzt?«, fragte Fiona besorgt.
    In diesem Moment beugten sich Marius und Bastian über die hölzerne Brüstung des Kastelltors und riefen: »Kommt schnell, das müsst ihr euch ansehen. Da haben welche alles kaputt gemacht!«
    Morgenstern spurtete die rauen Steintreppen nach oben und wäre dabei mit seinen klobigen Cowboystiefeln beinahe auf die Nase gefallen. Immer dieser verdammte Vandalismus, dachte er. Bestimmt war da oben alles zugemüllt und mit Graffitis vollgesprüht.
    Im Kastell gab es zwei Wachstuben. Die erste, die für Besucher jederzeit zugänglich und völlig leer war, durchquerte Morgenstern mit großen Schritten.
    Â»Was gibt’s?«, fragte er atemlos.
    Marius deutete aufgeregt auf die zweite Wachstube, die, in der die Legionäre mit ihrer Ausrüstung ausgestellt waren. Üblicherweise war die Stube durch eine massive eiserne Gittertür gesichert, die mit einem dicken Vorhängeschloss verschlossen war.
    Doch nun stand die Tür weit offen.
    Mit roher Gewalt war das Stahlgitter aus dem Bruchstein-Mauerwerk gestemmt worden. Steinbrocken waren auf der hölzernen Brüstung verstreut. Im Inneren der Wachstube lagen die lebensgroßen Legionärsfiguren auf dem Boden. Nackt, wenn man das in diesem Fall sagen konnte.
    Fast die ganze Ausrüstung fehlte. Die Helme. Die Schwerter. Die Kettenhemden, die leinenen Tunikas. Nur die Ledersandalen hatten sie noch an den Füßen. Und in einer Ecke lagen zwei Lanzen.
    Â»So eine Gemeinheit«, sagte Marius.
    Â»Voll fies«, stimmte Bastian zu.
    Â»Die Kerle kriegen wir schon«, knurrte Morgenstern und fingerte nach seinem Handy.
    In der Polizeiinspektion Eichstätt hatte vor den Morgensterns noch niemand Bescheid gegeben, obwohl der Einbruch sicherlich nicht am helllichten Tag, sondern bereits in der Nacht zuvor geschehen war. Es war völlig undenkbar, dass ein Einbrecher mit einer Brechstange das Risiko auf sich genommen hatte, vom nächstbesten Ausflügler auf frischer Tat ertappt zu werden, auch wenn das Pfünzer Kastell etwas abgelegen war. Außerdem musste der Täter, vielleicht waren es auch mehrere gewesen, seine schwere und unhandliche Beute über das halbe Kastellgelände zum Besucherparkplatz getragen haben.
    Morgensterns Blick wanderte über das abgeerntete Stoppelfeld, das sich vor dem Kastell ausbreitete. Seit dem Einbruch hatten bestimmt ein paar Dutzend Touristen das Kastell besucht, mit Sicherheit auch die aufgebrochene Wachstube entdeckt und dennoch nichts unternommen.
    Â»Weißt du, an was mich das erinnert?« Marius deutete auf die ausgeplünderten nackten Legionärspuppen.
    Â»Keine Ahnung.«
    Â»An einen Germanenüberfall. So ist das damals auch gewesen, als die Germanen das Kastell hier gestürmt haben. Das haben wir in der Schule gelernt. Die Germanen haben die Römer völlig überrascht.«
    Die Kollegen von der Polizeiinspektion fuhren vor. Morgenstern kannte sie beide: den dicken, gemütlichen Ludwig Nieberle und den schnauzbärtigen Fritz Sandner. Auch sie betrachteten kopfschüttelnd die leer geräumte Wachstube.
    Â»Was die Leute alles brauchen können!«, sagte Nieberle zu Morgenstern und begann, Fotos vom Chaos in der steinernen Wachstube zu schießen. Am Ende packten die Beamten die
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