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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer
Autoren: Richard Auer
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diesen »dummen Ideen« selbst gemeint zu sein. Warum sonst grinste Fiona so?
    Zwar war er persönlich durchaus in der Lage, einen sonnigen Sonntagnachmittag auf dem Sofa zu verdösen – immer vorausgesetzt, er hatte seine Lieben um sich –, doch das war ganz gewiss kein konstruktiver Vorschlag zur Freizeitgestaltung.
    Â»Wir könnten Rad fahren«, schlug Fiona vor. »Altmühlabwärts bis Pfünz.«
    Â»Weiß nicht«, brummte Morgenstern. »Ist es nicht viel zu heiß zum Radfahren?«
    Â»Dann schlag du was vor.« Fiona wedelte erwartungsvoll mit ihrem Geschirrtuch.
    Morgenstern überlegte. Hatte er nicht am Tag zuvor im »Eichstätter Kurier« die Ankündigung des Kipfenberger Volksfestes gelesen? Wenn er sich recht erinnerte, galt der Sonntagnachmittag als Höhepunkt. Dann sollten verschiedene historische Gruppen auf dem Marktplatz der Gemeinde auftreten, Römer und Germanen. Das könnte doch etwas sein für seine kleinen Hobbylegionäre.
    Er fand die Zeitung nach einigem Suchen auf der Toilette, blieb der Einfachheit halber gleich da und blätterte nach. Tatsächlich: Das »Limesfest« war schon seit Freitag in vollem Gange, und in einer knappen Stunde sollte der Aufmarsch der Gruppen beginnen, einschließlich einer knackig braun gebrannten »Limeskönigin« mit kastanienfarbenem langem Haar, von der ein zweispaltiges Foto abgedruckt war. Die junge Frau hatte ein künstlich wirkendes strahlendes Lächeln aufgesetzt und den Oberkörper seitlich gedreht, um ihre Kurven eindrucksvoll zur Geltung zu bringen. Neben ihr stand eine mit Blumen geschmückte Amphore, die antik wirken sollte, aber eher nach OBI -Gartenabteilung aussah. Die Limeskönigin wirkte in ihrem blauen, mit Goldborte eingefassten Kleid und in Ledersandalen, die Morgenstern als »Jesuslatschen« kannte, als wollte sie gleich das olympische Feuer entzünden.
    Â»Heißer Feger!«, sagte Morgenstern.
    Â»Wie bitte?«, fragte Fiona, die in dem Moment den Flur entlangging.
    Â»Ach nichts.« Morgenstern klappte hastig die Zeitung zu.
    Fiona zeigte sich wenig begeistert von Morgensterns Vorschlag. Die Limeskönigin, deren Bild sie eingehend gemustert hatte, bezeichnete sie trotz Morgensterns vorsichtigem Widerspruch als »aufgebrezeltes Landei«. Außerdem murrte sie etwas von »ewigem blödem Rumgestehe in der prallen Sonne«. Marius und Bastian jedoch stimmten im spontan einberufenen Familienrat johlend für das Limesfest, packten ihre Waffen zusammen, und schon saßen die Morgensterns in ihrem uralten roten Landrover und röhrten altmühlabwärts ins rund fünfundzwanzig Kilometer entfernte Kipfenberg.
    Auf dem Rücksitz quasselten Marius und Bastian über römische Legionäre und ihre Ausrüstung. Seit Monaten verschlangen sie mit größtem Eifer alles, was ihnen über die Römer in die Hände fiel. Längst hatten sie sämtliche Kinderbücher zu dem Thema in der Eichstätter Bücherei ausgeliehen, und schon oft hatten sie im Museum für Ur- und Frühgeschichte auf der Willibaldsburg die Funde aus der Römerzeit unter die Lupe genommen. Ehrensache, dass sie auch dem teilweise rekonstruierten Kastell von Pfünz, etwa sieben Kilometer von Eichstätt entfernt, hie und da einen Besuch abstatteten. Das Nordtor, ein Stück Mauer und ein Eckturm waren hier wieder aufgebaut, sogar eine Wachstube war im Torgebäude eingerichtet worden. Darin saßen zwei als Legionäre ausstaffierte Schaufensterpuppen, stilecht mit Kettenhemd und Ledersandalen, und polierten ihre Schwerter.
    Mike Morgenstern, Oberkommissar bei der Kripo Ingolstadt, konnte sich für derlei Details nicht ansatzweise so begeistern wie seine Kinder. Zum Glück hatte er Fiona, die bei gelegentlichen Museumsausflügen die Leitung übernahm, während er selbst sich mit kaum zu unterdrückendem Gähnzwang von Sitzgelegenheit zu Sitzgelegenheit schleppte.
    Von Eichstätt aus gab es zwei Möglichkeiten, nach Kipfenberg zu fahren. Die eine, etwas längere, führte durchs Altmühltal mit seinen weiten Schleifen und seinen Dörfern, über Pfünz, Walting, Gungolding, Arnsberg und Böhming. Der schnellere Weg, den Morgenstern nun wählte, querte die Jurahochfläche mit ihren riesigen Waldgebieten, in die inselartig karge, steinige Äcker und Wiesen eingebettet waren. Kurz bevor man Enkering
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