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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer
Autoren: Richard Auer
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Männer- WC nahmen sie im Laufschritt. An einem der vier Urinale stand ein rotgesichtiger hünenhafter Germane mit Schaffell und Wikingerhelm und erleichterte sich in einer breitbeinigen Selbstverständlichkeit, die Wotan wohl gefallen würde.
    Â»Servus«, dröhnte er, als Morgenstern und Bastian in eine der WC -Kabinen drängten. Sie hatten die Tür kaum verschlossen, da erbrach Bastian einen grünlichen Schwall ins Becken.
    Â»Das kommt von den vielen Süßigkeiten und dem blöden Karussell«, schimpfte Morgenstern. »Das hält kein Pferd aus.«
    Bastian nickte, bleich und mit Tränen in den Augen. »Ich glaube, jetzt geht’s wieder«, flüsterte er.
    Morgenstern rollte Toilettenpapier ab und wischte seinem Sohn sorgfältig den Mund ab. »Geschafft. Jetzt wird alles wieder gut.« Es tat ihm leid, dass er eben so ruppig zu seinem Jüngsten gewesen war. »Gehen wir?«
    Â»Moment noch, Papa.« Bastian schüttelte matt den Kopf, als hinter der Tür ein Rumpeln zu vernehmen war, weil ein weiterer Besucher die verzinkte Eisentreppe hinauftrampelte.
    Â»Servus«, dröhnte die Stimme des Hobby-Germanen erneut.
    Â»Hallo«, gab der andere zurück.
    Für eine Weile war nichts zu hören als ein gleichmäßiges, leises Plätschern und ein ebenso gleichmäßiges, schweres Atmen.
    Dann folgte mit einem Mal ein dumpfer, blecherner Schlag, der sich anhörte, als würde ein Emailleeimer hart auf einem Fliesenboden abgestellt.
    Bastian sah seinen Vater fragend an.
    Â»Sag mal, spinnst du?«, schrie jemand. Der »Servus«-Germane war’s nicht, denn der meldete sich umgehend mit drohender Stimme:
    Â»Und jetzt pass gut auf, Bürscherl. Wenn du dich noch ein Mal, noch ein einziges Mal an der Barbie zu schaffen machst …« –Morgenstern konnte sich gut vorstellen, wie sich der Germane den anderen gerade zur Brust nahm und ihn schüttelte – »… wenn du der Barbie noch ein Mal schöne Augen machst oder sie auch nur eine Sekunde zu lange anschaust …« – man konnte sogar hinter der Tür hören, wie der germanische Hüne tief durchatmete – »… wenn du dich auch nur in ihre Nähe begibst, wenn ich erfahre, dass du ihr eine SMS schickst oder mit ihr auf Facebook chattest …«
    Â»Was ist dann, Werner?«, fragte die erste Stimme eingeschüchtert zurück.
    Â»Papa, willst du nichts machen?«, fragte Bastian fast lautlos.
    Â»Die kommen schon allein klar«, antwortete Morgenstern. »Ich muss hier schließlich auf dich aufpassen.« Wie zur Bestätigung begann Bastian erneut zu würgen und übergab sich ein zweites Mal. Vor der Tür ertönte zum zweiten Mal ein kurzes, blechernes Scheppern.
    Â»Jetzt hab ich Nasenbluten«, wimmerte die Stimme.
    Â»Dann geh doch zu deiner Mami«, spottete der Germane.
    Seltsam klappernde Schritte waren zu hören, die sich entfernten. Danach trampelte auch der hünenhafte Schaffellträger die Metalltreppe hinunter.
    Â»Ich glaub, jetzt hast du’s überstanden«, sagte Morgenstern. »Und die da draußen hatten Glück, dass ich gerade anderweitig beschäftigt war. Ich glaube es einfach nicht, eine Schlägerei auf dem Klo. Am helllichten Nachmittag.« Er richtete sich in ganzer Größe auf, dann öffnete er vorsichtig die WC -Tür. Die beiden Kontrahenten waren wie erwartet verschwunden.
    Â»Schau mal, Papa, da ist Blut.«
    Bastian hatte recht: An der Wand, in Erwachsenenkopfhöhe, leuchtete unübersehbar ein roter, schlieriger Fleck, der an den weißen Kunststoffkacheln, mit denen der Klocontainer verkleidet war, langsam nach unten lief.
    Â»Siehst du, jetzt hast du doch noch Blut gesehen«, sagte Morgenstern und legte seinem Sohn die Hand auf die Schultern.
    Später, als die Morgensterns in ihrem überhitzten Landrover nach Hause rollten und zum einundzwanzigsten Mal die  CD »Kasperl und der Germknödel« hörten, wartete die nächste Herausforderung auf Morgenstern. Sie näherten sich Pfünz, dem alten Römerort, und seine Jungs steckten schon wieder voller Tatendrang. Er selbst wäre gerne nach Hause gefahren, hätte endlich seine Jacke an den Haken gehängt und den Tag gemütlich auf dem kleinen Balkon ausklingen lassen. Seine Söhne hatten andere Pläne.
    Â»Wir könnten doch noch zum Pfünzer
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