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Teufelsmauer

Teufelsmauer

Titel: Teufelsmauer
Autoren: Richard Auer
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vor: »Da haben wir ja leider was verpasst:
    Kipfenberg ( EK ) Beim traditionellen Treffen verschiedener Festköniginnen auf dem Kipfenberger Limesfest kam es gestern Abend zu einem handfesten Streit zwischen mehreren gekrönten Häuptern. Unmittelbar nach dem Auftritt der einundzwanzig Königinnen, die aus ganz Bayern und darüber hinaus in die Marktgemeinde gereist waren, gerieten auf dem Festgelände die Limeskönigin und zwei Kolleginnen in einen lautstarken Disput. Der Streit, der von zahlreichen Schaulustigen verfolgt wurde, eskalierte und mündete in eine Schlägerei. Erst den Wachleuten einer privaten Sicherheitsfirma gelang es, die drei erhitzten Damen zu trennen. Dem Vernehmen nach handelte es sich bei den anderen Hoheiten um eine Krautkönigin und die bayerische Kartoffelkönigin. Wie die Polizeiinspektion Beilngries gestern Abend auf Anfrage erklärte, erlitten alle drei kleinere Kratz- und Schürfwunden, die vom Roten Kreuz ambulant versorgt wurden (Bericht folgt).«
    Offensichtlich war es der Zeitung gelungen, die Montagsausgabe noch kurz vor Druck zu aktualisieren, um der Leserschaft die brandheiße Nachricht zum Frühstück servieren zu können.
    Â»Schade«, sagte Morgenstern. »Ich hätte gerne gesehen, wie die aufeinander losgehen.«
    Â»Zicken«, war Fionas einziger Kommentar.
    Â»Super!«, stellte Marius fest. »Schon wieder Blut!«
    Â»Was bedeutet ›eskalierte‹?«, fragte Bastian.
    Â»Ich muss los.« Morgenstern stand auf, gab seinen beiden widerstrebenden Kindern je einen Kuss auf die Backe. »Brav bleiben, Buben!«, sagte er, und für einen Moment überkam ihn Wehmut. Es war zum ersten Mal, dass beide Kinder gemeinsam gleich für mehrere Tage nicht da waren. Hoffentlich waren sie im Zeltlager in guten Händen. Die Betreuerinnen und Betreuer hatten bei einem Vorbereitungstreffen einen guten Eindruck auf die Morgensterns gemacht. Aber ganz sicher sein konnte man sich nie. »Verdammt, ich bin nicht gut im Loslassen«, flüsterte er Fiona zu.
    Er schaute auf die Uhr. Höchste Zeit. Sein Zug zum Polizeipräsidium in Ingolstadt ging in zehn Minuten am Eichstätter Stadtbahnhof ab.
    In der Tür blieb er noch einmal stehen und wandte sich an Bastian. »Eskalieren heißt, wenn ein Streit oder ein Kampf immer heftiger wird. Ein Wort gibt das andere, und am Ende muss der Notarzt kommen.«
    Â»Oder die Polizei?«, wollte Bastian wissen.
    Morgenstern nickte. »Oder die Polizei.«
    Eine Stunde später trat Morgenstern seinen Dienst im kühlen Backsteingebäude des Polizeipräsidiums Oberbayern-Nord am Nordrand der Ingolstädter Altstadt an. Auf dem Weg vom Nordbahnhof zur Dienststelle war er nur wenigen Menschen begegnet. Urlaubszeit. Und auch für ihn gab es voraussichtlich wenig zu tun in diesen Tagen. Es schien, als würden selbst die Kriminellen der Region eine Sommerpause einlegen.
    Die gehen lieber baden als auf krumme Touren, dachte Morgenstern, als er in seinem Büro gelangweilt den Morgenkaffee trank. Immerhin: Es war gut für die Statistik. Außerdem war sein Schreibtisch übersät mit irrelevanten Unterlagen längst abgeschlossener Fälle. Er musste den Kram dringend sortieren, lochen, abheften, schreddern, makulieren, in der Luft zerreißen, zu Papierfliegern verarbeiten, in der Sondermüllverbrennungsanlage in Baar-Ebenhausen abfackeln … Erst neulich hatte sich sein gestrenger Vorgesetzter, Polizeidirektor Adam Schneidt, über das Chaos mokiert und Besserung angemahnt. »Und gießen Sie mal Ihre Pflanze. Das ist ja ein Trauerspiel.«
    Morgenstern blickte versonnen auf den halb verdorrten Ficus Benjamina, der auf dem Fensterbrett dahinsiechte. Vielleicht sollte er besser auf Kakteen umsteigen.
    Er hätte Urlaub nehmen sollen, so wie viele seiner Kollegen. Dann hätte er Fiona beim Wohnungsentrümpeln in Nürnberg helfen können. Sie hatte keine große Lust auf die Arbeit, hatte sie ihm gestern Abend noch gestanden. »Aber vielleicht kann ich mich mit ein paar alten Freunden treffen.«
    Â»Welche alten Freunde?«, hatte Morgenstern misstrauisch gefragt, aber keine Antwort erhalten. Es gab in Fionas Vergangenheit ein Kapitel, das grundsätzlich nicht zur Diskussion stand. Den Kern dieses blinden Flecks in ihrer Biografie bildete ein angeknittertes Foto, das Fiona in einer Kommode aufbewahrte und das sie lachend auf
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