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Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall

Titel: Teufelskanzel - Kaltenbachs erster Fall
Autoren: Gmeiner-Verlag
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fuhr erneut wild mit dem Dolch um sich. Dieses Mal passte Kaltenbach besser auf. Es gelang ihm, dem Stoß auszuweichen und den Arm zu fassen. Sofort drehte er ihn mit aller Kraft hinter den Rücken. Jetzt war es Blaschke, der vor Schmerzen aufstöhnte.
    Die Sonne war inzwischen nicht mehr zu sehen. Das Gold der Abschiedsstrahlen verfärbte sich orange, die Wolken über ihnen überzogen sich mit zartem Rot, das mit jeder Sekunde dunkler und kräftiger wurde. Kaltenbach mobilisierte die allerletzten Reserven. Er spürte, wie seine Kräfte erlahmten. Mit einem verzweifelten Ruck riss er den Arm hoch. Blaschke stieß einen Schrei aus und ließ den Dolch fallen, der irgendwo zwischen den Kämpfenden zur Erde fiel.
    »Es ist vorbei! Geben Sie auf!«, stieß Kaltenbach keuchend hervor. Doch im selben Moment bückte sich Blaschke nach vorn und stieß gleichzeitig mit dem Fuß an Kaltenbachs blutendes Bein. Erneut überschwemmte ihn ein heftiger Schmerz. Der Druide nutzte diese Schwäche, um sich aus dem Klammergriff zu lösen. Er wirbelte herum und stand ihm nun mit vorgebeugten Schultern und kampfbereit gegenüber. Aus seinen Augen funkelte der Wahn.
    »Sie!«, stieß er zischend hervor, als er Kaltenbach erkannte. »Sie haben mir alles zerstört! Die große Beschwörung ist zunichte gemacht.« Langsam kam er auf Kaltenbach zu. »Aber niemand kann Balor aufhalten!«
    Kaltenbach wagte einen letzten Versuch. Er warf den Kopf nach hinten und sah dem Druiden direkt in die Augen.
    »Balor. Dass ich nicht lache. Der falsche Doktor Gerstner vielleicht?«
    Sein Gegenüber stieß ein dumpfes Stöhnen aus.
    »Oder sollte ich vielmehr Frank Blaschke sagen?«
    Der große, weiß gekleidete Mann erstarrte mitten in der Bewegung. Seine Haare hingen ihm wild in die Stirn, das Geweih war längst heruntergefallen. Wie in Zeitlupe hob er seine beiden Hände an die Schläfen, als ob er sich gegen einen übermächtigen Dämon schützen müsse.
    »Das … ist … « Mühsam entrang er seiner Kehle ein paar unverständliche Worte. Dann hob er den Kopf. »Niemals wieder wird mich ein Sterblicher mit diesem Namen nennen. Niemals wieder!«
    Wild brüllend stürzte er auf Kaltenbach zu. Mit einem kleinen Schritt wich er dem Angreifenden aus und hieb ihm gleichzeitig heftig in die Seite. Von der Wucht seines eigenen Angriffs wurde Blaschke umgerissen. Er trat ins Leere, wankte und glitt am Rande des Felsgrates ab. In allerletzter Sekunde krallten sich seine Finger in die freiliegende Wurzel einer kleinen zerzausten Fichte, die an dieser Stelle seit Jahren um ihr Überleben kämpfte.
    Kaltenbach trat von oben an die Kante. Der Mann versuchte vergebens, mit den Füßen an den glatten eisigen Felsen Halt zu finden. Hilflos baumelte sein Körper über der Tiefe. Unter ihm fiel der Fels mindestens 20 Meter tief ab. Sein Schicksal lag in Kaltenbachs Händen.
    In diesem Moment hörte Kaltenbach eine verlockende Stimme: »Er hat den Tod verdient. Er ist ein Mörder, ein Betrüger, ein Dieb.« In seinem Innern kämpfte es.
    Plötzlich hörte er ein Wimmern und kam zu sich. Der Himmel im Westen hatte sich inzwischen blutrot gefärbt. Der Vollmond schob sich im Osten bleich hinter den Wolken hervor. Breite, funkelnde Streifen durchzogen den Abendhimmel. Weit hinter ihm auf dem Berg brannte das Kreuz. Kaltenbach sah, wie Luise den Kopf gedreht hatte und zu ihm hersah. Er kniete sich nieder und streckte die Hand nach unten.
    »Kommen Sie, ich helfe Ihnen.«
    Der Druide sah nach oben. In seinen Augen spiegelten sich Überraschung und Misstrauen.
    »Sie können mir nicht helfen!«, stieß er hervor.
    »Doch, Blaschke. Andere werden Ihnen helfen. Es gibt Möglichkeiten … «
    »Nein, nein!«, schrie er. »Nie wieder. Ich bin Balor!« Er riss den Kopf nach oben. Für einen kurzen Augenblick sah Kaltenbach sein Gesicht weich werden, sah einen Menschen, den er noch nie gesehen hatte.
    »Ich werde frei sein«, lächelte er. »Frei!«
    Im selben Moment ließ er die Baumwurzel los. Die weiße Gestalt verschwand im Dunkel der Nacht.

Epilog
     
    Das zarte Weiß der Blütenblätter schimmerte hell im Licht der Märzsonne. In den Bäumen zwitscherten die Vögel. Die Luft war erfüllt vom Summen unzähliger Insekten.
    Luise legte die langstielige Lilie auf die angehäufte Erde. Kaltenbach stand schweigend daneben. Er spürte, dass dieser Moment ihr ganz allein gehörte. Nicht nur Peter hatte seinen Frieden gefunden.
    Luise hielt eine Weile den Kopf gesenkt. Dann wandte sie
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