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Terra Science Fiction

Terra Science Fiction

Titel: Terra Science Fiction
Autoren: Schelwokat
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diese Höhle zu verlassen. Doch als er zurückkehren wollte, fand er den Zugang versperrt.
    Das war am ersten Tag. Es folgten neunundzwanzig Tage qualvoller Ungewißheit und banger Zweifel.
    Die Höhle der Nacht.
    Ich wünschte, ich hätte dieses Wort geprägt.
    Es war das Etikett, das Symbol für alles, was sich nun ereignete. Es war das erste Wort, das einem in die Augen sprang, wenn man die Zeitung aufschlug. Es war das erste Wort, das jeder gebrauchte, wenn er darüber sprach. Es schloß alles ein – die ausweglose Tragik des Ereignisses, die Angst, die Zweifel, die Hoffnung.
     
    Möglich, daß der Fall Floyd Collins hier hineinspielte. Die Zeitungen durchsuchten ihre alten Archive nach jener alten fast vergessenen Tragödie und stellten Vergleiche an. Und dann fiel ihnen noch dieses kleine Mädchen ein – Kathrin Fiscal, ja, so hieß es –, das sich in dem alten Kanalisationsrohr festgeklemmt hatte, und noch einige andere Geschichten dieser Art.
    Ab und zu geschieht es – eine Reihe von Ereignissen, die in ihrem zufälligen Ablauf so dramatisch sind, daß die Menschen darüber ihren Haß und ihre Furcht, ihre Hemmungen und ihre Unzulänglichkeiten vergessen und plötzlich erkennen, daß sie im Grunde doch alle Brüder sind.
    Die wesentlichen Voraussetzungen eines solchen Ereignisses sind folgende: Ein Mensch muß sich in außergewöhnlicher Gefahr befinden. Die Gefahr muß von Dauer sein. Es muß Beweise dafür geben, daß er noch am Leben ist. Rettungsversuche müssen unternommen werden. Und es muß in allen Zeitungen stehen.
    Möglicherweise könnte man ein solches Ereignis künstlich konstruieren, aber sollte die Welt jemals den Betrug entdecken, sie würde ihn wohl nie verzeihen.
    Wie so viel andere habe auch ich versucht, herauszufinden, was eine zänkische, mißgünstige und seelisch verhärtete Gruppe von Eigenbrötlern und Egoisten – was sind wir Menschen anderes? – plötzlich das menschlichste und seltenste aller Gefühle – Mitgefühl – empfinden läßt. Und wie jene anderen bin auch ich zu keinem Ergebnis gekommen. Urplötzlich bedeutet ein völlig Fremder uns mehr als alle Bequemlichkeit, überschattet sein Unglück alle unsere eigenen kleinen Sorgen. In jedem wachen Augenblick beten wir: Halt aus, Floyd – Kopf hoch, Kathrin – halt aus, Stan!
    Wir begegnen uns auf der Straße – wir, die wir uns sonst nicht einmal zugenickt haben würden –, und wir fragen einander: Werden sie es schaffen?
    Ob Pessimist oder Optimist – wir hoffen es. Wir alle hoffen es.
    In gewissem Sinn lag dieser Fall hier anders. Er hatte das Risiko gekannt und es akzeptiert. Er hatte es akzeptiert, weil es keinen anderen Weg gab, das, was getan werden mußte, zu tun. Und mit diesem Wissen war er in die Höhle der Nacht eingedrungen. Er hatte den größten Triumph erfahren, den je ein Mensch kannte. Doch das neidische Schicksal versperrte ihm nun den Weg zurück.
    Die Nachricht hiervon kam buchstäblich aus dem Nichts und überraschte eine nichtsahnende Welt. Der erste, der sie hörte, war wohl ein Amateurfunker in Davenport, Iowa. An einem stickig-heißen Junitag fing er das erste Notsignal auf.
    Der verstümmelte Hilferuf, so berichtete er später, schien allmählich anzuschwellen, eine gewisse äußerste Lautstärke zu erreichen, um dann wieder langsam abzuklingen.
    »… und Treibstofftanks leer … pfänger kaputt … spreche im Klartext, damit mich jeder hören kann und … keine Möglichkeit zur Rückkehr …«
    Ein unbedeutender Anfang.
    Die nächste Sendung wurde von der Funkwache einer Militärstation in Fairbanks, Alaska, abgehört. Das war am frühen Morgen. Eine halbe Stunde später hörte ein Arbeiter, der gerade von der Nachtschicht gekommen war, auf der Kurzwelle seines Radioapparats den dritten Hilferuf. Er rannte zum Telefon.
    An diesem Morgen erfuhr es die ganze Welt. Eine Welle der Erregung und Anteilnahme lief über unseren Globus. In einer Kreisbahn – 1075 Meilen über unseren Köpfen – befand sich ein Mensch, ein Offizier der Luftwaffe der Vereinigten Staaten – in einem Raumschiff ohne Treibstoff.
     
    Schon das Raumschiff für sich allein hätte genügt, die Aufmerksamkeit der gesamten Welt zu erregen. Das Schiff war eine Großtat menschlichen Erfindungsgeists – vielleicht gewichtiger und monumentaler als alles, was der Mensch jemals geschaffen hatte. Und diese Tat bedeutete nichts anderes als die endgültige Befreiung von der Tyrannei der Erde, dieser eifersüchtigen Mutter, die
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