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Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Pablo Picasso - die Lebensgeschichte

Titel: Pablo Picasso - die Lebensgeschichte
Autoren: Dagmar Feghelm
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Prinz Pablo
    Málaga im Jahr 1886: jeden Morgen das gleiche Schauspiel!
    N ur mit größter Mühe gelingt es dem Dienstmädchen der Familie des Malers José Ruiz Blasco, den kleinen Pablo aus der Haustür zu bugsieren und Richtung Schule zu zerren. Mutter, Großmutter und Tanten blicken ihrem schreienden Liebling besorgt hinterher. Wird man Pablito heute schimpfen, weil er ständig in seinen Heften herummalt? Wird er wieder ausgelacht, weil er mitten im Unterricht ans Fenster geht und den Leuten auf der Straße zuwinkt? Und vor allem: quält man den armen Jungen heute wieder mit dem grässlichen Rechnen, wo er doch nicht davon abzubringen ist, in den Zahlen immer nur irgendwelche Formen und Figuren zu sehen? Die 7 ist für ihn eine umgekehrte Nase, die 0 das Auge einer Taube – und schwups, statt einer ordentlichen Rechenaufgabe mit Plus und Minus prangt da ein neues Bildchen auf dem Blatt…
    Nun, das war zu erwarten bei einem Kind, dessen erstes Wort nicht etwa »Mama«, sondern »piz, piz« war – für »lápiz«, Bleistift, der sein liebstes Spielzeug ist. Wie schnell der Kleine raushatte, dass er für seine schwungvoll hingezeichneten Spiralen Lob und
einen Gebäckkringel einheimsen konnte! Nicht, dass man für dieses Talent bei ihm daheim kein Verständnis hätte – Pablos Vater ist schließlich Künstler. Als Zeichenlehrer an der Kunstschule der kleinen Stadt am Mittelmeer fristet er ein bescheidenes Dasein. Mit seinen Taubenbildern aber hat er sich einen Namen gemacht. Wer in Málaga auf sich hält, hat einen von Ruiz feinsäuberlich gemalten, goldgerahmten Taubenschlag im Esszimmer. Für sich ist der Vater mit dem bisschen Ruhm ganz zufrieden. Als Spross einer altehrwürdigen, leider verarmten Familie und ehemaliger Lebemann von elegantem Aussehen sieht er sein Glück nicht in Geld und Karriere. Sein Sohn aber gibt Anlass zu den schönsten Hoffnungen. Welch ein Talent! Aus ihm soll etwas werden. Zum Beispiel Porträtmaler oder gar Professor der Kunstakademie. Unter Anleitung von Papa muss sich der Junge nicht mit Kindergekrakel aufhalten. Stellt er sich nicht erfreulich geschickt an beim Abmalen von Vaters Bildern? Schon im zarten Alter von fünf Jahren hat er verstanden, dass er beim Zeichnen einer Taube von ihren geometrischen Grundformen ausgehen muss.Wenn er doch an der Kunstschule mehr so gelehrige Schüler hätte! Wenn Pablo doch in allem so eifrig und geschickt wäre wie beim Zeichnen!
    Auch die Frauen des Hauses sehen in Pablo ein wahres Wunderkind. Schon seine Geburt war ein Wunder! Damals, in der Nacht des 25. Oktober 1881, hielt man ihn zunächst für tot. Maßlose Verzweiflung! Als Onkel Salvador ihm als letzten Belebungsversuch den Rauch seiner Zigarre fest ins stille Gesichtchen pustet – da brüllt er aber los, der Stammhalter! Um ihn auf seinem Lebensweg recht vielen Heiligen ans Herz zu legen, spart man bei der Taufe nicht mit Vornamen. Weil »Pablo Diego José Francisco de Paulo Juan Nepomuceno María de los Remedios
Crispín Crispiano Santíssima Trinidad Ruiz y Picasso« im Alltag doch etwas sperrig klingt, ruft man ihn Pablo Ruiz. Ein Prinz ist er auch so. Besonders für seine Mutter María Picasso López. Dass ihr Pablo etwas Besonderes ist, steht für sie fest! Schon der Blick des bildhübschen Kleinen – wer kann ihm widerstehen? Mit Sicherheit wird er einen kometenhaften Aufstieg nehmen. Darauf kann man ihn nicht früh genug vorbereiten: »Wenn du Soldat wirst, wird mit Sicherheit ein hoher General aus dir, wenn du Mönch wirst, schaffst du es bis auf den Papstthron. «
    Doch Pablo will nicht General oder Papst werden. Auch nicht Professor. Eher schon Torero! Aber eigentlich will er immer nur malen und zeichnen. Nichts ist vor seinem Stift sicher. Sogar an den antiken Muskelprotz Herkules, dessen Bild im Flur hängt, wagt er sich. Mit acht Jahren malt er sein erstes Ölbild – einen Stierkämpfer. Das Betüddeln der Frauen um ihn herum lässt sich der Wunderknabe gern gefallen, ansonsten lebt er ungestört in seiner eigenen Welt. Die kam bisher nur einmal ins Wanken. Als er drei Jahre alt ist, zwingt ein Erdbeben die Familie zur überstürzten Flucht. Drei Tage später hat er eine Schwester. Ist das nicht seltsam? Für Pablo gehören Naturkatastrophe und Geburt als geheimnisvolle göttliche Machtzeichen nun zusammen. Und nichts Geringeres als dieses Erdbeben läutet auch das wahrhaft erschütternde Ende seines Weltbilds ein. Seine Prinzenrolle als einziges Hätschelkind der
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