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Teranesia

Titel: Teranesia
Autoren: Greg Egan
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eigene Schwester vergewaltige.
    Doch diese Sorge war offenbar unbegründet. Falls die Fischer auf die gleiche Weise wie er betroffen gewesen waren, hatte der abergläubische Mob sie vermutlich wegen ihrer Entstellungen gejagt, worauf sie nur versucht hatten, sich zu wehren. Was mit Grant geschehen war, war einfach nur geschehen; er hatte keine Lust mehr, über die Bedeutung nachzugrübeln.
    Er legte sich zwischen die Treibstoffkanister und beobachtete, wie das blaue Wasser ringsum in der Morgensonne funkelte.
    Kurz vor acht Uhr warf Madhusree ihm ein Plastikröhrchen mit einem klaren, öligen Präparat zu, das noch warm von der Maschine war. Die Syntheseeinheit hatte das Röhrchen auf Anweisung verschweißt. Als Prabir es in die Halterung der Spritze legte, wurden die Kontaktflächen mit einem Laserblitz sterilisiert, dann wurde das Röhrchen an beiden Enden angestochen und der Inhalt in seine Vene gepresst.
    Er nahm sich eine weitere Blutprobe ab. Eine halbe Stunde später hatte Madhusree das Ergebnis: Die Anzahl der Zellen, die das Gen enthielten, hatte sich erhöht, aber das war kaum eine Überraschung, wenn man die deutlich sichtbaren Hinweise in seiner Haut betrachtete. Wenn die Blocker nicht funktionierten, würde sich seine Verfassung nicht mehr verbergen lassen, wenn sie in Yamdena eingetroffen waren. Für den Fall, dass er außer Gefecht gesetzt war, hatte er Madhusree vollen Zugang zu seinen Konten gewährt, damit sie über das Netz genügend Geld auftreiben konnte, falls irgendwelche Leute zu große Bedenken hatten, ihnen eine Mitfahrgelegenheit zu verschaffen.
    Er beobachtete sie, wie sie am Bug des vorderen Dinghis hockte und über das GPS des Notepads ihre Position bestimmte, um sich zu vergewissern, dass der Motor den richtigen Kurs einhielt, während sie den Horizont mit dem Fernglas nach Hinweisen absuchte und alles dreifach absicherte. Er würde nicht zu ihr sagen: Du bist mit dem Mörder deiner Eltern unterwegs. Du rettest ein Leben, das nicht gerettet werden sollte. Er konnte nicht vortäuschen, seine Schande und Feigheit angesichts ihres Wissens zu entwirren, soweit er die Auswirkungen einer derartigen Offenbarung auf sie verstand, aber das musste er auch gar nicht. Er würde sie nicht dieser Heldentat berauben. Er wollte es ihr nicht verderben.
    *
    Die Daten seiner Zehn-Uhr-Probe machten Madhusree Sorgen. »Ein anderer Hautzellenstamm mit anderen Wachstumsfaktoren ist aktiv geworden. Jetzt muss ich neue Blocker herstellen. Und es gibt Spuren von…« Sie sprach nicht weiter.
    »Spuren wovon?«, fragte Prabir. »Ich werde keinen Anfall mehr bekommen, versprochen.« Er raffte sich zu einem müden Scherz auf: »Es hat mich schon an den Eiern gepackt – viel schlimmer kann es also gar nicht kommen.«
    »Spuren von allem«, antwortete Madhusree zögernd. »Jeder Zelltyp deines Körpers, der sich im Blutkreislauf nachweisen lässt, trägt nun zu einem gewissen Anteil das São-Paulo-Gen in sich.«
    »Könnte das vielleicht nur eine Art Streuverlust sein? Wenn das Gen auf einen bestimmten Zelltyp zugeschnitten ist, dürfte es in fast allen anderen Zellen nicht sehr effizient funktionieren, oder?« Er hatte Angst, aber er wollte jetzt nicht mehr in Panik geraten. Er litt unter etwas Krebsartigem. Niemand starb innerhalb eines Tages an Krebs.
    »Ich weiß es nicht.« Madhusrees Zuversicht war zumindest erschüttert. Sie war eine neunzehnjährige Biologiestudentin, und es gab nirgendwo auf der Welt ein Nachschlagewerk, einen erfahrenen Pathologen oder ein Archiv, dem sie hilfreiche Hinweise hätte entnehmen können, was mit ihm vor sich ging. »Ich könnte komplementäre DNS synthetisieren«, sagte sie vorsichtig, »die sich an die Transkriptionen des São-Paulo-Gens anlagert und vielleicht die Expression verhindert.«
    Prabir fasste neuen Mut. »Okay. Versuchen wir’s!«
    »Ich werde sie in Lipide hüllen, ähnlich wie man es in der Gentherapie macht, aber sie wird nicht in jeden Zelltyp eindringen können.«
    »Einige Zellen bekommen eine Dosis ab, andere nicht. Wir können die Entwicklung verfolgen. Was willst du mehr?«
    Madhusree warf ihm einen nervösen Blick zu. »Vielleicht hat es überhaupt keine Wirkung. Manchmal demontieren die Zellen einfach die Oliginukleotide – die kleinen DNS-Stücke –, bevor sie aktiv werden können.«
    Prabir schnaufte unbeeindruckt. »Aber genau das ist ihnen mit dem São-Paulo-Gen nicht gelungen! Ist mit schlimmen Nebenwirkungen zu rechnen?«
    »Wahrscheinlich
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