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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter
Autoren: Dave Luckett
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Gefängnisverwaltung bis zu dem Büro, wo das Sterberegister geführt wurde. Die meisten dieser Institutionen dämmerten im Dornröschenschlaf dahin. Alles, was wirklich von Bedeutung war, wie das Steueramt, das Gericht und der Scharfrichter, residierten im Rathaus.
    Ich fand Silvus in der Wachstube, wo er sich gerade im Aufbruch befand. Missmutig blickte er an seiner Ausrüstung hinab. Sein langes, von Runzeln durchzogenes Gesicht lag in Falten, und er strich sich den Spitzbart.
    Die Garde, größtenteils aus ehemaligen Söldnern bestehend, trug gelb und schwarz gestreifte Beinlinge und Wappenröcke, mit gelben Bändern am rechten Knie und schwarzen am linken. Schwarz und Gelb waren Fürst Nathans Farben. Ihre Brustharnische und Helme waren versilbert und graviert, desgleichen die Metallteile ihrer Hellebarden. Es hieß, dass sie gehalten seien, ihre Fingernägel zu polieren.
    Demgegenüber bestand die Kleidung der Stadtwache aus einem blauen kittelartigen Überrock mit dem aufgestickten Stadtwappen von Tenabra an der Brust. Er wurde gegürtet über dem üblichen Kettenhemd getragen. Silvus, der gern unauffällig ging, fand die Aufmachung unpraktisch, weil das leuchtende Blau schon von weitem die Anwesenheit eines Wachmannes verriet. Darum betrachtete er seinen Wappenrock voll Abneigung.
    Er grunzte, als ich hereinkam. Es war ein Zeichen, dass er mich erkannt hatte, obwohl er mir den Rücken zukehrte und ich nur sein Viertelprofil sah. Natürlich hatte er mich an meinem hinkenden Gang erkannt. Das Grunzen war zugleich eine Frage. Die Sonne war noch nicht untergegangen; was suchte ich hier in der Wachstube?
    Ich sagte es ihm. Silvus legt Wert darauf, dass man ihm sagt, was man gesehen hat, nicht aber, was man darüber denkt. Also schilderte ich die Ankunft der Schwertjungfrau am Brückenzoll, das Pferd und das Gepäck, mit dem es beladen war. Dann schwieg ich.
    Als ich geendet hatte, musterte Silvus mich unter hochgezogenen Brauen. »Eine Schwertjungfrau?«
    »Trug jedenfalls den silbernen Ring, Fähnrich.«
    »Dann wird es wohl so sein. Eine Schwertjungfrau. Das ist schlecht.«
    Drei Scheiben des sechsteiligen Sprossenfensters waren, da heil, nicht mit Brettern vernagelt. Das Licht der Abendsonne fiel schräg herein und in sein Gesicht. Es war nicht schmeichelhaft für ihn. Silvus sah so alt aus, wie er war - fünfundvierzig harte Soldatenjahre. Seine buschigen Brauen zogen sich zusammen, als er darüber nachdachte. Ich konnte seinen Überlegungen folgen, denn ich hatte mir die gleichen auch schon durch den Kopf gehen lassen.
    Eine Schwertjungfrau. Eine Schwester des Ordens der Siegesgöttin. Die Erste, die seit langer Zeit so weit östlich gesehen wurde. Seit die Kobolde ihre Überfälle eingestellt hatten, und das musste sechzig oder mehr Jahre her sein. Was hatte der Orden hier zu suchen, und gerade jetzt?
    »Warum hat die äußere Torwache keine Meldung gemacht?«, fragte Silvus.
    »Wahrscheinlich hat sie nicht gemerkt, mit wem sie es zu tun hatte.«
    »Sie hat Befehl, jede Person zu verhören, die bewaffnet in die Stadt kommt.«
    Ich zuckte die Achseln. Wir wussten beide, dass es der Wache am äußeren Tor unmöglich war, den ein- und ausgehenden Verkehr gründlich zu überwachen, seit zunehmender Wohlstand die Stadtverwaltung veranlasst hatte, die Tordurchfahrt durch Entfernen des Wachhäuschens zu verbreitern.
    Er dachte nach. »Nun ja, wenigstens wird sie sich nicht länger als unbedingt nötig hier aufhalten. Hast du herausgebracht, wohin sie ging?«
    »Ich dachte nicht daran, ihr zu folgen. Sie hätte es falsch verstehen können. Aber ich bin ziemlich sicher, dass sie zu Swecher wollte. Beim Brückentor bog sie rechts ab.«
    »Wahrscheinlich.« Swecher hatte am äußeren Tor immer einen Kundenwerber der besseren Klasse.
    Silvus fand zu einer Entscheidung. »Wo hast du deinen Ausgehrock?«, fragte er und zupfte geringschätzig an seinem blauen Überrock.
    »Gleich hier.« Er lag zusammengerollt in einem kleinen Ablagefach, das ich auch als Aufbewahrungsort für meine Brotwecken benutzte. Ich hoffte, der Überrock sei einigermaßen sauber.
    »Dann zieh ihn an. Wir haben einen offiziellen Besuch zu machen.«
    Um die Stadtwache zu ehren, putzte ich meine Stiefel und polierte den Helm. Für den Kettenpanzer konnte ich nicht viel tun - ich nehme an, man konnte ihn brauchbar nennen -, aber er war größtenteils vom Überrock bedeckt. Den einzigen auffälligen Fleck an diesem bedeckte ich mit meinem
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