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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften
Autoren: Jörg Steinleitner
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Landwirtschaft geht’s grad’ nicht so gut, Herr Müller, das haben Sie ja vielleicht auch schon mitbekommen, zumal es ja auch überhaupts keine Zeugen gibt, die wo die Nötigung bestätigen könnten.«
    Silbertaler nickte Nonnenmacher dankbar zu, doch als hätte der junge Blonde nur darauf gewartet, zog er sein Mobiltelefon aus der Tasche und meinte: »Ich kann alles beweisen. Ich habe alles mit meinem Handy aufgenommen, alles. Das kann ich Ihnen gerne zeigen, Herr Kommissar.«
    Anne sah ganz deutlich, wie ein schuldbewusster Schreck Silbertalers langen Körper durchfuhr. Nonnenmacher ignorierte die Reaktion des Bauern und fragte ruhig: »Soso, dann haben Sie also alles aufm Handy aufgenommen?«
    Â»Ja, das habe ich. Die Beweislage ist also kein Problem. Ich studiere Jura, und mein Vater ist im Übrigen Anwalt, mir ist also durchaus bekannt, wie man eine Beweislage festzurrt.«
    Â»Soso, Sie wissen also, wie man eine Beweislage festzurrt.« Der Dienststellenleiter kratzte sich am Bart. »Und das«, er zeigte auf das Handy, »haben Sie während der Fahrt aufgenommen?«
    Â»Ja, Gott sei Dank«, antwortete der Anwaltssohn. »Sonst würde man ja nicht sehen, wie gefährlich sich Herr Silbertaler im Straßenverkehr benimmt. Immerhin gibt es außer mir ja noch andere Bundesbürger, die hier Urlaub machen.«
    Â»Und Sie saßen am Steuer?«, fragte Nonnenmacher jetzt in einem Tonfall, als hätte er es mit einem Mordverdächtigen zu tun.
    Â»Ja, natürlich«, antwortete sein Gesprächspartner, nun doch leicht verunsichert.
    Â»Tja, dann, Frau Loop«, sagte Nonnenmacher und wandte sich Anne zu, »nehmen Sie jetzt bitte die Personalien von dem jungen Herrn Müller auf und schreiben ihm ein Bußgeld über vierzig Euro aus. Zusätzlich gibt’s auf Handy am Steuer auch noch einen Punkt in Flensburg, glaube ich, das überprüfen’s dann halt noch einmal.«
    Der Sportwagenfahrer, der Bauer und Anne sahen Nonnenmacher ungläubig an. Der Junge in der weißen Kluft reagierte als Erster. »Aber das können Sie doch nicht machen, ich habe das Handy doch nur deshalb verwendet, um den Verstoß von diesem Herrn hier festzuhalten!«
    Â»Warum Sie das gemacht haben, ist bei dem Tatbestand vom Handytelefonieren im Auto wurscht«, entgegnete Nonnenmacher. »Außerdem ist es bei uns am Tegernsee so, dass Verstöße noch immer von der Polizei festgehalten werden und nicht von Cabriofahrern aus norddeutschen Tiefebenen.«
    Der sportliche Hamburger war sprachlos.
    Â»Das finde ich jetzt aber nicht fair«, wandte Anne vorsichtig ein.
    Nonnenmacher lächelte sie an, als hätte er auf diesen Kommentar gewartet, und erwiderte: »Sie meinen, mir könnten da noch ein Auge zudrücken, auch weil der junge Mann vielleicht grad’ im Urlaub ist und es doch schade wär’, wenn er hier mit einem Flensburger Punkt heimfahren tät’?«
    Sie nickte.
    Â»Ja, da haben Sie vielleicht recht«, stimmte der Dienststellenleiter gütig zu. »Dann schlage ich vor, wenn alle Seiten – Sie, Herr Müller, Sie, Herr Silbertaler, und Sie, Frau Kollegin Loop – einverstanden sind, dass der ganze Vorfall einfach unter uns bleibt, ganz unbürokratisch.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, gab er dem jungen Mann zur Verabschiedung sogar noch die Hand und wünschte ihm einen schönen Urlaub und bestes Wetter. Mit Erwin Silbertaler tauschte er sich dagegen noch über den anstehenden Feueralarm der Tegernseer Freiwilligen Feuerwehr aus, bei der beide Mitglieder waren.
    Bereits auf der Treppe in den ersten Stock hörte Anne, dass es in ihrem und Kastners Dienstzimmer laut geworden war. Als sie die Tür öffnete, kauerte Sepp Kastner in der Ecke zwischen Wand und Fenster, direkt vor der Büropalme, die er vor einigen Tagen angeschleppt hatte, und hielt stöhnend beide Hände über seinen Hosenladen. Lisa stand etwas ratlos neben dem Tisch, auf dem sie eben noch gemalt hatte. Das Blatt zeigte auf der linken Seite ein Schiff mit See, in der Bildmitte ein Brautpaar und auf der rechten Seite einen Baum, an dem ein Mann hing. Allerdings war das Seil nicht an seinem Hals befestigt, sondern an einem seiner Beine. Der Kopf hing nach unten, und der Mann lachte.
    Â»Na, was ist denn hier los?«, fragte Anne.
    Â»Die hat mir in die Eier getreten«, schimpfte Sepp Kastner laut. »Das
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