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Tegernseer Seilschaften

Tegernseer Seilschaften

Titel: Tegernseer Seilschaften
Autoren: Jörg Steinleitner
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die Dauer eigentlich schon was Eigenes für uns suchen.«
    Â»Jaja, jetzt warte erst einmal ab, ob du in der hiesigen Dienststelle überhaupt mit den Leuten klarkommst. Vielleicht ziehen wir eh in einem halben Jahr schon wieder um.«
    Â»Das werden wir sicher nicht tun. Wir werden Lisa doch nicht mitten im Schuljahr aus der Schule reißen!« Anne trat von der Küche in den Hausflur. »Aber diese fürchterlich altbackene Kommode, Bernhard, die muss möglichst bald raus.«
    Â»Komm, Anne, wir haben wichtigere Probleme. Jetzt lass doch meine Eltern erst einmal herkommen, dann können sie sehen, dass wir hier nicht alles total verändern. Die sollen den Eindruck haben, dass wir uns hier in den von ihnen gestalteten Räumen wohlfühlen. Wir sollten da wirklich behutsam vorgehen, finde ich.«
    Â»Bernhard, wann kommst du endlich, ich will zum See!«
    Â»Gleich, Lisa.« Zu Anne gewandt, meinte er: »Ich habe mich übrigens ein bisschen umgehört: Der Nonnenmacher und der Kastner von der Dienststelle sind wohl wirklich nett. Der Nonnenmacher ist auch von hier, der macht das schon seit Jahren. Und vielleicht«, er versuchte zu lächeln, »wirst du es sogar ein bisschen genießen, dass es hier weniger Verbrechen gibt als anderswo.«
    Â»Und mich schon mal auf meine Pensionierung vorbereiten, was?«
    Â»Nein, aber dann können wir uns endlich mehr auf unser Privatleben konzentrieren.«
    Â»Wo du ja so einen Stress hast, mit deiner Doktorarbeit«, höhnte Anne, obwohl sie dies eigentlich gar nicht hatte sagen wollen, doch sie war einfach zu müde von den Strapazen des Umzugs.
    Â»Anne, du weißt, dass ich solche Sprüche nicht mag«, wies Bernhard sie zurecht, um dann versöhnlich fortzufahren: »Stell dir nur vor, wie wir im Sommer auf dem See rudern und mountainbiken gehen, das wird super! Man kann hier wirklich schön leben.«
    Â»Ist ja gut.« Anne wollte nicht streiten, schon gar nicht mit ihm.
    Â»Bernhard, wenn du jetzt nicht kommst, dann geh’ ich allein!«
    Lisa stand schon auf der Terrasse, von der aus man einen herrlichen Blick auf Rottach-Egern hatte, das auf der anderen Seite der Bucht lag. Bis zum See waren es nur wenige Meter. Er war nicht zugefroren, denn das kam nur alle paar Lichtjahre vor.
    Kurt Nonnenmacher konnte es nicht leiden, wenn man ihn dienstlich zu Hause anrief. Bei aller Liebe zu seinem Beruf, fand er, auch ein Polizist und Dienststellenleiter hat einen Anspruch auf seinen Feierabend. Wütend nahm er das Funktelefon aus der Hand seiner Frau entgegen, die neugierig den Worten ihres Mannes lauschte.
    Â»Sepp, was willst du? Ich habe Feierabend! … Wenn der nicht im Bräustüberl ist, dann wird er halt beim Schandl, in der Ostiner Stuben, beim Zotzn oder was weiß ich wo sitzen. Haben’s im Wald schon geschaut? … Ob sie im Wald schon geschaut haben? … Dann sollen’s halt erst einmal im Wald nachschauen. Der Ferdl ist ein erwachsener Mann. Der darf mal einen Abend nicht nach Haus kommen. Das ist noch kein Verbrechen … Dann haben’s halt nicht genau genug geschaut. – Und was ist mit seinem Handy? … Sag ihnen Folgendes: Die Buben vom Ferdl sollen jetzt noch einmal zum Leeberg raufschauen, und wenn sie ihn da nicht finden, dann sollen die sich alle erst einmal hinlegen und eine Nacht drüber schlafen. Der ist wahrscheinlich bloß auf Sauftour. Und falls er morgen noch nicht da ist, dann machen wir eine Suchaktion, und wenn da nix rauskommt, eine Fahndung. Aber jetzt ist das noch zu früh.«
    Mitten in der Nacht wachte Anne auf. Hörte Poltern. Wo war sie?
    Â»Bernhard?«
    Im Dunkeln tastete sie nach ihrem Freund. Drückte sanft seinen Arm. Es war kurz nach vier.
    Â»Bernhard, hörst du das?«
    Â»Was?«, fragte dieser verschlafen.
    Â»Da läuft jemand auf dem Dachboden rum.«
    Beide lauschten. Die tapsenden Geräusche verebbten. Dann: ein Schaben, Scharren, Kratzen.
    Annes Herz schlug schneller. Anschließend ertönte erneut das Geräusch. Es klang tatsächlich, als liefe jemand über die Dachbodendielen des alten Hauses.
    Â»Meinst du, da wohnt heimlich jemand? Wie kommt man eigentlich auf den Dachboden?«
    Â»Das ist ein Tier«, sagte Bernhard.
    Â»Was bitte für ein Tier?«, wollte Anne leicht gereizt wissen.
    Â»Ein Marder oder eine Katze oder …« Ein lauter Knall war zu hören. Bernhards
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