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Tausendundeine Wuestennacht

Tausendundeine Wuestennacht

Titel: Tausendundeine Wuestennacht
Autoren: Susan Stephens
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zugleich. Natürlich war sie rein geschäftlich hier, doch seine athletische Gestalt in der eng sitzenden Kleidung ließen sie an Dinge denken, die sie sich nicht gestatten durfte.
    Auf einmal war sie den Tränen nahe. Casey Michaels, die selbstbewusste Geschäftsfrau, drohte die Fassung zu verlieren. Falls sie diesen Auftrag erhielt, weil sie eine Frau war, sollte sie besser auf der Stelle nach Hause fliegen.
    Das hatte er noch nie getan –, einen Kandidaten gleich nach der Landung in ein Büro führen zu lassen, um ihn unter die Lupe zu nehmen. Persönlich. Auch bei Casey Michaels gab es dazu eigentlich keinen Grund. Doch sie interessierte ihn. Vielleicht, weil er befürchtete, sie könnte auch nur eine hirnlose, oberflächliche Blondine sein, wie er sie im Lauf der Jahre zur Genüge kennengelernt hatte. Und für solche Damen war kein Platz in seiner Organisation.
    Als sie das erste Ausrüstungsstück aus dem Rucksack nahm, erkannte er, dass Casey Michaels aus anderem Holz geschnitzt war. Das Foto in ihrer Personalakte war ebenso irreführend wie sein eigenes offizielles Porträt. Wenn er ihr den Posten übertrug, würde er sie als Erstes anweisen, Imagekampagnen für die Firmen seines Landes ausschreiben zu lassen.
    Casey konnte nur hoffen, alles Wichtige eingepackt zu haben, denn hier stand so viel auf dem Spiel. Als Erstes holte sie einen Plastikbeutel aus dem Rucksack, in dem sie Trinkwasser sammeln konnte.
    Raffa lächelte anerkennend.
    Als Nächstes hielt Casey einen Spiegel hoch, mit dem sie Blinksignale aussenden konnte, falls sie sich verirren würde.
    Der Spiegel trug ihr lobendes Nicken ein.
    Ebenfalls zutage kamen Schere, Schnur und Feuerstein.
    „Eine Schere?“
    „Und mein Schweizer Armeemesser, Klappspaten und Wasserkanister. Hier ist der wasserdichte Reißverschlussbeutel, in dem alles verpackt war.“ Casey hielt die Folie hoch.
    Mit einer Handbewegung bedeutete Raffa ihr fortzufahren.
    Eine Schachtel Wasseraufbereitungstabletten, sechs Röhren Salztabletten, eine große Dose Insektenschutzmittel, Erste-Hilfe-Kasten.
    „Und eine Landkarte haben Sie auch dabei?“, fragte Raffa.
    „Natürlich.“ Casey kramte die in einer Klarsichthülle steckende Karte aus dem Rucksack. „Und einen Kompass.“
    Diesmal belohnte er sie mit einem Lächeln.
    „Und das dicke Bündel?“
    „Meine Wäsche zum Wechseln.“
    „Wie steht es mit einem Kostüm?“
    „Leider nein.“
    „Tja, gut, dass wir hier Einkaufspassagen haben“, bemerkte er ironisch.
    Casey schoss das Blut in die Wangen. „Wenn ich gewusst hätte, dass ich in der Stadt lande, hätte ich anders gepackt.“ Sie verstummte, als sie Raffas Gesichtsausdruck sah. Ihn belehrte niemand. Doch hier ergab sich ein neues Problem. Sie konnte sich zurücknehmen, aber ihre Persönlichkeit zu ändern, würde schwieriger sein.
    Raffa zuckte mit den Schultern. „Ich wollte Sie hier haben“, sagte er nur, als würde das alles erklären.
    Zwischen ihnen knisterte es fast hörbar, und Casey wusste einfach nicht, wie sie sich verhalten sollte.
    „Sie können alles wieder einpacken“, erklärte Raffa zufrieden. „Es freut mich, dass Sie sich auf die Wüste bestens vorbereitet haben.“
    Erleichtert atmete sie auf. Nur gut, dass Raffa sie nicht aufgefordert hatte, auch den Rest des Rucksacks ans Tageslicht zu befördern: ihre Unterwäsche, die Überfallsirene und die Kondome, die ihre praktisch denkende Mutter ihr dringend geraten hatte einzupacken.
    Nachdenklich verfolgte er, wie Casey ihre Habe wieder im Rucksack verstaute. Ihre Qualifikationen und Zeugnisse waren ausgezeichnet, an ihrem Können zweifelte er nicht. Aber er brauchte mehr. Die Person, die sein Marketingteam leiten sollte, musste sich voll für A’Qaban einbringen, analytisch, innovativ, selbstständig und ergebnisorientiert arbeiten können, ohne ständig angeleitet oder überwacht zu werden.
    Wieder betrachtete er Casey. Ihr Aufzug war fremdländisch, fast komisch, aber sie gefiel ihm. Ihre Mischung aus Naivität und Entschlossenheit verlieh ihr einen besonderen Charme –, obwohl er vermutete, dass sie notfalls beharrlich sein konnte.
    Aber das konnte auch von Vorteil sein, entschied er. Natürlich musste sie außerdem, falls erforderlich, bereit sein zu reisen und sich wechselnden Bedingungen anpassen können. Auch im Landesinneren würde sie sich durchsetzen müssen. Den letzten Kandidaten hatte er wieder ausfliegen lassen, weil der Mann den Anforderungen nicht gewachsen war. Solange er
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