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Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen

Titel: Zyklus der Erdenkinder 06 - Ayla und das Lied der Höhlen
Autoren: Jean M. Auel
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D ie kleine Gruppe folgte dem Pfad zwischen dem klaren, glitzernden Wasser des Grasflusses und der von schwarzen Streifen durchzogenen Kalksteinwand entlang des rechten Flussufers. Hintereinander umrundeten sie die Biegung, an der die Felswand näher zum Fluss vorragte. Vor ihnen zweigte ein schmalerer Pfad zur Furt ab, bei der das Wasser breiter und flacher wurde und sprudelnd die Steine umfloss.
    Kurz bevor sie die Weggabelung erreichten, blieb eine junge Frau vorn in der Gruppe unvermittelt stehen. Ihre Augen weiteten sich, und sie deutete mit dem Kinn, wollte keine auffälligen Bewegungen machen. »Schaut! Da drüben!«, flüsterte sie ängstlich. »Löwen!«
    Joharran, der Anführer, gab den anderen mit erhobenem Arm das Zeichen stehen zu bleiben. Direkt hinter der Abzweigung bewegten sich lohfarbene Höhlenlöwen durch das Gras. Dank der guten Tarnung hätten sie die Tiere wohl erst aus viel größerer Nähe entdeckt, wären da nicht Thefonas scharfe Augen gewesen. Die junge Frau besaß ein außergewöhnliches Sehvermögen, ihr angeborenes Talent war schon früh bemerkt worden, und man hatte mit ihrer Ausbildung begonnen, als sie noch ein kleines Mädchen war. Thefona war die beste Späherin der Dritten Höhle.
    Ayla und Jondalar, die am hinteren Ende der Gruppe ihre drei Pferde führten, blickten auf, um zu sehen, was diese Verzögerung verursacht hatte. »Warum haben wir so plötzlich angehalten?«, fragte Jondalar mit dem vertrauten sorgenvollen Stirnrunzeln.
    Ayla beobachtete den Anführer und die Menschen um ihn herum eindringlich, wobei sie instinktiv die Hand schützend um das warme Bündel in der weichen, vor ihre Brust gebundenen Lederdecke legte. Jonayla war vor kurzem gestillt worden und schlief, bewegte sich bei der Berührung ihrer Mutter jedoch ein wenig. Ayla besaß die verblüffende Fähigkeit, Körpersprache zu deuten, erlernt in jungen Jahren, als sie beim Clan lebte. Sie wusste, dass Joharran beunruhigt war und Thefona sich fürchtete.
    Auch Ayla verfügte über ein außergewöhnlich scharfes Sehvermögen. Darüber hinaus konnte sie Geräusche wahrnehmen, die über und unter dem Bereich normalen menschlichen Hörens lagen. Ihr Geruchs- und Geschmackssinn waren ebenfalls ausgeprägt, doch sie hatte sich nie mit anderen verglichen und wusste daher nicht, wie außergewöhnlich ihre Auffassungsgabe war. Die scharfen Sinne waren ihr angeboren, und das hatte ihr zweifellos geholfen zu überleben, nachdem sie mit fünf Jahren ihre Eltern und alles, was sie kannte, verloren hatte. Beigebracht hatte sie sich alles selbst und ihre natürlichen Fähigkeiten in den Jahren weiterentwickelt, in denen sie Tiere beobachtete, hauptsächlich Raubtiere, um das Jagen zu lernen.
    In der Stille nahm Ayla das leise, aber vertraute Knurren der Löwen wahr, ihren von einer leichten Brise herangetragenen, unverkennbaren Geruch, und bemerkte, dass mehrere von der Gruppe nach vorn blickten. Als sie genauer hinschaute, sah sie, wie sich etwas bewegte. Plötzlich wurden die im Gras verborgenen Katzen ganz deutlich sichtbar. Jetzt konnte Ayla zwei junge und drei oder vier erwachsene Höhlenlöwen ausmachen. Als sie sich in Bewegung setzte, griff sie mit einer Hand nach der Speerschleuder, die mit einer Trageschlaufe an ihrem Hüftriemen befestigt war, und mit der anderen nach einem Speer, der im Köcher auf ihrem Rücken steckte.
    »Wo willst du hin?«, fragte Jondalar.
    Sie blieb stehen. »Da vorne, direkt hinter der Abzweigung, sind Löwen«, erwiderte sie leise.
Jondalar drehte sich um und bemerkte Bewegungen, die er nun, da er wusste, wonach er Ausschau halten musste, ebenfalls als Löwen erkannte. Auch er griff nach seinen Waffen. »Du solltest mit Jonayla hierbleiben. Ich gehe.« Ayla blickte auf ihr schlafendes Kind und dann zu Jondalar. »Du kannst wirklich gut mit der Speerschleuder umgehen, Jondalar, aber da vorn sind mindestens zwei junge und drei ausgewachsene Löwen, vermutlich noch mehr. Wenn die Löwen glauben, dass die Jungen in Gefahr sind, und angreifen, wirst du Hilfe brauchen. Und du weißt, dass ich besser bin als alle anderen außer dir.«
Wieder runzelte er die Stirn. Dann nickte er. »Na gut ... aber bleib hinter mir.« Aus dem Augenwinkel nahm er eine Bewegung wahr und blickte sich um. »Was ist mit den Pferden?«
»Sie wissen, dass Löwen in der Nähe sind. Schau sie dir an«, antwortete Ayla.
Jondalar sah, dass die Pferde, einschließlich des Fohlens, ebenfalls in die Richtung der Löwen
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