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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Autoren: Anonymer Verfasser
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verwunderte er sich noch mehr als das erstemal, weil er die Geschmeide bei Gul gesehen hatte; und sich gegen Dschasimin wendend, fragte er, wer die jungen Leute wären. Da antwortete ihm Dschasimin: ›O Gebieter, der ist mein Gefährte, ein Kaufmann, wie ich es bin, und sie ist sein Weib!‹ Weil der König mit dieser Antwort durchaus nicht zufrieden war, bat er die Jungfrau sehr herzlich, ihm die Geschmeide, die sie am Halse trüge, leihen zu wollen, er würde sie ihr in kürzester Zeit wieder zurückgeben, da er sie mit einigen seiner Geschmeide, die er im Gulistan hätte, vergleichen wollte, mit denen nämlich, wollte er sagen, die er früher der Jungfrau geschenkt hatte. Gul aber fand sich bereit, dies zu tun, und sagte darauf: ›Da es mich deucht, o Herr, daß ich große Schande davontrage, wenn ich die Geschmeide in deiner Gegenwart vom Halse nehme, will ich hier in die Kammer treten und sie mir vom Halse nehmen und sie dir dann bringen, und du kannst nach deinem Wohlgefallen über sie und alles, was noch in unsrer Macht bleibt und was wir dir von ganzem Herzen anbieten, verfügen!‹ Über die vernommenen Worte wurde der König über die Maßen bestürzt, denn er hatte kurz vorher Guls Stimme in dem Gemache, wo er sich mit ihr unterhalten hatte, aufmerksam zugehört, und er sprach bei sich selbst: ›Welch größere Sicherheit kann ich durch die Geschmeide dieser haben? Habe ich sie nicht gesehen und reden gehört? Aber besser ist es, daß ich von neuem dorthin zurückgehe, wo sie weilt, denn auf solche Weise werde ich die größte Sicherheit haben!‹ Deshalb zog er Dschasimin beiseite und sagte zu ihm,er wolle von neuem Geschäfte halber in sein Haus zurückkehren; und die Jungfrau, die in die Kammer gegangen war, um die Geschmeide abzulegen, ließ er wissen, sie solle sie ihm jetzt nicht bringen; und sie sollten ihn hier erwarten, da er unverzüglich zu ihnen zurückkehren würde. Und ohne ein Wort weiter zu verlieren, stürzte er wie ein Rasender fort und eilte in den Gulistan, was Dschasimin Gul ebenfalls auf dem gewohnten Wege zu tun hieß. Die aber legte die alten Gewänder an und befand sich, ehe der König noch eintraf, in ihrem Gemache. Als er vor ihr stand und sie in dem Gewande sah, in dem er sie verlassen hatte, fragte er sie, weil er ihre Geschmeide nicht am Halse sah, weshalb sie nicht mit ihnen geschmückt wäre. Auf diese Worte antwortete sie: »O Gebieter, die Geschmeide, die du mir, dir sei Dank dafür, geschenkt hast, habe ich mir nicht eher zu tragen vorgenommen, als die Frist der vierzig Tage, die ich von dir erbat, verstrichen ist; ich halte sie inzwischen in diesem Kästchen verwahrt!« Und das Kästchen öffnend, zeigte sie sie ihm. »Aber sage mir doch bitte, o Gebieter,« fuhr sie fort, »warum du mich jetzt danach fragst?« Worauf der König, dem beinahe aller Verdacht vergangen war und der die Jungfrau heiß liebte, ihr alles, was sich ereignet hatte, der Reihe nach erzählte und ihr endlich versicherte, daß sie in jeder Beziehung, je mehr er sie ansähe, um so mehr dem Weibe des jungen Kaufmanns, der in Dschasimins Palast wohnte, gliche. Er beendigte sein Gespräch und sich vornehmend, sich durch ein Zeichen über alles zu vergewissern, nahm er sie bei der Hand und tat, als wollte er sie liebkosen, und drückte ihren rechten Arm so fest, daß er blau und schwarz wurde. Dann ging er von ihr und machte sich sogleich nach Dschasimins Palast auf. Gul aber wurde ganz bestürzt überdieses Zeichen; und lange vor dem König auf dem dunklen Wege in den Palast zurückgekehrt, wies sie ihrem Gatten und Dschasimin ihren Arm und erzählte ihnen ganz bestürzt der Reihe nach alles, was der König gesagt hatte. Doch Dschasimin, der in mehr als einer Kunst groß war, sagte zu ihr: ›Zweifle nicht daran, o Herrin, daß ich den braunen Arm sogleich wieder in seinen früheren Zustand bringen werde!‹ Und er ging sofort in den Garten und suchte ein gewisses Kraut; sowie er den dunklen Fleck, den der König listigerweise der Jungfrau beigebracht hatte, mit diesem berührte, wurde das Fleisch wieder schön und weich. Hierüber war Gul über die Maßen froh, zog die andern Gewänder wieder an und schmückte sich mit den Geschmeiden und ging mit ihrem Gatten und Dschasimin in den Hof, um den König zu empfangen. Als der heiteren Antlitzes die Begrüßungen entgegengenommen hatte, wandte er sich an die Jungfrau und sprach: ›Ach bitte, o schönste Jungfrau, ehe wir uns hier zu Tische setzen,
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