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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Autoren: Anonymer Verfasser
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unsäglichen Fröhlichkeit ergriffen. Nachdem er dem Kaufmann die Grausamkeit erzählt, die er an Dilirama begangen hatte, und ihn dann mit vielen Lasten Goldes beschenkt hatte, behielt er Dilirama bei sich; die wußte sich aber bei ihrem alten Diener in großer Schuld und bat ihren Herrn gar herzlich, weil sie durch dessen Veranlassung in ihren früheren Zustand zurückversetzt wäre, möchte er es bei seiner Liebe wollen, ihn mit einer ehrenvollen Belohnung zu bedenken, was ihr von Behram-Gur gerne zugesagt wurde. Wie der König nun über das Wiederfinden von Dilirama hoch erfreut seine frühere Gesundheit wiedererlangt hatte, rief er des Königs von Sarandib drei Söhne vor sich und sprach zu ihnen: »Weil ich wahrlich weiß, o ihr mit hohem und edlem Verstande begabten Jünglinge, daß keiner von den vielen Ärzten meines Reiches mir ein Heilmittel für meine schwere Krankheit zu geben vermochte, sondern ihr allein dank eurer scharfsinnigen Einsicht und dank eurem klugen Rate meine frühere Gesundheit wiederhergestellt habt, möchte ich gern wissen: wie habt ihr solches Mittel zur Rettung meines Lebens erfahren können?« Da antwortete ihm der älteste: »O Herr, da ich einsah, daß du infolge der Schlaflosigkeit einer so schweren Krankheit verfallen warst, wegen der jeder an deinem Leben verzagte, und ich auch wußte, daß die meisten Krankheiten durch die entgegengesetzten Heilmittel verscheucht werden, sagte ich mir, daß deine Augen, solange du in dem Palaste wärest, keinen Schlaf finden würden und daß du, wenn du sieben Tage wenigstens die Gemächer wechseltest, deine frühere Gesundheit wiedererlangen könntest; daher riet ich dir, sieben Paläste erbauen zu lassen, in deren jedem du einen Tag verweilen solltest, und bildete mir ein, daß deine Augen vielleicht auf solche Weise besser Schlaf finden könnten!«
    Da sprach der zweite: »Und ich glaubte, da ich einsah, daß die Wurzel deines Übels Dilirama, die du so sehr liebtest, und ihr Tod durch die wilden Tiere war: du würdest ihrer vergessen und so von deiner Krankheit befreit werden, wenn du dich einige Male mit andern Frauen unterhalten habest; so riet ich dir denn, in die sieben Paläste sieben schöne Jungfrauen hineinbringen zu lassen!« Als er geendet hatte, fuhr der dritte fort: »Weil ich nicht glauben konnte, daß Dilirama von den wilden Tieren verschlungen war, da man im Walde kein Anzeichen ihres Todes gefunden hatte, so urteilte ich: wenn du in den verschiedenen Landesteilen verkündigen ließest, sieben Geschichtenerzähler würden von dir gesucht, die eine schöne Geschichte erzählen und dann reich in ihre Vaterstadt zurückgeschickt werden sollten, könntest du durch irgendeinen von ihnen Diliramas Aufenthalt und etwas über ihr Ergehen erfahren, und deshalb kam es mir in den Sinn, dich an sieben Geschichtenerzähler zu erinnern!«
    Als nun Behram-Gur den drei Jünglingen für alles gedankt und ihnen bekannt hatte, daß er ihrem hohen und edlen Verdienste sein Leben verdankte, bedachte er sie mit reichen Geschenken und schickte sie in ihr Land zurück. Sie machten sich nun auf den Weg; und wie sie im Reiche ihres Vaters, der schon hoch in den Jahren war, ankamen, fanden sie ihn krank vor. Er empfing sie aber mit großer Freude und sah, daß sie wahrhaft vollkommen waren, da sie mit Klugheit mancherlei Sitten und Gebräuche fremder Völker erlernt hatten, und gab ihnen seinen Segen und verschied aus dieser Welt. Der älteste Sohn folgte ihm in der Herrschaft und herrschte lange in großer Klugheit und zu großer Zufriedenheit seiner Untertanen. Der zweite jedoch reiste in das Land der Königin, die Behram-Gur den Spiegel zurückgegeben hatte, auf daß er ihr gegenüber keine Versäumnis beginge; und er nahm sie dem gegebenen Wort gemäß zum Weibe und wurde Herr ihres Landes. Nicht lange Zeit hernach erinnerte sich Behram-Gur, der eine junge Tochter hatte, der empfangenen Wohltat und ließ sein Kind dem dritten Bruder zum Weibe anbieten; der willigte ein und machte sich mit einer großen Schar auf den Weg an das Hoflager Behram-Gurs, wo die Hochzeit prunkvoll gefeiert wurde; und nach dem Tode seines Schwiegervaters, der bald darauf eintrat, wurde er Herr seines ganzen Reiches.
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