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Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen

Titel: Tausend und ein Tag - Orientalische Erzählungen
Autoren: Anonymer Verfasser
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möchte ich mit Erlaubnis deines Gatten eine Gunst von dir empfangen, die darin besteht, mir den rechten Arm weisen zu wollen, um mich öffentlich von einem großen Argwohn zu befreien!‹ Dies wurde ihm unverzüglich von Gul zugestanden; und als er keinen Flecken sah, wurde er gar froh und heiter und glaubte, daß sie seine Gul nicht wäre, und sagte ihr um dieser Güte willen vielen Dank. Bei Tische setzte er sich ihr gegenüber und dachte in seinem Herzen nach, wie er sie wohl zu rauben vermöchte. Als dann das Mahl zu Ende war, vergnügten sie sich eine gute Zeit über mit den schönsten Gesängen und mit Musik; und über mancherlei Dinge sich unterhaltend, sagte endlich der König, auf daß alles, was er zu tun vorhatte, nicht fehlginge, er habe zeit seines Lebens keinen glücklicheren Tag als diesenverlebt. Dann gab er ihnen zu verstehen, wie teuer und angenehm ihm ihre Freundschaft wäre; und wenn es ihnen recht wäre, würde er eine so schöne Gesellschaft oft besuchen. Wie nun Dschasimin diese Worte gehört hatte und argwöhnte, warum er solches gesprochen hatte, antwortete er ihm: »Sehr angenehm wird uns das sein, o Gebieter, und wir werden es für eine große Ehre erachten, wenn du uns oft mit deiner königlichen Anwesenheit zu ehren würdigst, und wir bitten dich darum gar demütiglich.«
    Als ihnen der König wegen dieser Worte, so herzlich er es vermochte, gedankt hatte, nahm er sehr fröhlich von ihnen Abschied und kehrte in seinen Palast zurück. Sobald nur die Helle des folgenden Tages hereinzubrechen begann, ging er, um die Jungfrau anzusehen, in seinen Garten, der vor dem Palaste der Jünglinge lag; und wenn er sie sah, begann er mit ihr zu liebäugeln. Als er dies sieben Tag lang getrieben hatte, kam er auch mehrere Male, um mit den Jünglingen zu Mittag zu speisen, und versuchte auf jede Weise, die Jungfrau allein anzutreffen. Weil aber Dschasimin den König über die Maßen zu verspotten gedachte, hatte er mit Firischte abgemacht, am folgenden Tage in einem bestimmten Teile des Palastes Gul allein vom Könige antreffen zu lassen, die ihn in jeder Weise mit süßen Gesprächen unterhalten sollte. Dies wurde von der Jungfrau auf das beste ausgeführt; als am folgenden Tag der König kam, um mit den Jünglingen zu speisen, fand er Gul allein in einem Teile des Palastes und ließ sie mit vielen Worten erkennen, wie hitzig er sie liebte, und bat sie gar innig, sie möge ihm ihre Liebe zum Geschenke machen. Auf seine Bitten aber antwortete ihm Gul: »O Gebieter, durch dein Betragen habe ich mich so heiß in dich verliebt, daß ich dir nichts mehr versagen kann. Aber solange ich meinen Gatten und Dschasimin, die hier sind, sehe, kann ich weder dein noch mein Verlangen erfüllen. Da sie nun in wenigen Tagen mit ihrem Kaufmannsschatz aus dieser Stadt gehen werden, wollen wir warten, bis sie auf dem Wege sind; und dann können wir uns mit größerer Sicherheit für mein Leben und zu deiner Zufriedenheit hier erfreuen.‹ Diese Antwort war dem König gar wohlgefällig, und er küßte ihr die Hand und ging sehr froh und heiter von ihr. Als Gul ihrem Gatten und Dschasimin die ganze Geschichte erzählt hatte, machte ihnen die List, welche die Jungfrau dem Könige gegenüber angewandt hatte, unbeschreibliche Freude. Weil sie aber den König so hitzig in sie verliebt wußten und auch einsahen, daß sie ihn bis zur Stunde genug gefoppt hatten, beschlossen sie, um einem Hinterhalte zu entgehen, den ihnen der Tyrann legen konnte, schleunigst aufzubrechen. Dschasimin ging denselben Abend spät an den Hafen und fand da ein Christenschiff, das in folgender Nacht absegeln sollte, und schloß mit dem Schiffsherrn ab, und sie bereiteten alles vor, was sie für die Abreise benötigten. Folgenden Tages dann gingen sie zeitig vor den König und gaben vor, mit einem Teil ihres Kaufmannsschatzes eine Reise nach Indien machen zu wollen, und empfahlen ihm die Jungfrau gar herzlich an, der sie ihrer Aussage gemäß die Sorgfalt um ihren Palast allein überließen. Dies gefiel dem Könige außerordentlich gut; ausführlich versprach er ihnen, daß er um der großen Liebenswürdigkeit willen, die sie ihm erzeigt hatten, die Jungfrau und den Palast genau so wie seine eignen Sachen bewachen lassen wollte. Deswegen sagten ihm die Jünglinge vielen Dank, nahmen Urlaub von ihm und gingen fort. Folgenden Tages nun spät abends, als sie alles vorbereitet hatten, segelte das Schiffmit ihnen und Gul und Akil ab, und da sie ziemlich
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