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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
Autoren: Nick L. Brille
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es akzeptieren, dass Sie Erbsen, Sellerie oder Brillenbügel von der Steuer absetzen wollen.
     
Gefahr: * (Werden Sie taub, sind Sie arbeitslos. Mehr gibt’s zum Thema »Gefahr« wohl nicht zu sagen.)
Langeweile: * (Wenn man für einen Film ständig nur Schritte vertonen muss, wird’s schnell fad. Aber normalerweise sind die Aufgaben recht vielfältig.)
Seltenheit: *** (In Deutschland gibt es derzeit etwa zehn Spezialisten, europaweit könnten es rund fünfzig sein und in den USA kommen noch mal rund hundert hinzu.)
Ekelfaktor: * (Wir können uns nur zwei Geräusche vorstellen, die uns schaudern ließen: Kreide auf Tafel und ein Zungenkuss von Rainer Calmund.)
Neidfaktor: ** (Für Hobbybastler ist’s ein Traumjob …)

Karussellrestaurator
     
    N ehmen wir an, Sie seien handwerklich begabt, hätten einen Sinn für Nostalgie, seien geduldig und benötigten dringend Geld. Dann werden Sie doch einfach Karussellrestaurator. Mag sein, dass dieser Beruf langfristig keine Zukunft hat, aber in der Gegenwart ist er ziemlich lukrativ: Ein einziger Auftrag kann dem Spezialisten mehrere tausend Euro bescheren.
    Natürlich ist es nicht korrekt und irgendwie unanständig, einen solchen Text gleich mit dem Hinweis auf die Kohle zu beginnen. Also wirklich, nicht immer darf so sehr das Materielle im Mittelpunkt stehen, viel wichtiger ist es doch, was so ein Karussellrestaurator eigentlich tut. Doch auch für diesen Berufsstand gilt eigentlich, dass seine Namensgebung schon alles verrät: Der Karussellrestaurator restauriert Karussells. Bevor Sie sich jetzt schockiert die Hand vor den Mund halten und mit dem Ihnen eigenen Sinn für platte Ironie ein gepresstes »Unglaublich« stammeln, dürfen wir Ihnen verraten, dass es sich natürlich nicht um gewöhnliche Karussells handelt. Was da heutzutage so auf den Jahrmärkten und Kirchweihfesten herumgondelt, ist doch zumeist mehr oder weniger billige Plastikware – nicht selten in Taiwan oder Hongkong produziert, was in manchen Fällen zu lustigen Resultaten führt. So dauerte es beispielsweise Jahre, bis einem Kunden auffiel, dass der vermeintliche Mercedes-Stern am Karussell-Daimler eher wie das Peace-Symbol der Flower-Power-Bewegung aussah. Sei’s drum – diese Feuerwehrautos und bunt bemalten Motorräder, diese grinsenden Löwen, Giraffen mit Haltegurten, Schwäne mit Doppelsitzen und fliegenden Teppiche sind nur ein blasser Abklatsch jener Ära, in der die Karussells von Kindern noch wie Weltwunder bestaunt wurden und die sich drehenden Figuren nicht in Fabriken, sondern von Holzbildhauern in liebevoller Handarbeit hergestellt wurden. Und genau mit diesen Wunderwerken der Handwerkskunst beschäftigen sich die Karussellrestauratoren, von denen hier die Rede sein soll.
    In der deutschen Kaiserzeit erlebten diese oftmals noch rein mechanisch betriebenen Attraktionen ihre erste große Blüte. Meistens saßen die Kinder auf geschnitzten Pferderücken, aber zuweilen prunkte ein Schausteller auch schon mit einem Elefanten oder Tiger. Im Laufe der Jahrzehnte allerdings haben diese Schmuckstücke naturgemäß sehr gelitten. Nicht nur, dass sie häufig Wind und Wetter ausgesetzt waren, sondern sie wurden auch immer wieder sehr hastig auf- und wieder abgebaut und lieblos verstaut, weil für einen Karussellbetreiber Zeit schließlich Geld bedeutet. Viele dieser Schmuckstücke von anno dazumal gammelten jahrelang in Scheunen oder auf Speichern vor sich hin, wurden erst vor Kurzem wiederentdeckt und sollen nun Nostalgiker und Kinderherzen wieder gleichermaßen erfreuen.
    Einige Firmen haben sich daher tatsächlich auf die Restaurierung alter Karussells spezialisiert. Sie entfernen Farbe von den Holzfiguren, tauschen Blechteile und Nägel aus, erneuern schadhafte Stellen, führen bildhauerische Arbeiten aus und bemalen die Karussellfiguren nach alten Vorlagen neu. Billig ist das nicht – für die Restaurierung eines einzigen Pferdes darf man durchaus zehntausend oder sogar fünfzehntausend Euro veranschlagen. Kein Wunder, stecken doch zuweilen rund zweihundert hochprofessionelle Arbeitsstunden darin.
     
Gefahr: * (Natürlich kann man sich mit jedem Werkzeug verletzen, wenn man sich ungeschickt anstellt …)
Langeweile: ** (Nervenkitzel, Action und Adrenalinausschüttungen sind für einen Karussellrestaurator wahrscheinlich eher selten, aber wenn er seine Arbeit liebt, wird sie ihm wohl auch nicht langweilig werden.)
Seltenheit: **** (Machen Sie doch einfach den Klassentreffen-Test: Das
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