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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
Autoren: Nick L. Brille
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ein paar lumpige Taler abluchsten, noch weit mehr Glasfronten, die vom Staub der Frondienste und des Straßenverkehrs zu befreien sind. Genauer gesagt – es herrscht rein gar kein Mangel an polierbarer Oberfläche.
    Und so waren auch die Brüder Alcides und Edgar Morena an jenem 7. Dezember des Jahres 2007 mutmaßlich guter Dinge, als sie ihre Gondel bestiegen, um in luftige Höhen zu entschweben. »Glück auf«, mögen sich die beiden Bergarbeiter des totalen Übertagebaus während der Fahrt nach oben gewünscht haben, doch noch ehe sie an ihrem Arbeitsplatz (47. Stock, 144 Meter Höhe) die Lage peilen konnten, lautete die Devise bereits wieder: »Abwärts.« Zwar trugen die beiden die obligatorischen Sicherheitsgurte und hätten deshalb auch nicht einfach so aus dem schwankenden Außenlift purzeln können, doch tatsächlich lösten sich an der Gondel aus unerklärlichen Gründen die Haltekabel komplett, und das ganze Ding fiel wie ein Stein nach unten. Edgar Moreno – so gerne wir Ihnen auch ein Happyend präsentiert hätten – überlebte den Aufprall nicht.
    Wie Alcides Moreno den Sturz überstehen konnte, ist kaum zu erklären. »Meine Zeit war noch nicht gekommen«, sagte er später, und dem kann man nur zustimmen, wenn man an der Absturzstelle mal kurz den Kopf in den Nacken legt und versucht, die siebenundvierzig Stockwerke abzuzählen. Der wackere Soldat der Reinlichkeit brach sich weder den Schädel noch das Becken, sondern »lediglich« Arme und Beine. Diese zerfielen freilich in so viele Einzelteile, dass er bei sofortiger Beisetzung für Archäologen späterer Jahrhunderte mühelos als Puzzle für Fortgeschrittene durchgegangen wäre. Eine Bestattung jedoch war nicht vonnöten, denn schließlich gelang es der New Yorker Ärzteschaft, den Mann mittels unzähliger Operationen wieder einigermaßen auf die Beine zu stellen. Ein ganzes Jahr in der Reha-Klinik tat ein Übriges. Angeblich konnte er danach wieder ganz passabel laufen und das Löffelchen auch eigenhändig wieder zum Munde führen, doch seinen Job als Fensterputzer dürfte er hingeschmissen haben. Irgendwie verständlich.
    Bevor Sie aber jetzt die Nase rümpfen und Adjektive wie »unzumutbar«, »gefährlich« und »makaber« vor sich hin murmeln, lassen Sie sich bitte gesagt sein, dass der Moreno-Unfall eine echte Ausnahme war. Normalerweise fallen Fensterputzer nämlich nicht häufiger vom Himmel als Flugzeugpassagiere, und das Fliegen ist bekanntlich noch immer die sicherste Art zu reisen. Außerdem ist der Beruf – wie bereits erwähnt – recht krisenfest, denn solange niemand ihren Arbeitsplatz in Schutt und Asche legt, erweist sich dieser als eine Art Perpetuum stabile: Immer, wenn Sie oben mit der Arbeit fertig sind, können Sie unten wieder von vorne anfangen. Das klingt fast so, als hätte Zeus den Sisyphos bezahlt.
     
Gefahr: ** (Nur zwei Sterne sehen zwar irgendwie komisch aus, aber statistisch ist das Risiko gering.)
Langeweile: *** (Wenn man schwindelfrei ist – und davon gehen wir jetzt mal aus –, hält sich der Spannungsfaktor arg in Grenzen. Gut, wenn’s stürmisch ist, könnte es etwas aufregender sein.)
Seltenheit: ** (Als Exot werden Sie als Fensterputzer nicht unbedingt durchgehen, aber wenn Sie als Arbeitsplatz Manhattan angeben, gehören Sie zumindest schon mal zu einer Minorität.)
Ekelfaktor: * (Nur wenn Sie eine Reinigungsmittelallergie haben.)
Neidfaktor: ** (Man verdient sehr gut, aber die wenigsten wollen mit Ihnen tauschen. Der Neidfaktor ist deshalb eher gering.)

Bombenentschärfer (Kampfmittelräumer)
     
    J etzt aber mal Butter bei die Fische: »Kampfmittelräumer«? Das klingt in etwa so spannend wie Parkraumüberwacher oder Seniorenbeauftragter und spiegelt nicht im Geringsten den echten, den wahren, den tatsächlichen Adrenalinkick wider, der jedem Möchtegern-Macho im Angesicht dieses Superjobs durch die Schlagader tobt.
    Denn was tut ein »Kampfmittelräumer«? Er entschärft Bomben. Echte, fette, wuchtige, total oberfiese Rabumms-Bomben, wie sie auf unserem vernarbten Planeten nach zahllosen Raufeinlagen mit Explosivstoffen leider immer noch zuhauf herumliegen.
    Noch bis zur Drucklegung dieses kleinen Nachschlagewerks harrten rund 300 000 Tonnen Bomben, Granaten, Patronen und Minen, die nicht explodiert sind, allein in Deutschland unter der Erde ihrer »Feuertaufe«. Die noch nicht explodiert sind, wohlgemerkt. Wenn Paulchen aus der Neubausiedlung nämlich einen dieser fetten Klunker beim
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