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Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt

Titel: Tatortreiniger gesucht: Die schrägsten Berufe der Welt
Autoren: Nick L. Brille
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den Hautton des Originals möglichst genau trifft.
    Übrigens: Wachsfiguren befinden sich nicht nur in Wachsfigurenkabinetten, wo sie in der Regel Prominente abbilden. Sie werden zum Beispiel auch in Museen verwendet, um wissenschaftliche und historische Ereignisse in Szene zu setzen. Ein Neandertaler in Wachs und Lebensgröße ist irgendwie eindrucksvoller als die Strichzeichnung einer gewölbten Stirn und eines fliehenden Kinns. Lässt sich allerdings leicht mit Stefan Raab verwechseln.
     
Gefahr: * (Angeblich kann die allzu intensive Beschäftigung mit fremden Persönlichkeiten zu psychischen Beeinträchtigungen führen. Abgesehen davon ist der Job recht ungefährlich.)
Langeweile: * (Wachsfigurenhersteller stellen in der Regel sehr gerne Wachsfiguren her und langweilen sich dabei deshalb auch nicht. Das Zuschauen jedoch stellen wir uns öde vor.)
Seltenheit: *** (Es gibt insgesamt nur rund fünfzig Wachsfigurenhersteller weltweit. Viele sind das nicht.)
Ekelfaktor: * (Eine Allergie gegen Wachs könnte problematisch sein, und das genaue Anatomiestudium beispielsweise von Victoria Beckham führt möglicherweise auch zu massiven Beklemmungen. Aber echte Gründe fürs Ekeln liegen wohl nicht vor.)
Neidfaktor: ** (Als Wachsfigurenhersteller dürfen Sie sich Künstler nennen und werden dennoch gut und regelmäßig bezahlt. Davon träumen wahrscheinlich eine ganze Menge Künstler.)

Geräuschemacher
     
    D ie goldenen Zeiten Hollywoods, als das Filmen noch große Kunst war, sind angeblich längst vorüber, und mit dieser vom Winde verwehten Epoche sind auch etliche der damals noch gängigen Berufsbilder aus der Branche verschwunden. Niemand braucht heute beispielsweise noch Kolorierer, also jene Pinselschwinger, die die in Schwarz-Weiß gefilmten Streifen Bild für Bild anmalten und somit zum Farbfilm ummodelten. Und auch jene Hilfskräfte, die Stunden damit zubrachten, entwickelte Filmrollen zum Trocknen auszuhängen, richtig zusammenzuschneiden und dem Cutter anschließend korrekt zu übergeben, sind im digitalen Zeitalter längst überflüssig geworden.
    Wie ein Anachronismus mutet es deshalb an, dass der Geräuschemacher noch immer eine gewichtige Rolle spielt. Tatsache ist jedoch – beim Ton eines Films geht es nicht nur um den Dialog und die Filmmusik, sondern auch um die dazu passenden Geräusche. Die Hauptdarstellerin ist nachts alleine zu Hause, flackerndes Licht, die Augen schreckensstarr geweitet und … plötzlich knarzt eine Bodendiele. Aaargh, Spannung, Dramatik, Herzinfarkt. Das klingt recht simpel, doch die Umsetzung stellt die Produktionsfirma nicht selten vor riesige Probleme. War es schon schwierig, ein Haus als Drehort zu finden, das die verlangte morbide Atmosphäre aufweist, so dürfte es fast noch schwieriger sein, in diesem Haus auch noch die genau passend knarrende Diele zu entdecken.
    Anderes Beispiel: Der Wind heult im Film um die morsche Hütte, obwohl bei den Dreharbeiten draußen wunderschönes Wetter herrschte. War zum Zeitpunkt des Drehs natürlich nicht so dramatisch, weil man die Innenaufnahmen ja trotz des strahlenden Sonnenscheins in den Kasten bekam. Könnte aber später an der Glaubwürdigkeit des Gruselstreifens derart knabbern, dass Wahlkampfreden von Gerhard Schröder im Nachhinein wie die ehrlichen Bekenntnisse eines aufrechten Sozialisten klingen.
    Probleme kann es auch geben, wenn im Studio gefilmt wird – beispielsweise wenn von draußen Verkehrslärm ins Zimmer dringen soll. Experten schwören nämlich Stein auf Bein, dass aufgezeichneter Großstadtlärm sich im Film einfach nicht richtig anhöre – er klinge immer, als käme er vom Band, was daran liegen könnte, dass er vom Band kommt. Manchmal sind die Aufnahmen der Originalgeräusche aus irgendeinem Grund auch nicht brauchbar – ungeachtet der sündteuren Richtmikrofone und der Heerscharen von eingesetzten Technikern – und müssen später im Studio noch einmal aufgenommen werden. Auch bei der Synchronisation eines Films ist es nicht selten notwendig, nicht nur die Dialoge in einer anderen Sprache neu aufzunehmen, sondern auch sämtliche Geräusche noch einmal aufzuzeichnen – dann nämlich, wenn der Originalton des Filmes aus Gründen der Sparsamkeit nur auf einer einzigen Tonspur aufgenommen ist.
    Auf diese Aufgaben haben sich Geräuschemacher (englisch Foley Artist, nach Jack Foley, der in den Fünfzigerjahren das Nachvertonen erfand) spezialisiert. Ihre Tätigkeit ist teilweise Routine – die Aufnahme
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