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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Autoren: Knut Krueger
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befreundet waren. Aber vielleicht waren sie das ja gar nicht. Vielleicht waren sie als weibliche Unterstützung gedacht, damit Franziska sich nicht so allein vorkam. Sie saßen nebeneinander auf einem großen rosa Badetuch und hatten ihr Outfit offenbar abgesprochen: Shorts, Tank Tops und riesige Sonnenbrillen. Als Daniel aus dem Wasser stürmte und sich vor ihnen schüttelte wie ein nasser Hund, kreischten sie auf und warfen mit Sand nach ihm. Dann fuhren sie damit fort, ihre Zehennägel zu lackieren.
    In diesem Moment betrat Alexander, mit Badehose und T-Shirt bekleidet, den Steg. Franziska nutzte sogleich die Gelegenheit, um sich von ihrer Mutter abzusetzen. Mit einem kurzen: »Tschüs, Mama!«, schnappte sie sich das Geschenk aus ihren Händen und lief auf den Gastgeber der Party zu. Lukas folgte ihrem Beispiel, rief über die Schulter hinweg: »Bis später!«, und spurtete in Richtung Elias, der aus unerfindlichen Gründen dazu übergegangen war, einen mächtigen Felsbrocken durch die Gegend zu schleppen.
    Alexander bemerkte Franziska, ehe sie den Steg erreichte. Ihr grünes Sommerkleid hatte dieselbe Farbe wie ihre Augen und tanzte beim Laufen um ihre Oberschenkel. Die braunen Haare flatterten wie eine Fahne hinter ihr her. Mit zwei federnden Sprüngen landete sie auf den Holzplanken, bevor sie ihre Schritte verlangsamte und auf ihn zuging.
    »Hei, … Alex«, keuchte sie.
    »Hei, Franziska«, sagte er lächelnd.
    »Für dich!« Sie streckte ihm mit der rechten Hand das Buch entgegen, während ein Schweißtropfen über ihre Stirn lief. Alexander wollte das Geschenk gerade entgegennehmen, da zog sie es unwillkürlich zurück und wischte den Schweißtropfen mit dem rechten Handrücken fort. Alexanders Hand griff ins Leere.
    »Willst du vielleicht was trinken?«, fragte er.
    »Ja, gern.«
    Beide schlurften über den Steg, durch dessen Ritzen das Wasser schimmerte. Als Franziska bemerkte, dass sie nach der gescheiterten Übergabe immer noch das Geschenk in der Hand hielt, knallte sie es ihm mit ungewollter Heftigkeit vor die Brust. »Hier, dein Buch!«
    »Jetzt hast du verraten, was es ist«, sagte er grinsend.
    Sie zuckte die Schultern, was erneut einen Schweißtropfen in Bewegung setzte, der sich vom Nacken löste und ihre Wirbelsäule hinunterrollte.
    Alexander bückte sich kurz und hielt im nächsten Augenblick wie von Zauberhand eine Flasche Solo-Orangenlimonade in der Hand. Erst auf den zweiten Blick sah Franziska, dass an einem Pfahl des Stegs zwei Getränkekisten festgebunden waren, die im Wasser standen. Sie schraubte den Deckel ab und leerte die halbe Flasche in einem Zug. Von hier aus konnte sie auch den in der Sonne blitzenden Grill erkennen, hinter dem Alexanders Vater stand, der ihr mit einer Würstchenzange zuwinkte. Franziska lächelte zaghaft.
    Während Alexander das eingepackte Buch zu den anderen Geschenken auf einen Klapptisch legte, hielt Franziska nach ihrer Mutter Ausschau. Tonje und Selma saßen immer noch auf ihrem Handtuch und hielten ihre frisch lackierten Zehennägel in die Nachmittagssonne. Daniel, Håkon und Fredrik hatten ihr Fußballtraining an den Strand verlegt und köpften sich einen Ball zu. Elias trug Lukas, der eine Algenkette um den Hals trug, huckepack durch das seichte Wasser. Lukas stieß seinem Freund die Fersen in die Seiten und rief »Hüh, Pferdchen!«. Wie alt waren die eigentlich?
    Außerdem trieben sich noch drei, vier andere Jungen am Strand herum, von denen Franziska nicht wusste, ob sie etwas mit der Party zu tun hatten. Von ihrer Mutter war weit und breit nichts zu sehen. Anscheinend hatte sie dieses eine Mal ihre Natur verleugnet und sich diskret zurückgezogen. Franziska dankte ihr im Stillen, was ziemlich selten vorkam, und fragte sich erleichtert, was sie jetzt tun sollte. Alexander war gerade damit beschäftigt, die nächsten Geschenke auf den Tisch zu legen. Vielleicht sollte sie den beiden Mädels Gesellschaft leisten und sich eine nette Bemerkung über ihre Zehennägel abringen. Zögernd ging sie auf die beiden zu. Erst als sie direkt neben ihnen stand, wandten sie träge ihre Köpfe.
    »Hei!«, sagte Franziska.
    »Hei!«, entgegnete Selma.
    »Oh, hei!«, antwortete Tonje, die für die meisten Dinge etwas länger brauchte.
    »Darf ich mich zu euch setzen?«
    »Klar«, sagte Selma.
    Tonjes Sonnenbrille bewegte sich nach unten. Anscheinend hatte sie genickt.
    Da die beiden keine Anstalten machten, sie auf ihr Handtuch zu lassen, setzte sich Franziska neben
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