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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Autoren: Knut Krueger
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das Handtuch in den Sand, wo bereits zwei Paar Ballerinas standen. Um in Ruhe überlegen zu können, was sie als Nächstes sagen sollte, trank sie einen weiteren Schluck aus der Flasche. Das heißt, sie wollte gerade schlucken, als sie so heftig nach Luft schnappen musste, dass ihr die Limonade in die Nase schoss und sich sprudelnd in die Ballerinas ergoss.
    »Meine Schuhe!«, schrie Tonje mit bemerkenswerter Reaktionsschnelligkeit.
    »Tut mir … echt leid«, röchelte Franziska, während sie die gelbe Flüssigkeit aus den Schuhen in den Sand kippte und verzweifelt zum rechten Rand der Bucht hinüberblickte. Dort war ein blondes Wesen in einem knallroten Bikini Frau Ohlsen bei der Vorbereitung eines Lagerfeuers behilflich. Den roten Bikini hatte sie noch nie gesehen. Das blonde Wesen schon. Es war ihre Mutter.
    ✶ ✶ ✶
    Als sie sich Stunden später um das prasselnde Lagerfeuer scharten, herrschte eine entspannte und heitere Stimmung. »Wer will noch mal, wer hat noch nicht?«, rief Ohlsen hinter dem Grill. Lukas holte sich sein ungefähr siebenundzwanzigstes Würstchen und brachte auch seinem neuen Kumpel Elias eins mit. Håkon mit der blonden Hippiemähne, der nur einmal im Jahr zum Friseur ging und die Stimmen der meisten Lehrer nachahmen konnte, sagte streng: »Selma, nimm den Kaugummi aus dem Mund, danke!« Allgemeines Gelächter. Auch Selma grinste. Dann zog er ruckartig den Bund seiner Hose nach oben. Noch größeres Gelächter. Nur Tonje sah immer noch ein wenig unglücklich aus. Vermutlich betrauerte sie den Untergang ihrer Ballerinas.
    Franziska fühlte sich merkwürdig leer. Zunächst hatte sie sich gefragt, wie man nur so stocksauer auf seine Mutter sein konnte, wenn einem doch eigentlich alles egal war. Aber jetzt, nachdem sich ihre Mutter mitsamt ihrem roten Bikini endlich verzogen hatte, war ihr die Sache wirklich ziemlich schnuppe. Gedankenverloren betrachtete sie die kleinen lila Wölkchen, die den entflammten Himmel tupften, während die Sonne ihre letzten Strahlen über den Horizont schickte. Das Meer sah aus wie ein zerknittertes graues Tuch, auf dem sich schemenhaft die tellerförmigen Inseln abzeichneten. Die Möwen schrien sich die letzten Nachrichten des Tages zu.
    Okay, okay, dachte sie. Die Paradiesbucht war gar nicht so übel. Hätte sich glatt einen Platz auf der Liste verdient. War ja wohl auch das Mindeste, bei dem Namen. Aber gehörte die Paradiesbucht überhaupt zu Oslo? Das ließ sich schwer entscheiden. Im Grunde war Oslo ja ein riesiger Wald mit ein paar Häusern drin, der zufällig am Meer lag.
    Und Alexander, gehörte der auf die Liste? Warum fragte sie sich das überhaupt? Nur so , war die Antwort. Hat nicht das Geringste zu bedeuten. Alexander war so freundlich, lässig und entspannt wie immer gewesen. Hatte hin und wieder mit ihr geredet, sie mit Spareribs, Salat und Limo versorgt und mit seinen lustigen Bemerkungen zum Lachen gebracht. Ihr einmal sogar die Hand auf die Schulter gelegt, um ihr etwas zu zeigen. Man fühlte sich einfach wohl in seiner Gegenwart, aber so ging es bestimmt allen. Kein Grund, sich etwas darauf einzubilden.

Kapitel 7
    Der nächste Tag begann draußen und drinnen mit Donner und Blitz.
    »Du hast Ehrenwort gesagt!«
    »Ich war doch höchstens zehn Minuten …«
    »Eine halbe Stunde bist du in deinem roten Bikini am Strand herumgehüpft!«, schnitt ihr Franziska das Wort ab, während der Wind den prasselnden Regen gegen das Fenster trieb.
    »Also ich glaube, es waren höchstens zwanzig Minuten«, versuchte Lukas zu vermitteln.
    »Ha!«, rief Franziska. Ein krachender Donnerschlag ließ die Küche erzittern. »Du hast doch überhaupt nichts mitgekriegt, weil du die ganze Zeit mit deinem Babyfreund Elias Sandburgen gebaut hast. Ich wette, ihr habt hinter den Felsen auch noch Topfschlagen gespielt.«
    »Ich verstehe gar nicht, warum du dich so aufregst, Franzi«, beschwichtigte ihre Mutter Claudia. »Gestern habt ihr noch gesagt, dass es so eine tolle Party war.«
    »Ja, nachdem wir endlich unter uns waren. Hast du etwa irgendwelche anderen Eltern am Strand gesehen?«
    »Alexanders Eltern waren doch auch …«
    »Das ist etwas ganz anderes! Außerdem haben die sich die ganze Zeit im Hintergrund gehalten, aber du musst ja immer im Mittelpunkt stehen!«
    Lukas folgte dem Streit zwischen seiner Schwester und seiner Mutter mit angehaltenem Atem. Das tat er immer, wenn die beiden sich in die Haare kriegten. Er hätte schon etwas zu sagen gehabt, doch
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