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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Autoren: Knut Krueger
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Integrationsbeauftragte der Elisenbergschule, das kann sich Mørk mal hinter die Löffel schreiben.

Kapitel 6
    Franziska sah der Party mit gemischten Gefühlen entgegen. Nicht nur, weil sie fürchtete, das einzige Mädchen zu sein, sondern vor allem, weil ihre Mutter angekündigt hatte, sie und Lukas dorthin zu begleiten.
    »Da kommen bestimmt noch andere Eltern«, sagte sie, »und ich möchte doch unbedingt die reizende Frau Ohlsen kennenlernen, mit der ich neulich telefoniert habe.«
    »Es sind aber nur Freunde von Alexander eingeladen!«, entgegnete Franziska mit Nachdruck.
    »Ich will ja auch gar nicht lange stören, Franzi. Ich bringe euch mit dem Auto hin, wechsele ein paar Worte mit den anderen Eltern und dann verschwinde ich wieder – Ehrenwort!«
    Franziska wusste, was so ein Ehrenwort wert war. Nichts, zero, nada! Ihre Mutter würde sich bestimmt zu Alexander und seinen Freunden in den Sand setzen, als Erste die Schuhe ausziehen und sich wahnsinnig jung vorkommen. Und dann würde sie das tun, was sie am besten konnte: alle in peinliche Gespräche verwickeln. Wahrscheinlich irgendwelche Geschichten aus ihrer eigenen Jugend zum Besten geben, die weiß Gott niemanden interessierten. Dass ihr Norwegisch immer noch ziemlich holprig war, störte sie dabei kein bisschen. Im Gegenteil. Sie betrachtete so etwas als Herausforderung. Franziska fragte sich manchmal, ob es das war, was das Erwachsensein ausmachte – dass einem nichts mehr peinlich war.
    Anderseits: Was spielte es schon für eine Rolle, ob sich ihre Mutter an die anderen Jugendlichen ranschmiss oder auf irgendjemanden einen sonderbaren Eindruck machte? Was spielte es für eine Rolle, was die anderen dachten? Überhaupt keine!
    Es ist total egal, was passiert, dachte Franziska, weil wir sowieso bald wieder von hier verschwinden. Es ist egal, ob wir uns gut unterhalten oder langweilen. Es ist egal, ob sich Alexander über das blöde deutsche Buch freut, das wir ihm schenken werden. Wirklich sehr originelle Idee! Ihre Mutter hatte es besorgt und in der Buchhandlung als Geschenk einpacken lassen, sodass Lukas und sie es gar nicht zu Gesicht bekommen hatten. Eine doppelt bescheuerte Idee. Na, egal! Egal, egal, egal.
    Schon bald würde die Zeit in Oslo nur noch ein kurzer Abschnitt in ihrem Leben sein, kaum wert, dass man sich an ihn erinnerte.
    »Also gut«, sagte Franziska mit einem Schulterzucken zu ihrer Mutter. »Dann fahren wir eben zusammen hin.«
    ✶ ✶ ✶
    Die Paradiesbucht öffnete sich vor ihnen wie eine Theaterbühne, deren Vorhang zur Seite gleitet. Soeben waren sie noch durch dichten, dunklen Kiefernwald gestapft und nun standen sie plötzlich im gleißenden Licht und mussten die Augen zusammenkneifen. Es war eine überwältigende Helligkeit, die auf der Netzhaut flirrte und in der Nase kitzelte. Nach und nach wurden die ersten Konturen sichtbar: eine sanft gewölbte Bucht, die von einem weißen Sandstreifen gesäumt wurde. Dahinter hoch aufragende Bäume, wie eine Versammlung von Riesen, die sich neugierig über den Strand beugten. Zur Linken ein kleiner Hügel. Zur Rechten ein paar schroffe Felsen und ein Holzsteg, der direkt in die glitzernde Weite des Meeres hineinführte.
    Eine beeindruckende Szenerie. Wahrhaft paradiesisch. Aber wo war die Party? Ihre Augen suchten den Strand ab.
    »Da ist Elias!«, rief Lukas. Ihr stämmiger Mitschüler stand unterhalb der Felsen am Ufer und versuchte mittels eines langen Stocks, kleine Steine ins Wasser zu schlagen, als würde er Golf spielen. Er trug eine blaue Badehose mit kleinen gelben Enten, die besser zu einem Dreijährigen gepasst hätte.
    »Elias!«, rief Lukas und winkte. » ELIAS !!!«
    Elias ließ sich nicht stören, hob beiläufig die Hand zum Gruß, ohne sich zu vergewissern, wer da gerufen hatte, und konzentrierte sich auf seinen nächsten Abschlag. Vielleicht sollte die Geste auch Ruhe bitte! bedeuten.
    Nach und nach erspähten sie weitere Klassenkameraden, die sich über den weitläufigen Strand verteilt hatten und ihren eigenen Beschäftigungen nachgingen, als seien sie rein zufällig hier zusammengekommen. Franziska war ganz froh, nahe des kleinen Hügels Tonje und Selma zu erblicken, die beiden unzertrennlichen Blondinen, die meistens demonstrativ gelangweilt aussahen. Franziska fand sie zwar ein bisschen tussig und oberflächlich, doch zumindest waren sie auf ihre distanzierte Art stets freundlich zu ihr gewesen. Eigentlich wunderte sie sich, dass die beiden mit Alexander
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