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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Autoren: Knut Krueger
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nachblickten, das vom Laufband in Bewegung gesetzt wurde. Familien, deren Kinder noch nicht schulpflichtig waren, nutzten gern die Nachsaison, um in den sonnigen Süden zu fliegen. War ja auch viel billiger, dachte Petter und freute sich fast darüber, dass die Eltern, die den Großteil ihrer Unterhaltungselektronik eingebüßt hatten, zumindest einen kostengünstigen Urlaub verbrachten.
    Je weiter sie sich vom Husebyskogen entfernten, desto mehr löste sich ihre Anspannung. Und als sie schließlich den Maridalsveien erreichten, der in nördlicher Richtung aus der Stadt herausführte, waren sie trunken von Euphorie und grölten jedes Lied mit, das im Radio gespielt wurde. Vielleicht trug auch das Dosenbier, das beim Öffnen auf die Sitze gespritzt war, zu ihrer überschäumenden Stimmung bei. Der schwarze Asphalt flog unter ihnen dahin, und vermutlich wären sie nicht einmal erstaunt gewesen, hätte ihr Fahrzeug sich plötzlich vom Boden gelöst, um direkt in den rosa Morgenhimmel zu steigen, so schwerelos fühlten sie sich. Petter kurbelte die Scheibe hinunter, legte den Kopf in den Nacken und sog die kühle Luft ein. Dort, wo der Schweiß auf seinem Gesicht getrocknet war, fühlte sie sich kalt an. Das brachte ihn schlagartig in die Realität zurück.
    Er hätte sich niemals auf all das einlassen dürfen. Das war keine neue Erkenntnis, doch traf sie ihn plötzlich mit schonungsloser Klarheit. Anfangs hatte er nur seine Schulden an Morten zurückzahlen wollen, aber der hatte ihm unterschwellig gedroht, dass er jetzt, da sie so erfolgreich waren, nicht einfach wieder aussteigen könne. Sie seien »untrennbar miteinander verbunden«, hatte Morten gesagt und sie einmal sogar als »Brüder« bezeichnet. Petter wusste, was es hieß, solch einen Bruder zu haben. Er kannte Mortens Jähzorn und seine unkontrollierten Gewaltausbrüche. Hatte selbst erlebt, wie Morten einem seiner Kumpel mit einem kurzen professionellen Schlag seines Ellbogens die Nase zertrümmert hatte.
    Jetzt fuhren sie wieder zur alten Scheune, die sie als Zwischenlager benutzten. Morten kümmerte sich um alles Weitere, also den Abtransport und Verkauf der Waren, und bezahlte ihm seinen Anteil in bar aus. Für Petter war das eine bequeme Lösung. Allerdings hatte er bisher noch keine einzige Öre seines Anteils gesehen, den Morten eigenmächtig von 50 auf 30 Prozent reduziert hatte. Wegen der Aufwandsentschädigung und Altschulden, wie er behauptete. Petter war klar, dass Morten ihn gnadenlos über den Tisch zog, doch wie sollte er das verhindern, ohne selbst einen Nasenbeinbruch oder Schlimmeres zu riskieren? Irgendwie musste er sich aus Mortens Fängen befreien, die Sache ein für alle Mal beenden, ehe er sich so tief darin verstrickt hatte, dass es kein Zurück mehr gab.

Kapitel 5
    Der Sommer weigerte sich hartnäckig, dem Herbst zu weichen. Als hätte er vergessen, dass ihm der Erfinder der Jahreszeiten nur einen befristeten Vertrag eingeräumt hatte, der für gewöhnlich mit den letzten Augusttagen endete. Doch inzwischen war die Hälfte des Septembers verstrichen, und noch immer ignorierte der Sommer jeden zaghaften Versuch des Herbstes, durch buntes Laub oder launische Winde auf sich aufmerksam zu machen. Niemand nahm ihm das ernsthaft übel, schon gar nicht Kommissar Ohlsen, während er pfeifend ein monströses Edelstahlungetüm in der Paradiesbucht aufbaute, das er als »Universalgrill« bei eBay ersteigert hatte.
    Zufrieden füllte er schließlich die Grillkohle in den Behälter und ließ seinen Blick über die Berge von Spareribs und Bratwürsten gleiten, die, hätte man sie aneinandergelegt, wohl bis nach Stockholm gereicht hätten.
    Es war Alexanders Idee gewesen, mit einer Strandparty seinen 13. Geburtstag nachzufeiern, der in die großen Ferien gefallen war. Dann konnte er Lukas und Franziska einfach dazuladen, und seine Eltern würden nebenbei Gelegenheit haben, die Mutter der beiden kennenzulernen, wenn sie denn so viel Wert darauf legten.
    Die deutschen Zwillinge waren schon zwei Mal bei Ohlsens zu Besuch gewesen, und Alexander fand sie ja auch ganz nett, dennoch sah er nicht ein, warum er ihretwegen seine Freunde vernachlässigen sollte. Irgendwie schien alle Welt von ihm zu erwarten, dass er ständig für sie das Kindermädchen spielte. Und die anderen waren froh, sich so nicht selbst um die Neuen kümmern zu müssen. Wie bequem für euch, dachte Alexander missmutig. Aber so läuft das nicht. Außerdem bin ich nicht der
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