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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Autoren: Knut Krueger
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konnte, erwachte der Apparat in seiner Hand zum Leben und schmetterte das Vereinslied des Osloer Fußballklubs Vålerenga IF.
    »Hallo, Magnus, was gibt’s?«
    Ohlsens eben noch so gut durchblutetes Gesicht verlor die Farbe. »Franziska … bist du sicher?«
    Das war zunächst alles, was ihm über die Lippen kam. Es hatte ihm, was selten geschah, die Sprache verschlagen. Als er schließlich »Okay, bin gleich da« murmelte, war er kreidebleich. Wie in Zeitlupe wandte er den Kopf. Alexander erschrak, als er einen Blick auffing, den er so noch nie gesehen hatte. Etwas zutiefst Besorgtes und Mitleidiges lag darin. Alexander wusste sofort, dass dieser Ausdruck etwas mit ihm zu tun hatte.

Kapitel 1
    Acht Monate zuvor
    »Ich hoffe, ihr habt alle schöne und erholsame Ferien verbracht«, begann Gunnar Mørk, »sodass ihr euch nun mit frischen Kräften den Herausforderungen der achten Klasse … hallo … würdet ihr mir bitte zuhören … das gilt auch für euch, Truls und Svein!«
    Das neue Schuljahr an der Elisenbergschule begann so, wie das alte aufgehört hatte. Mørk kämpfte verzweifelt um Aufmerksamkeit. Dabei hatte sich der Lehrer fest vorgenommen, gegenüber den beiden Neulingen in der Klasse eine gewisse Autorität vorzutäuschen.
    »Ich möchte euch bitten, unsere neuen Schüler aus Deutschland recht herzlich willkommen zu heißen. Sofie, nimm den Kaugummi aus dem Mund, danke!« Mit einem Ruck zog Mørk seinen Hosenbund nach oben. Das war eine unglückselige Angewohnheit, die er nicht kontrollieren konnte, wenn er nervös war. Ein kaum unterdrücktes Kichern lief durch die Bankreihen. »Ihre Gesichter dürften euch ja bekannt sein. Lukas und Franziska haben bereits ein halbes Jahr in der Förderklasse verbracht, um ihre Norwegischkenntnisse zu verbessern. Glücklicherweise haben wir in Alexander ja einen deutschsprachigen Mitschüler, der ihnen bestimmt mit Rat und Tat zur Seite stehen wird, nicht wahr, Alexander?«
    »Na logo«, antwortete Alexander auf Deutsch und lächelte den beiden Zwillingen, die immer noch wie bestellt und nicht abgeholt vor der Tafel standen, kurz zu. Mørk, der die Antwort nicht verstanden hatte, lächelte ebenfalls. »Dann schlage ich vor, dass sich Franziska und Lukas neben Alexander setzen. Linnea, du könntest dafür neben Nora ans Fenster, und wenn Elias so freundlich wäre, einen Platz nach rechts zu rutschen, dann könnte Daniel …« Mørk dirigierte mit beiden Händen, während ein so wilder Tumult losbrach, als wäre gerade Feueralarm ausgelöst worden. Nach minutenlangem Stühlerücken und Palavern hatte ungefähr die Hälfte der Schüler einen neuen Platz gefunden. Franziska saß zwischen Alexander und ihrem Bruder, der wiederum den strohblonden Elias an seiner Seite hatte.
    »Wie lange bleiben die denn, die Deutschen?«, krähte ein Mädchen in der letzten Reihe. Für einen Moment herrschte absolute Stille.
    » Die Deutschen «, wiederholte Mørk gedehnt, »heißen Lukas und Franziska, falls jemand von euch unter Gedächtnisschwund leiden sollte. Sie sind vor einem halben Jahr mit ihrer Mutter nach Oslo gezogen, befinden sich also nicht im Urlaub, sondern sind gekommen, um zu bleiben. Es sieht ganz so aus, Solveig, als müssten sie dich noch ein bisschen länger ertragen.« Solveig zog einen Flunsch.
    War das jetzt ihr gemeinsamer Spitzname?, fragte sich Franziska beklommen. Den man ihnen verpasst hatte, um sich nicht persönlich mit ihnen abgeben zu müssen? Auf Norwegisch hatte das Wort einen fast aggressiven Klang: Tyskerne – die Deutschen.
    ✶ ✶ ✶
    »Macht euch nichts draus«, sagte Alexander, als sie auf dem Heimweg die Løvenskiolds gate entlangschlenderten. »Solveig hat eine große Klappe, aber sie meint es nicht so. Sie ist es nur nicht gewohnt, ihr Gehirn einzuschalten, bevor sie den Mund aufmacht.«
    Lukas grinste. »Woher kannst du eigentlich so gut Deutsch?«, fragte er.
    »Meine Mutter kommt aus Lübeck«, antwortete Alexander. »Sie hat meinen Vater damals im Urlaub kennengelernt und ist schon ein halbes Jahr später zu ihm in den hohen Norden gezogen. Vermutlich, weil ich bereits unterwegs war.«
    »Wie unterwegs ?«, fragte Lukas.
    »Na, im Bauch.«
    »Du meinst, deine Eltern haben sich im Urlaub kennengelernt und schon …?«
    »War wohl Liebe auf den ersten Blick. Außerdem sagt mein Vater immer, er musste sie rumkriegen, bevor sie merkt, dass er ein Bulle ist. Sonst hätte sich meine Mutter bestimmt nicht mit ihm eingelassen.«
    »Dein Vater ist
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