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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten
Autoren: Knut Krueger
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gewesen. Erst in den letzten Jahren. Erst nach dem schrecklichen Unfall, über den sie eigentlich niemals sprachen, auch jetzt nicht.

Kapitel 4
    Das Haus war wie geschaffen für sie. Es stand am südlichen Rand eines kleinen Waldstücks, das Husebyskogen genannt wurde und eine der vielen grünen Lungen der Stadt war. Hier herrschte ein großzügiger Abstand zwischen den Einfamilienhäusern, die zudem so freundlich waren, ihre Rückseiten dem Wald zuzukehren. Eine solche Einladung konnten sie einfach nicht ausschlagen.
    Drei Tage lang hatten sie das zweistöckige rote Holzhaus mit den spitzen Giebeln und weiß eingefassten Fenstern beobachtet, bis kein Zweifel mehr daran bestand, dass es vorübergehend sich selbst überlassen war. Sie wussten sogar, wo sich seine Bewohner derzeit befanden. Auf Kreta. Zumindest war ihr Fluggepäck dorthin eingecheckt worden.
    Es hatte sie einige Mühe gekostet, so ein vielversprechendes Objekt zu finden. Sie hatten sich Adressen in Ullern, Grefsen, Risløkka und Stabekk notiert und waren bis nach Furuset hinausgefahren, um die verschiedenen Möglichkeiten zu sondieren, doch entweder hatte es sich um schwer zugängliche Wohnungen oder um leicht einsehbare Grundstücke gehandelt, die ein zu großes Risiko darstellten. Als sie sich bereits damit abgefunden hatten, ein weiteres Mal zum Flughafen fahren zu müssen, um sich neue Adressen zu besorgen, hatten sie diesen Volltreffer gelandet.
    Gegen drei Uhr früh rollten sie im Schritttempo die Straße entlang, bogen an deren Ende in einen holprigen Waldweg ein und parkten ihren betagten Volvo so tief im Dickicht, dass er vollkommen vom Tannengrün verschluckt wurde. Die bleiche Sichel des Mondes tauchte das Haus, das durch die Zweige schimmerte, in fahles Licht. Die nächtliche Stille schien jedes ihrer Geräusche zu verstärken: das Klicken der Wagentüren, die sie so leise wie möglich ins Schloss drückten, und das Knacken der Zweige unter ihren Sohlen, während sie mit tastenden Schritten der Rückseite des Gebäudes entgegenschlichen. Der niedrige Maschendrahtzaun war kein Hindernis. Dennoch schnappte Petter hörbar nach Luft, als er mit dem Fuß dagegen stieß. Morten warf ihm einen warnenden Blick zu. Nacheinander stiegen sie über den knarrenden Zaun, der unter ihrem Gewicht schwankte. Dann huschten sie in geduckter Haltung über die rechteckige Rasenfläche, glitten um das Geländer der Außentreppe und verschwanden wie Gespenster in dem schwarzen Treppenabgang. Unten vor der niedrigen Kellertür angekommen atmeten sie ein paar Mal tief durch und lauschten. Doch hörten sie nichts als ihr eigenes unterdrücktes Keuchen. Petter wischte sich den kalten Schweiß von der Stirn. Dann reichte er Morten Latexhandschuhe und Instrumente, als wäre er ein junger Arzt, der dem Chirurgen bei der Operation assistierte.
    »Licht!«, kommandierte der Chirurg flüsternd. Petter richtete seine Taschenlampe gehorsam auf das Türschloss. Die Operation konnte beginnen.
    Als sie sich anderthalb Stunden später die dünnen Gummihandschuhe von den Fingern zerrten, waren sie mehr als zufrieden. Ein komplettes Heimkino-System inklusive Lautsprecher, Decoder und DVD -Player, zwei Fernseher, eine hochwertige Hi-Fi-Anlage, eine fast ebenso wertvolle Mikroanlage, ein Laptop, ein Kaffeevollautomat, ein Beamer, eine iPod-Dockingstation, ein Internetradio sowie ein nagelneues iPad ruhten unter weichen Decken auf der Ladefläche ihres Wagens. Dafür hatte es sich definitiv gelohnt, mehrmals den mühsamen Weg über den Maschendrahtzaun hinweg und durch das Gehölz auf sich zu nehmen. Den bunten Kindercomputer hatten sie nicht mitgenommen, der brachte sowieso nicht viel Geld ein, außerdem waren sie keine Unmenschen, die kleine Kinder beklauten. Das war eines ihrer Prinzipien.
    Sie hatten sich vielmehr äußerst großzügig gezeigt und in der Küche eine Schachtel mit edlen Kong-Haakon-Pralinen zurückgelassen. Die mit den Cognac-Marzipan-Trüffeln, den gerösteten Mandelsplittern und dem weichen Schichtnougat, das einem auf der Zunge zerging. Guten Appetit! Aber nicht alles auf einmal essen! , stand auf dem Computerausdruck, den sie neben die Schachtel gelegt hatten.
    Petter konnte sich noch gut an die vierköpfige Familie mit den beiden kleinen Mädchen erinnern, die am SAS -Schalter in Richtung Kreta eingecheckt hatte. Mit ihren spitzen Mündern und den vorstehenden Zähnen hatten die Kinder wie possierliche Nagetiere ausgesehen, die neugierig ihrem Gepäck
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